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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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weiter und weiter vom Leichnam seines Vaters abgedrängt, der noch immer eingeklemmt unter dem Streitwagen lag.
    Neuntes Kapitel
    Als die Sonne rot und düster hinter den westlichen Felsen untergegangen war, gehörte das Schlachtfeld Pezedchu. Wer von Seqenenres jämmerlichem Heer nicht gefallen war oder verwundet auf der verdorrten Erde lag, war in Deckung unter den aufgetürmten Felsen unterhalb der Klippen gerannt, und dort, dicht an dem Durchlass, durch den sie vor so kurzer Zeit marschiert waren, fand Si-Amun Kamose und Hor-Aha zusammen mit einigen wenigen Hauptleuten. Sie hielten sich in einer sandigen Mulde des felsigen Abhangs auf nicht einmal halber Höhe verborgen. Von dort hatten sie das Chaos des Schlachtfelds im Blick, ohne selbst gesehen zu werden, und konnten, falls erforderlich, ihre Stellung eine Weile halten. Si-Amun kletterte wie von Sinnen zwischen den Felsblöcken herum und wäre beinahe über sie gestolpert. Er begrüßte sie ohne große Begeisterung. Kamose hatte eine Wunde in der Seite und eine Messerwunde auf der Wange. Hor-Aha hielt sich die zerschmetterte Schulter mit der gewohnten Schweigsamkeit. »Wo ist Vater?«, wollte Kamose wissen, als sich Si-Amun in den Sand fallen ließ und die Augen schloss. »Du solltest ihn beschützen, Si-Amun.« »Sei nicht albern«, krächzte Si-Amun. »Ich habe es versucht, die Tapferen des Königs haben es versucht, aber was konnten wir noch ausrichten, nachdem sich das Schlachtenglück gegen uns gewandt hatte? Ich bin vom Streitwagen gefallen, als die Pferde durchgegangen sind. Vater war darunter eingeklemmt und hilflos. Ich habe mich sofort zu ihm durchkämpfen wollen, aber da war es schon zu spät.«
    »Ist er tot?«, fragte Hor-Aha leise. Si-Amun nickte. Kamose starrte ihn an und sah die Tränenspuren auf seinem verdreckten Gesicht und das verkrustete Blut an seinem ganzen Körper.
    »Gibt es noch Wasser?«, fragte Si-Amun schwach. Kamose schüttelte den Kopf, betastete den roten Riss auf seiner Wange und zuckte zusammen.
    »Kein Wasser, kein Essen«, antwortete Hor-Aha. »Wir brauchen beides und den Arzt, wo auch immer der sein mag. Falls Amun gnädig gewesen ist, finden wir alles, wenn wir durch den Durchbruch gehen können, wo dann hoffentlich auch die Esel mit den Vorräten warten. Vor dem Weg ist solch ein Chaos. Wir können nur darauf hoffen, dass die Eseltreiber so schlau gewesen sind, sich in die Wüste zurückzuziehen, und dass Pezedchus Männer zu müde sind, um weiter nachzuforschen, vor allem nicht bei Nacht.«
    Si-Amun kroch zu dem kleinen senkrechten Spalt im Felsen und blickte zum Fluss hinunter. Das Abendrot badete die Landschaft in einen dunkelroten Schein. Die Luft war staubig und noch immer sehr heiß. Pezedchus Soldaten gingen mit gezücktem Messer zwischen den Erschlagenen hin und her. Etliche richteten die umgestürzten Streitwagen auf, die ohne Pferde inmitten der Gefallenen lagen, andere sammelten die kostbaren Bogen ein, doch die meisten gingen methodisch von Leiche zu Leiche, knieten sich hin und schnitten jeder eine Hand ab. Si-Amun zog sich zurück. »Sie sammeln unsere Bogen ein und schneiden Hände für die Zählung ab«, sagte er. »Wie viele wohl gefallen sind? Wir müssen so schnell wie möglich Vaters Leichnam holen. Betet zu Amun, dass sie ihn nicht finden und ihm eine Hand abhacken!«
    Niemand antwortete. Hor-Aha saß an einen Stein gelehnt, hielt sich die zerschmetterte Schulter, und die Augen fielen ihm zu. Kamose hatte sich seinen Umhang als Kissen untergelegt und drückte einen zusammengeknüllten, schmutzigen Schurz auf die Wunde an seiner Seite. Die Hauptleute saßen oder lagen still da, einige hielten sich ihre Wunden, andere versuchten sie zu verbinden. Si-Amun, dem die Kehle vor Durst fast zugeschwollen war, rollte sich in der Sandmulde zusammen, die er sich gegraben hatte, denn weiter gab es nichts für sie zu tun.
    In dieser Nacht schliefen sie unruhig. Gelegentlich wachte einer auf, kroch zum Spalt und beobachtete, was unten im Schein der Kochfeuer des Lagers vor sich ging. Doch da tat sich nicht viel. Pezedchus Soldaten waren auch erschöpft.
    Dann kam das Morgengrauen. Für die von Durst und Schmerzen gepeinigten Männer schien Re mit gehässiger Schnelligkeit an den Himmel zu springen, und schon bald war ihr Versteck heiß wie ein Schmelztiegel. Unten ging man wieder an die Arbeit. Nur wenige Streitwagen waren zurückgeblieben. Die Leichen wurden geübt und rasch begraben. »Wir müssen Vater bald

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