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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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offenkundig, daß er von demselben Mörder umgebracht wurde, der auch Mamercus Capito getötet hat, und ich war in Capitos Triclinium, als es geschah, wie etliche der vornehmsten Männer Roms gerne bezeugen werden.« Den Vergiftungsversuch erwähnte ich nicht.
    Die Leute könnten daraus schließen, daß ich einen Groll gegen den Jungen hegte und somit ein Motiv hatte, ihm nach dem Leben zu trachten.
    »Ich habe nicht gesagt, daß du es persönlich getan hast!«
    brüllte Clodius. »So gut bist du nicht mit dem Dolch. Der Mörder war dein Mietling.« Die Bande seiner Schläger hinter ihm knurrte zustimmend, aber sämtliche Dächer waren mit meinen Nachbarn besetzt, die mit genügend Steinen bewaffnet waren, eine kleine Stadt zu errichten.
    »Wenn du formell Anklage erheben willst, weißt du ja, wie das geht«, sagte ich, »aber ein Mann, der selbst des Frevels verdächtigt wird, macht vor Gericht keine gute Figur.« Diese Bemerkung quittierten meine Anhänger mit dröhnendem Gelächter, während Clodius rot anlief.
    »Dann sollten wir die Gerichte vielleicht gar nicht erst mit dieser Sache behelligen!«
    Im Mob seiner Lakaien sah ich gezückte Dolche blitzen, während meine Anhänger hinter mir Knüppel, Steine und zweifelsohne auch ein paar Schwerter zu meiner Verteidigung bereithielten. Ich griff unter meine Tunika und schlüpfte in meinen Caestus. Das Ganze ließ sich an wie eine veritable Straßenschlacht, und ich war dafür bereit. Die letzten Tage waren ziemlich frustrierend verlaufen, und eine Massenschlägerei ist eine prima Methode, Spannung abzubauen, egal was die Philosophen sagen.
    Ich habe übertriebenen Gleichmut stets für ungesund gehalten. Wir wollten gerade aufeinander losgehen, als etwas völlig Unerwartetes geschah.
    Die Menge auf der Straße teilte sich wundersamerweise vor einem weiß gewandeten Herold, der sich mit seinem efeuumwickelten Stab einen Weg bahnte. »Weg da!« rief er.
    »Macht Platz für den Pontifex maximus!« Die Dolche verschwanden wieder, als hätte es sie nie gegeben. Ich ließ den Griff meines Caestus los, und die Menge verfiel in Schweigen.
    Mit pompöser Würde schritt Gaius Julius Caesar durch den Gang zwischen den beiden feindlichen Gruppen. Er trug eine prachtvolle offizielle Toga und hatte eine Falte über seinen Kopf gezogen, als träte er in priesterlicher Funktion auf. Er drehte sich einmal langsam im Kreis, und die Menschen wichen vor dem Runzeln seiner herrschaftlichen Adleraugenbrauen zurück.
    Ich wurde zum ersten Mal Zeuge, mit welcher Leichtigkeit Caesar Menschenmengen beherrschte, und ich war beeindruckt.
    Jetzt begriff ich, warum er so großen Einfluß auf die öffentlichen Massenversammlungen ausübte. In kleinen Gruppen, selbst vor dem Senat, wirkte Caesars Gebaren wie eine bombastische Pose. Inmitten dieser großen Menschenmenge kam es einem geradezu gottgleich vor. Ich begann vorsichtig zu ahnen, wie er bei einem Truppenappell vor einer Schlacht wirken würde.
    »Bürger!« rief er genau in dem Moment, in dem seine Rede garantiert die größte Wirkung zeitigen würde. »Diese Straße war der Schauplatz eines Mordes an einem adeligen Jungen aus einer der ältesten Familien Roms, einem Patrizier der Claudier. War das noch nicht genug? Wollt ihr die Götter weiter erzürnen und ihren Fluch über die Stadt und auf euch ziehen, indem ihr vor den Augen des Pontifex maximus das Blut von Bürgern vergießt?« Den mittleren See eingetrockneten Bluts des jungen Nero, der sich auf dem Kopfsteinpflaster ausbreitete, ignorierte er vornehm. Vielleicht zählte getrocknetes Blut ja nicht. Die Leute blickten beschämt zu Boden, selbst Clodius' Gefolgschaft wirkte gequält.
    »Pontifex«, sagte Clodius, »wir würden dir nie mit Mißachtung begegnen, aber mein Verwandter ist heimtückisch ermordet worden, und ich benenne ihn«, er wies mit dem Finger auf mich, »als die schuldige Partei.«
    »Rom ist ein Rechtsstaat«, verkündete Caesar. »Diese Fragen werden von Gerichten und Magistraten und Geschworenen entschieden, nicht von einem wild gewordenen Pöbel. Ich befehle, daß sich alle hier Anwesenden unverzüglich nach Hause begeben. Wenn eure Leidenschaft etwas abgekühlt ist und ihr euch wieder benehmen könnt, wie es sich für anständige Bürger geziemt, ist die Zeit, die Sache öffentlich zu verhandeln.
    Bis dahin, entfernt euch!« Die letzten Worte knallten auf die Menge wie einer von Jupiters Donnerschlägen, und selbst einige der blutigsten Schläger der Subura

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