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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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regulären Besuchspunkt der Touristenrundfahrten. Ich schätze, wir werden ihnen die leeren Büros und Tanks zeigen, damit sie etwas über die chinesische Bürokratie lernen.«
    Shan ging nicht darauf ein. »Die UN-Kommission für Altertümer. Was haben Sie damit zu tun?«
    »Manchmal leihen die sich von uns einen Lastwagen oder ein paar Seile.«
    »Seile?«
    »Sie erforschen Höhlen und klettern auf Berge.«
    »Nehmen sie auch Artefakte mit?«
    Fowler erstarrte. »Sie registrieren Artefakte«, sagte sie mit finsterem Blick. »Ich schätze, man könnte mich als Angehörige des hiesigen Komitees bezeichnen.«
    »Es gibt ein Komitee?«
    Fowler reagierte nicht.
    »Was ist mit den Schwierigkeiten? Ohne die Unterstützung der Regierung können Sie nicht arbeiten. Ihre Betriebserlaubnis.« »Erinnern Sie mich bitte nicht daran.«
    »Und dann die Erlaubnis, ein Satellitentelefon zu betreiben das ist wirklich außergewöhnlich. Aber Sie stellen sich offen gegen die Bemühungen der Regierung...«
    Sergeant Feng tauchte neben Shan auf und stieß einen kurzen heiseren Laut aus, eine seiner Warnungen.
    »... gegen die Bemühungen der Regierung, Artefakte zu beseitigen«, fuhr Shan auf englisch fort.
    Rebecca Fowlers Augen blitzten überrascht auf. »Ihr Englisch ist gut«, antwortete sie in ihrer Muttersprache. »Wir befinden uns nicht in der Position, irgend etwas zu verhindern, das die Regierung tut. Wir sind lediglich der Überzeugung, daß Regierungen den Umgang mit kulturellen Errungenschaften nicht geheimhalten dürfen, vor allem, wenn Errungenschaften einer anderen Kultur betroffen sind. Die Kommission für Altertümer hilft beim Sammeln der Beweise.«
    »Demnach haben Sie zwei Jobs?«
    Feng stellte sich wütend zwischen sie, schien aber nicht sicher zu sein, was er tun sollte.
    Fowler war fünfzehn Zentimeter größer als Feng. Sie sprach über seinen Kopf hinweg weiter, allerdings wieder auf Mandarin. »Wie steht's mit Ihnen, Inspektor? Wie viele Jobs hat ein inoffizieller Ermittler?«
    Shan antwortete nicht.
    Fowler zuckte die Achseln. »Ich bin Leiterin der Mine. Aber der Kommission gehört lediglich ein Ausländer an: Jansen, ein Finne. Er bittet andere Westler, die in entlegenen Gegenden arbeiten, ihm als Augen und Ohren zu dienen.«
    »Ihr Komitee.«
    Fowler nickte und schaute Sergeant Feng unangenehm berührt an.
    »Sie haben noch immer nicht gesagt, weshalb Sie bei der Höhle aufgetaucht sind.«
    »Ich wußte gar nicht, daß es dort eine Höhle gibt. Bis jemand die Armeelaster bemerkt hat.«
    »Wer?«
    »Armeefahrzeuge sind auffällig. Einer meiner tibetischen Ingenieure hat sie beim Klettern gesehen.«
    »Aber Armeelastwagen lassen sich durch vielerlei Gründe erklären.«
    »Eigentlich nicht. Es gibt im Hochgebirge zwei wesentliche Anlässe für Lastwagenverkehr. Entweder Manöver oder den Neubau eines Militärlagers oder Kollektivs. Das hier war kein Manöver, und es wurde auch kein Baugerät herangeschafft. Die Laster haben überhaupt nichts angeliefert. Zumindest nicht viel.«
    »Also sind Sie zu dem Schluß gekommen, daß die Fahrzeuge statt dessen etwas abtransportiert haben. Sehr schlau.«
    »Ich war mir nicht sicher. Aber sobald ich dort eintraf, habe ich zwei Dinge gesehen: Ihren Oberst und eine Höhle, vor deren Eingang es von Soldaten wimmelte.«
    »Der Oberst könnte aus einem ganz anderen Grund dortgewesen sein.«
    »Meinen Sie den Mord?«
    »Ich habe mehrere amerikanische Freunde«, stellte Shan fest. »Und sie alle sind stets gern bereit, voreilige Schlüsse zu ziehen.«
    »Es besteht ein Unterschied zwischen voreiligen Schlüssen und einer direkten Art. Warum sagen Sie nicht einfach nein? Tan hätte nein gesagt. Jao hätte nein gesagt, falls nötig.« Sie fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Shan erkannte, daß sie dies immer dann tat, wenn sie nervös war. »Sie haben Tan in seinem Büro offen herausgefordert. Sie sind nicht wie die anderen Chinesen, die ich kennengelernt habe.«
    Das ging zu schnell. Shan trank seine Tasse aus und bat um mehr Tee. Während Fowler zu dem Konferenzraum neben der Eingangstür ging, nahm er das Anschlagbrett genauer in Augenschein. In einer der Ecken hing ein handgeschriebener tibetischer Text. Als Shan den Wortlaut erkannte, zuckte er vor Schreck zusammen. Es war die amerikanische Unabhängigkeitserklärung. Er führte Sergeant Feng weg von der Tafel und in das Konferenzzimmer, wo Fowler bereits am Tisch saß und mit dem Tee auf ihn wartete.
    »Sind Sie

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