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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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den zorngeschwellten Adern an. »Das reicht! Tötet ihn!«
    Wie ich bereits sagte, es ist völlig zwecklos, in einer Toga zu rennen. Da meine mich jedoch nicht länger hinderte, sprang ich wie ein Reh die Treppe zu meiner Linken hoch. Oben wandte ich mich nach rechts und rannte den Berg hinunter. Die nächsten paar Sekunden überlebte ich nur, weil Clodius und seine Männer von meinem Sprint für einen Moment überrascht waren. Nur ein Idiot hätte annehmen können, daß ich mich bei dieser Chancenverteilung tatsächlich auf einen Kampf einlassen würde; aber Männer sind unendlicher Torheiten fähig, und Clodius noch mehr als die meisten anderen.
    Trotzdem konnte ich ihren Atem fast im Nacken spüren, als ich die Straße hinunterrannte, während vor mir entsetzte Fußgänger aus dem Weg sprangen. Römern war der Anblick eines Mannes, der um sein Leben rannte, nur zu vertraut, und sie wußten, wie sie sich zu benehmen hatten. Meine größte Sorge war, daß irgend jemand Clodius erkennen und sich mir in den Weg stellen könnte, um sich bei ihm einzuschmeicheln.
    Ich war weitab von Milos Gebiet und wußte nicht, wie stark Clodius in dieser Gegend war. Wenn ich es bis zur Subura schaffte, war ich sicher. Aber dazu hätte ich so flink und ausdauernd sein müssen wie jener Grieche, der von Marathon nach Athen lief. Sein Name ist mir im Moment entfallen.
    Unsere prächtigen, neuen kolonialen Städte haben wunderschöne, breite Boulevards, flach wie ein Teich und gerade wie ein Speer. Rom hat nichts dergleichen. Die Straße, die ich entlanglief, stieg an und fiel ab, wand sich in Serpentinen und scharfen Winkeln, wurde unvermittelt enger oder mündete ohne Ordnung oder Grund in eine Treppe. Das gereichte mir zum Vorteil, weil ich erst kürzlich vom Militärdienst heimgekehrt war und Celer darauf bestanden hatte, daß seine Offiziere genauso hart gedrillt wurden wie seine Legionäre, einschließlich dem Rennen über unebenes Feld in voller Rüstung. Das kam mir jetzt zustatten, als ich mir hastig und stolpernd meinen Weg bahnte und gelegentlich über am Boden liegende Betrunkene sprang.
    Clodius hatte keine Athleten unter seiner Anhängerschar, und die meisten Ex-Gladiatoren waren zwar an den Waffen gut ausgebildet, nicht jedoch im Laufen. Als ich einen Blick über die Schulter riskierte, sah ich, daß Clodius dicht hinter mir war, seine Truppe aber bis auf drei oder vier Männer zusammengeschmolzen. Meine Chance wurde ständig besser.
    Ich erreichte einen labyrinthartigen Bau aus billigen Weinläden und Hurenabsteigen. Die Straße hatte sich zu einer Gasse verengt und bog im rechten Winkel nach rechts ab. Auf beiden Seiten führten niedrige Türen in winzige Kammern. In einer von ihnen versteckte ich mich. Mein Zustand von Bewußtseinserweiterung war so ausgeprägt, daß ich mich noch heute an das Schild über der Tür erinnern kann. Es lautete: Phoebe: Griechisch, Spanisch, Libysch und Pboenizisch (was sich keineswegs auf Sprachen bezog). Preis: 3 Sesterzen. 2 Denarii für Phoenizisch. In der Kammer roch es ranzig, und aus dem hinteren Teil des Raumes drang heftiges Atmen und das Geräusch rhythmisch gegeneinander klatschenden Fleischs an mein Ohr. Ich hatte meinen Dolch und meinen Caestus gezückt, und als ein Schatten die Schwelle passierte, stürzte ich mich auf ihn. Man hörte ein stoßartiges Einatmen, dann brach der Mann, seinen Bauch haltend, zusammen. Er hatte ein bärtiges Gesicht.
    Schlimmer noch, es war nicht Clodius. Ein weiterer Mann stolperte über den Erstochenen, und ich gab seinem Kinn im Fallen noch einen Tritt mit. Ich stürmte aus der Tür und schlug nach dem ersten Gesicht, das ich sah. Ich spürte, wie ein Kieferknochen unter den bronzenen Dornen meines Caestus krachte. Jemand hieb mit einem Krummschwert nach mir, und ich spürte einen kalten Schmerz an meiner Schulter, während es meine Kehle um Zentimeter verfehlte. Bevor der Mann mit dem gebrochenen Kiefer zu Boden ging, versetzte ich ihm mit meiner unverwundeten Schulter einen Stoß, der ihn taumelnd mit Clodius zusammenstoßen ließ.
    Mit einem Sprung befreite ich mich aus dem Gewirr von Körpern und zappelnden Gliedmaßen und rannte mit rasender Geschwindigkeit die Gasse weiter. Ich kam an einem offenen Weinladen vorbei, und die vor der Taverne sitzenden Menschen applaudierten und feuerten mich begeistert an. Seit jenem Tag hatte ich gelegentlich Anlaß, mich zu fragen, was wohl mit »phoenizisch« gemeint sein mag. Es muß jedenfalls ziemlich

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