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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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anlief. »Wie würdest du die Dinge ändern?«
    »Zunächst mal würde ich die Latifundia zerschlagen«, sagte ich. »Dann den Import von neuen Sklaven und den Verkauf von Italikern in die Sklaverei verbieten. Außerdem die Plantagen besteuern, bis die Besitzer gezwungen wären, Land zu verkaufen.«
    »Römische Bürger besteuern?« brüllte Vater. »Du bist wohl nicht ganz bei Trost!«
    »So, wie es ist, sterben wir stückweise«, beharrte ich. So redete ich normalerweise nicht, aber ich war sehr müde und hatte viel Blut verloren. »Ich würde den Besitzern eine sehr kleine Entschädigung zahlen und alle ausländischen Sklaven wieder in ihren Heimatländern ansiedeln. Sie sind die Wurzel der meisten unserer Probleme. Tatsache ist doch, daß wir Römer zu faul geworden sind, unsere eigene Arbeit zu erledigen.
    Heutzutage kämpfen und stehlen wir nur noch. Den Rest erledigen Sklaven für uns.«
    »Das ist wirres Gerede«, sagte Vater. »Du hörst dich ja schlimmer an wie Clodius und Caesar zusammen, viel schlimmer.«
    Ich lachte erneut, leiser diesmal und ein wenig zittrig. »Ich bin kein Radikaler, Vater«, sagte ich. »Das weißt du genau. Und ich werde auch nicht durch die Straßen ziehen und einen Aufstand anzetteln, schon allein weil ich wüßte, wie sinnlos es wäre. Reform oder Restauration, am Ende bedeutet das nur, daß römisches Blut auf römischen Straßen fließt. Und davon hatten wir wahrlich genug.«
    »Dann sieh zu, daß du deine Zunge im Zaum hältst. Gerede bringt einen heutzutage genauso schnell ins Grab wie Taten.«
    »Ich nehme nicht an«, sagte ich, »daß ich dir eine Trage und ein paar Träger abschwatzen könnte, die mich zum Arzt tragen?«
    »So schlimm also, was? Na gut.« Er rief einen weiteren Sklaven, und es wurde ein bißchen hektisch. Der Alte wurde mit den Jahren immer nachsichtiger. Es hatte Zeiten gegeben, an denen er mir einen halben Tag lang Vorträge gehalten hätte, wie er mit weit schlimmeren Wunden fünfzig Meilen in voller Rüstung marschiert war. Vielleicht war er das wirklich. Ich habe von mir nie behauptet, besonders zäh zu sein.
    Der Weg zur Statilischen Schule war ein wenig verschwommen. Die Sonne wurde erst immer heller, dann immer dunkler. Ich glaube, es war allein der Stärkung durch jenen ausgezeichneten Caecuber zu verdanken, daß ich nicht ohnmächtig wurde. Aber auch so schickten mir die Götter Visionen. Ich glaubte, die Jagdgöttin Diana in ihrer kurzen Tunika zittern und sich verbeugen zu sehen, aber dann war es auf einmal Clodia, die mich auslachte. Clodia hatte mich schon einmal mit gutem Grund ausgelacht. Ich wollte ihr gerade sagen, daß sie ein intrigantes Flittchen sei, als ich erkannte, daß es nicht Clodia, sondern Fausta war. Sie sagte etwas, das ich nicht verstand, und ich wollte sie bitten, es zu wiederholen, als ich sah, daß nicht Fausta, sondern ihr Bruder Faustus vor mir stand.
    Die Verwandlung war fast unmerklich vonstatten gegangen, weil sich die Zwillinge so ähnlich sahen. Er reichte mir etwas mit seiner beringten Hand, was mir jedoch irgendwie verkehrt vorkam, weil Soldaten nur selten Ringe tragen, vor allem keine großen Giftringe. Eine weitere Metamorphose hatte sich ereignet. Jetzt war es Appius Claudius Nero, der mir etwas hinhielt, das ich unbedingt nehmen sollte. Er versuchte trotz des Stiches in seinem Hals und der Wunde auf seiner Stirn zu sprechen.
    Dann tauchte hinter Nero ein riesiger Schatten auf, ein vierfüßiges Ungeheuer, das über ihm thronte und seine gewaltige Faust auf ihn niedersausen ließ, bevor er mir was auch immer geben konnte. Ich blickte auf und sah, daß das Ungeheuer Cerberus, der Wachhund der Unterwelt, war. Ich erkannte ihn, weil er im Gegensatz zu gewöhnlichen Hunden riesig war und drei Köpfe hatte. Es waren aber keine Hunde-, sondern Menschenköpfe wie bei jenen zwitterhaften ägyptischen Gottheiten. Der rechte Kopf war der von Crassus, der mich mit seinen kalten, blauen Augen musterte. Der Kopf zur Linken gehörte dem fröhlichen Pompeius. Der mittlere Kopf war von Schatten umfangen, so daß ich ihn nicht erkennen konnte, aber ich wußte, daß er der Herr der beiden anderen war, warum war er sonst in der Mitte?
    Dann stellte sich jemand zwischen mich und Cerberus. Es war Julia, und auch sie streckte ihre Hand nach mir aus. Sie berührte meine Schulter.
    »Decius?« Asklepiodes packte mich leicht an meiner unversehrten Schulter und schüttelte mich. Sein Gesicht verschwamm zitternd in meinem Blickfeld,

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