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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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davonschlich. Wütend und verstört über den Schaden, den das Tier der Leiche seines Vaters angetan haben mochte, kam Si-Amun herbeigestürzt. Seqenenre lag da, wie Si-Amun ihn zuletzt gesehen hatte. Die Soldaten, die den Streitwagen wieder aufgerichtet und fortgezogen hatten, hatten ihn übersehen, denn es gab nichts, was ihn als Fürsten von Waset kenntlich gemacht hätte. Irgendwie war der Speer, der ihn durchbohrt hatte, nahe der Spitze abgebrochen, und der Leichnam war in die Mulde gerutscht und von den Männern, die für die Zählung Hände abschlugen, nicht beachtet worden.
    Si-Amun kniete sich hin und zog behutsam die Reste des Speers heraus. Seqenenres Augen waren voll Sand, die Zähne in letzter Todesnot gefletscht. Liebevoll streichelte Si-Amun das verstümmelte Gesicht, und dann übermannten ihn seine Gefühle. Er setzte sich auf, nahm den Leichnam seines Vaters in die Arme und weinte, wiegte sich in seinem Gram hin und her. Seine Männer standen schweigend und mit abgewandtem Blick.
    Die morgendliche Hitze nahm zu. Hinter ihnen auf den Felsen sammelten sich schon die Aasgeier, ihre mächtigen Schwingen warfen Schattenstreifen auf die Ebene. Schließlich legte Si-Amun den Leichnam zu Boden und erhob sich unbeholfen. »Er verwest bereits«, sagte er mit stockender Stimme. »Wie sollen wir ihn für die Bestattung nach Waset zurückbekommen?« Er winkte und man stellte die Bahre nieder, legte Seqenenre darauf und deckte ihn mit einem Tuch zu. »Bringt ihn zum Nachschub«, entschied Si-Amun. »Sucht eine Kiste, die als vorübergehender Sarg lang genug ist. Füllt sie mit trockenem Sand und legt ihn mitten hinein. Wir müssen schnell nach Haus.« Der Gedanke an seine Mutter, seine Großmutter war unerträglich. Fluchend lief er in Richtung Felsen.
    Nach einem hastig eingenommenen Essen ließ Si-Amun die Esel zum Flussufer bringen, und Kamose und Hor-Aha wurden auf Tragen gelegt und zu ihnen hinuntergetragen. Und dann machten sie sich im langen, farbenprächtigen Sonnenuntergang auf den Heimweg, Seqenenres behelfsmäßiger Sarg an der Spitze und bewacht von Si-Amun, der neben ihm ging. Als sie sich langsam von Daschlut entfernten und dem Weg am Fluss folgten, schlossen sich ihnen andere Überlebende an, Soldaten, die sich nach verlorener Schlacht in die Felsen geflüchtet hatten. Si-Amun reagierte kaum auf ihren Gruß, während sie sich hinter ihm einordneten, doch Hor-Ahas schwarze Augen folgten ihnen, als sie bedrückt an seiner Trage vorbeizogen. Als die verfluchte Ebene von Daschlut endlich nicht mehr zu sehen war, hatte er mehr als zweihundert gezählt.
    Der mit sich selbst beschäftigte, jämmerliche Zug brauchte bis nach Qes eine Nacht und fast den ganzen darauf folgenden Tag. Viele Soldaten hatten kleinere Wunden und die, die Kamose und Hor-Aha trugen, mussten behutsam gehen, damit sie ihre Patienten nicht zu sehr durchrüttelten. Si-Amun war mit den Gedanken bei seinem langsam verwesenden Vater und trieb sie fieberhaft zum Weitergehen an. Während die Diener das Lager aufschlugen und der Arzt seine Patienten untersuchte, suchte er das Flussufer nach Booten ab. Die von Seqenenre so sorgfältig für den Marsch gesammelten Vorräte konnten in aller Ruhe nach Waset zurückkehren, aber Seqenenre selbst musste ordnungsgemäß einbalsamiert werden, damit beide, die Götter und sein Ka, den Fürsten erkannten und ihm in der nächsten Welt Leben schenkten. Der Tod seines Vaters lag Si-Amun ganz unerträglich auf dem Gewissen. Er wusste, er würde vollkommen durchdrehen, falls Seqenenre zu spät im Haus des Todes eintraf. Doch Qes hatte nichts weiter zu bieten als ein paar kleine Fischerboote aus Binsen, und Si-Amun musste warten und sich ungeduldig die Lippen zerbeißen, während seine Männer aßen und die Nacht durchschliefen.
    Morgens weigerte sich Hor-Aha, weiter auf der Trage zu liegen. »Meine Schulter ist verwundet, nicht meine Beine«, fuhr er den Arzt an. »Ich habe mich jetzt genügend ausgeruht. Ich werde gehen.« Beim Aufbruch schloss er sich Si-Amun an der Spitze der Marschkolonne an, und der Prinz fand etwas Trost in Hor-Ahas ausgreifendem Schritt, seinen schwarzen Zöpfen, die sich im Gehen rhythmisch auf den schmuddeligen Falten seines Umhangs bewegten, dem gelegentlichen Blick seiner klaren, dunklen Augen, wenn sie ein, zwei Worte wechselten.
    Drei Tage später fand Si-Amun in der Stadt Djawati, was er gesucht hatte. Während sich die Würdenträger des Ortes entsetzt und ungläubig um Kamose

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