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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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bekommen.
    Fowler trat an seine Seite und warf eine Zeitung auf die Karten. Einer der Büroangestellten rief, daß im Konferenzraum Tee bereitstehen würde. Yeshe und Feng folgten dem Mann hinein.
    Shan blieb bei den Schreibtischen zurück. Er entdeckte Fotos von buddhistischen Artefakten, kleinen Götterstatuen, Gebetsmühlen, Zeremonienhörnern und zarten thangka-Bildern, die auf Seidenrollen gemalt waren. Jeder der Gegenstände wurde von einem anonymen Arm vor den Sucher der Kamera gehalten. Gesichter waren nicht zu sehen. »Ich bin verwirrt. Sind Sie nun Geologin oder Archäologin?«
    »Die Vereinten Nationen nehmen Bestandsaufnahmen der Altertümer vor, die es wert sind, erhalten zu werden. Sie sind Teil des Menschheitserbes und gehören keiner politischen Partei.«
    »Aber Sie arbeiten nicht für die Vereinten Nationen.«
    »Meinen Sie denn nicht, daß es Dinge gibt, die alle Menschen gemeinsam haben?« fragte sie.
    »Ich fürchte, ja.«
    Rebecca Fowler musterte ihn unsicher und ging dann Tee holen. Shan schlenderte um das Quadrat aus Tischen herum. Am Rand des Raums lagen zwei Büros, die man durch gläserne Trennwände abgeteilt hatte. Auf einer der Türen stand PROJEKTLEITUNG, auf der anderen CHEFINGENIEUR. In Fowlers Büro lagen zahlreiche Akten und noch mehr dieser eigentümlichen Karten herum. An den Wänden des anderen Zimmers hingen Fotos mit tibetischen Motiven - kunstvolle Schnappschüsse von Kindern, Tempelruinen und windgepeitschten Gebetsfahnen. Vor einer der Wände stand ein Regal voller englischsprachiger Bücher über Tibet.
    An der Wand vor Fowlers Büro hing ein Gruppenfoto, auf dem ein Dutzend ausgelassener Männer und Frauen zu sehen war. Shan erkannte Fowler, dann den blonden Amerikaner mit der metallgerahmten Brille, den stellvertretenden Ankläger Li sowie den leitenden Ankläger Jao.
    »Die feierliche Einweihung dieses Gebäudes«, erklärte Fowler und reichte ihm einen Becher Tee. »Als die Anlage offiziell eröffnet wurde.«
    Shan wies auf eine attraktive junge Chinesin, die strahlend lächelte. »Miss Lihua«, sagte Fowler. »Jaos Sekretärin.«
    »Was hatten Ankläger Jao und sein Stellvertreter mit Ihrer Arbeit zu tun?«
    Fowler zuckte die Achseln. »Jao war eher so eine Art allgemeiner Beobachter. Alles, was mit der Aufsichtskommission zusammenhing, hat er an Li delegiert.«
    »Sie haben hier Telefone«, bemerkte Shan und wies auf die Schreibtische. »Aber ich sehe keine Leitungen.«
    »Das ist ein Satellitensystem«, erläuterte sie. »Wir müssen mit unserem Labor in Hongkong in Kontakt bleiben. Und zweimal pro Woche sprechen wir mit unserer Zentrale in Kalifornien.«
    »Auch mit dem UN-Büro in Lhasa?«
    »Nein. Es handelt sich um ein internes System, das nur für ganz bestimmte Empfangsstationen innerhalb unserer Gesellschaft zugelassen wurde.«
    »Nicht mal Lhadrung?«
    Fowler schüttelte den Kopf. »Eine Verbindung nach Kalifornien steht innerhalb von sechzig Sekunden. Wenn ich jemanden in Lhadrung erreichen will, bedeutet das fünfundvierzig Minuten Fahrt. Ihr Land«, sagte sie, ohne zu lächeln, »ist ein einziges Paradoxon.«
    »Als würde man amerikanischen Süßstoff in den Buttertee rühren«, sagte Shan, der in diesem Moment einer Tibeterin in weißem Bürokittel dabei zusah, wie sie kleine rosafarbene Pillen in eine Schale des traditionellen milchigen Gebräus schüttete.
    Es gab Anschlagtafeln mit Sicherheitsvorschriften auf chinesisch und englisch sowie Mitteilungen über Belegschaftsversammlungen. Am anderen Ende des Raums befand sich eine geschlossene rote Tür, auf der ein Schild unbefugten Zutritt untersagte.
    »Befindet sich das amerikanische Personal schon lange hier, Miss Fowler?« fragte Shan.
    »Nur ich und Tyler Kincaid. Seit achtzehn Monaten.«
    »Kincaid?«
    »Mein Chefingenieur. Eine Art stellvertretender Leiter.« Sie warf Shan einen bedeutungsvollen Blick zu, den er dahingehend verstand, daß er Kincaid zusammen mit ihr bei der Höhle gesehen hatte. Der fröhliche Amerikaner, der »Home on the Range« gespielt hatte, um Oberst Tan eins auszuwischen; cfer Mann auf dem Foto der Gebäude-Einweihung.
    »Keine anderen Westler? Was ist mit Besuchern aus Ihrer Firma?«
    »Keine. Die Gegend ist viel zu abgelegen. Nur Jansen vom Büro der Vereinten Nationen in Lhasa. Ab übernächster Woche wird das alles anders.«
    »Sie meinen die amerikanischen Touristen.«
    »Genau. Die Touristen sollen etwa zwei Stunden hier verbringen. Und danach werden wir zum

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