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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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haben?«
    »Nicht viel. Ich schätze, es verhindert lediglich, daß jemand anders das Wasser benutzt.«
    »Demnach hat es sich bloß um einen verwaltungstechnischen Irrtum gehandelt.«
    »Davon bin ich ausgegangen. Aber Jao wollte alles darüber wissen, kaum daß er sich an den Tisch gesetzt hatte. Er hatte irgendwie davon erfahren und war ganz aufgeregt. Er hat gefragt, wer die Erlaubnis ausgestellt habe und wieviel Wasser in jener Gegend zur Verfügung stünde. Ich konnte es ihm nicht sagen. Er hat gefragt, ob ich irgendwo eine Kopie der Genehmigung samt offizieller Unterschrift hätte. Als ich das bejahte, war er sehr zufrieden. Er sah so aus, als hätte er am liebsten laut gelacht. Dann hat er gesagt, er würde mich aus Peking anrufen und mir eine Faxnummer mitteilen, an die ich ihm das Dokument schicken sollte. Danach war das Thema beendet. Er hat Wein bestellt.«
    Draußen wurden Stimmen laut. Einige Arbeiter näherten sich dem Gebäude. Fowler sprang auf und schloß die rote Tür. Sie lehnte sich dagegen, als würde sie sich auf Eindringlinge gefaßt machen. »Ich habe gar nicht mehr daran gedacht. Und dann kam Li in mein Büro und fischte nach Informationen über die Genehmigung.«
    »Er fischte?«
    »Eine ungefähre Ahnung hatte er bereits. Er hat Fragen gestellt, schien sich aber nicht sicher zu sein, was er eigentlich wissen wollte. Ich sollte ihm erklären, wonach Jao gefragt hatte.«
    »Er ist der stellvertretende Ankläger«, sagte Shan. »Vermutlich Jaos Nachfolger. Vielleicht ist er auf eine Akte gestoßen, die er weiterverfolgen wollte.«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Fowler. »Was ist, wenn diese Wasserrechte etwas mit Jaos Tod zu tun gehabt haben? Ein Tibeter würde wegen so einer Sache doch keinen Mord begehen. Warum sollte dieser Mönch sich deswegen Gedanken machen?«
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß Sungpo diesen Mord nicht begangen hat.«
    Sie sah ihn unglücklich an. »Manchmal komme ich ins Grübeln. Wenn Jao deswegen ermordet wurde, was ist dann mit mir? Wir haben bei diesem Abendessen lange miteinander geredet. Vielleicht glaubt der Mörder, daß ich ebenfalls weiß, was Jao gewußt hat. Womöglich will mich jemand umbringen, und ich kenne nicht mal den Grund dafür. Nichts ergibt einen Sinn. Falls es nicht dieser Mönch Sungpo gewesen ist, wer versucht dann, ihm die Tat in die Schuhe zu schieben? Oberst Tan? Der stellvertretende Ankläger Li? Der Major? All diese Leute scheinen es so verdammt eilig zu haben, Sungpo vor Gericht zu stellen.«
    »Der offizielle Grund dafür lautet, man wolle den Fall wegen der zahlreichen anstehenden Besucher so schnell wie möglich abschließen.«
    »Vielleicht lügt jemand aus persönlichen und nicht aus politischen Gründen.«
    Shan nickte anerkennend. »Sie lernen schnell, Miss Fowler.«
    »Es macht mir angst.«
    »Dann helfen Sie mir. Ich benötige weitere Karten. Von der Schädelhöhle zum Beispiel.«
    »Wir haben hier bloß Bilder vom Einzugsgebiet unserer Wasserquellen.«
    »Aber Sie können per Computer entsprechende Bilder anfordern.«
    »Unser Vertrag erstreckt sich lediglich auf diese Region. Alles andere wird teuer. Fünfzig US-Dollar pro Anforderung. Wir geben die Rasterkoordinaten ein. Ein Computer bei uns zu Hause verarbeitet den Auftrag, überprüft unsere Abrechnungsnummer, stellt den Datensatz zum Download bereit und setzt die Kosten auf unsere Rechnung.«
    »Was für Rasterkoordinaten?«
    »Es gibt einen Katalog mit Gitternetzen, die jeweils mit Zahlencodes versehen sind.«
    Shan griff in die Tasche und zog das Blatt mit den Ziffern hervor, die er aus Jaos geheimen Unterlagen abgeschrieben hatte. »Der Katalog«, sagte Shan. Er war plötzlich sehr aufgeregt. »Ist er hier?«
    Das Format der Zahlen paßte genau. Er benötigte weniger als fünf Minuten, um den entsprechenden Abschnitt zu finden. Die Ziffern bezeichneten die Nordklaue und das sich dahinter erstreckende Farmland. Jao hatte Fotos von genau dem Gebiet gesehen, für das Fowler irrtümlich die Wasserrechte erteilt worden waren.
    »Aber von uns hat er diese Bilder nicht bekommen«, protestierte Fowler. »Die haben nichts mit unseren Arbeiten zu tun. Wir würden niemals Karten anfordern, die eine andere Region als unser Einzugsgebiet zeigen.«
    »Sind Sie sicher? Gibt es Aufzeichnungen darüber?«
    »Auf den Rechnungen sind alle Anforderungen aufgeführt. Ich hänge mit der Kontrolle der Einzelheiten ungefähr drei Monate zurück.« Sie gingen in Fowlers Büro. Fünf

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