Der Frevel des Clodius
Priester.«
»Und«, sinnierte Vater, »er möchte seine Veteranen auf öffentlichem Boden in Tuscia ansiedeln.«
»Tatsächlich?« sagte ich. Das war mir neu.
»Ja, wie du wissen müßtest, wenn du deine Aufmerksamkeit einmal wichtigen öffentlichen Angelegenheiten schenken würdest, anstatt durch jede Gosse der Stadt zu robben.«
»Ich bin doch erst seit ein paar Tagen Senatsmitglied«, verteidigte ich mich.
»Das ist keine Entschuldigung. Und es ist dir hoffentlich auch klar, daß deine Hirngespinste auf den Aussagen einiger der degeneriertesten Elemente Roms basieren?«
»Das ziehe ich stets in Betracht«, sagte ich. Mir kam eine plötzliche Eingebung.
»Sag mal, wie stand eigentlich Capito zu der Frage der Ansiedlung von Pompeius' Veteranen?« Auf diese Frage hin blieb mein Vater tatsächlich wie angewurzelt stehen und starrte mich an, als sei ich eine von den Göttern gesandte, wundersame Erscheinung. Ich wischte mir mit der Rückhand des Caestus das Blut von der Oberlippe. Von Clodius' Biß blutete meine Nase noch innerlich wie äußerlich.
»Vielleicht ist an deiner verrückten Sophisterei doch etwas dran. Capito hat sich heftig gegen diese Ansiedlungen gewehrt.«
»Das tut mehr als die Hälfte des Senats. Was war Capitos spezieller Einwand?« Inzwischen näherten wir uns Vaters Haus.
Wir boten ein seltsames Bild, wie ich zugeben muß: der würdige Censor in seiner Toga praetexta und ich, der ich eher aussah wie der Silbermedaillengewinner bei einer Munera. Und wir redeten, natürlich, über Politik.
»Er sagte, es würde die öffentliche Ordnung aus dem Gleichgewicht bringen und Pompeius eine Machtbasis vor den Toren Roms geben und so weiter; das sagen alle. Aber der eigentliche Grund war der, daß seine Familie ein großes Stück des Ager publicus in Tuscia gepachtet hat, ein Gebiet, das in zahlreiche Parzellen für Pompeius' Veteranen geteilt würde, wenn das Gesetz verabschiedet wird.«
Ich grinste, eine überaus schmerzhafte Angelegenheit. »Also bestellt Capitos Familie dieses Land schon seit Generationen, wofür sie dem Staat eine nominelle Pacht zahlen, die vor hundert oder mehr Jahren festgelegt worden ist?«
»Eher zweihundert.«
»Oh, die erhabenen und patriotischen Motive unserer Senatoren«, sagte ich.
»Wenn du lange genug lebst, wirst du Schlimmeres erleben als das, was im Senat geschieht«, sagte Vater. Wir waren vor seinem Tor angekommen.
»Könntest du einen Sklaven zu meinem Haus schicken?«
fragte ich. »Mein Junge, Hermes, sollte dort inzwischen mit meiner Toga angekommen sein. Er soll mich in der Praxis von Asklepiodes treffen und mir eine Tunika mitbringen. Er weiß, wo das ist.«
Vater schnippte mit den Fingern, und ein Sklave kam herbeigeeilt, um seine Befehle entgegenzunehmen. Der Mann rannte davon, während wir uns wieder dem Lieblingsthema aller Römer widmeten.
»Welchen Standpunkt nimmt Caesar in dieser Frage ein?«
fragte ich.
»Als Populär unterstützt er die Forderung, den Veteranen Land zu geben, würde jedoch den Ager publicus in Campanien vorziehen. Ein bißchen weiter weg von Rom, aber dafür der fruchtbarste Boden in ganz Italien.«
»Gibt es da nicht vielleicht einen Zusammenhang? Was haben die beiden bloß ausgeheckt? Meiner Ansicht nach ist das der Schlüssel zu allem.«
»Beide argumentieren, daß die Ansiedlungen den Staat stärken werden«, sagte Vater, während ich auf die Fliesen seines Atriums tropfte. »Daß sie ein Reservoir für zukünftige Generationen von Soldaten sein könnten. Das übliche Gerede.«
Trotz allem gelang mir ein kurzes Lachen. »Was für ein Blödsinn! Alle reden von der guten alten Zeit der Gründerväter und den Tugenden des italischen Bauern als Stützpfeiler des Staates. Glaubt irgend jemand ernsthaft, wir könnten diese Zeiten wieder herbeizitieren wie irgendein Geisterbeschwörer, der die Toten für seine Weissagungen zum Leben erweckt? Wie lange werden sich diese treuen Veteranen auf ihren idyllischen kleinen Parzellen halten, Vater? Wie lange wird es dauern, bis sie verkaufen, das Land verlassen und sich dem städtischen Mob in Rom anschließen? Welcher Bauer, egal wir hart er arbeitet, kann mit den Latifundia von der Größe eines kleinen Staates und bestellt von Tausenden von Sklaven konkurrieren?«
»Vielleicht halten sie sich so lange, wie Pompeius lebt«, sagte Vater. »Und das reicht ihm für seine Zwecke völlig aus.« »Wie wahr.«
»Und was würdest du tun?« fragte er, während sein Gesicht rot
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