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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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mich verhängt werden. Ob ich nun freikomme oder zahlen muß – ganz gleich welchen Preis – , so werde ich doch nicht zulassen, daß man behauptet, ich habe einen ehrbaren Mann getötet, um ihn daran zu hindern, mich anzuklagen. Wenn man die Dinge, so wie sie scheinen, in beiden Punkten zu meinen Ungunsten verdreht, bleibt mir wohl nicht viel übrig. Bruder Cadfael, verhelft mir zu einem Gespräch mit Abt Radulfus! Wenn Ihr ihn um eine Audienz bittet, wird er mich anhören. Bittet auch, daß Vater Herluin zugegen sein möge, solange der Sheriff noch hier ist. Ich kann nicht bis zum Kapitel warten.«
    Er hatte seinen Entschluß gefaßt und war begierig, ihn so rasch wie möglich in die Tat umzusetzen. Und soweit Cadfael es beurteilen konnte, war dies der beste Weg, den Tutilo gehen konnte. Die Wahrheit – falls von diesem zartbesaiteten Menschenkind im Zustand der Verzweiflung Wahrheit zu erwarten war – könnte Licht auf mehr als einen Umstand werfen.
    »Wenn das wirklich Euer Wunsch ist«, sagte Cadfael. »Aber hütet Euch davor, Euch zu verteidigen, ehe Ihr angeklagt seid.
    Berichtet ohne Übertreibung, was Ihr zu berichten habt, und zumindest Abt Radulfus wird Euch Gehör schenken, das kann ich Euch versprechen.«
    Er wünschte, er hätte dasselbe auch von Subprior Herluin behaupten können. Und vielleicht spielte auch Tutilo mit dem gleichen Gedanken, denn plötzlich, mitten in seiner tiefernsten Entschlossenheit, verzog er den Mund zu einem halb spöttischen, halb ängstlichen Lächeln, das sogleich wieder erlosch.
    »Kommt jetzt mit mir«, sagte Cadfael.
    Im Empfangszimmer des Abtes hatte Tutilo eine größere Zuhörerschaft als erwartet, war aber offensichtlich froh darüber, wohl weil es den rauhen Empfang, den er von Herluin zu erwarten hatte, etwas verzögerte. Hugh war noch da, und es war selbstverständlich, daß man Graf Robert zur Besprechung eingeladen hatte, als Akt der Höflichkeit, da das Gesetz des Landes und König Stephens Verfügungsgewalt betroffen waren. Herluin war auf Tutilos Ersuchen hin zugegen, da es letzten Endes nicht zu umgehen war, und Prior Robert konnte nicht ausgeschlossen werden, wo Herluin zugelassen war. Weit besser, sich ihnen allen zu stellen und sie daraus machen zu lassen, was sie wollten.
    »Vater Abt… Vater Herluin… Meine ehrwürdigen Herren…«
    Er nahm eine kerzengerade Haltung ein, faltete die Hände und blickte alle der Reihe nach an, als wären sie die Geschworenen eines Tribunals. »Ich muß Euch etwas berichten, was ich schon früher hätte mitteilen müssen, da es mit der Angelegenheit zu tun hat, die hier zur Debatte steht. Es ist bekannt, daß der Reliquienschrein der heiligen Winifred auf dem Wagen mit dem Bauholz für Ramsey weggeschafft wurde, aber niemand kam darauf, wie das hat geschehen können. Ich war es, der sie auf dem Wagen versteckte, das bekenne ich nun. Ich trug sie heimlich vom Altar, nachdem sie sorgfältig eingewickelt worden war, um an einen sicheren Ort gebracht zu werden. Sodann legte ich einen umwickelten Holzstamm an ihre Stelle, damit er statt ihrer hinaufgetragen würde. Und am Abend fragte ich einen der jungen Männer, die uns bei den Bergungsarbeiten halfen, einen, der mit den Fuhrleuten gekommen war, mir dabei zu helfen, den Schrein mit der Heiligen auf den Wagen nach Ramsey zu laden, zum Beistand und Ruhm unseres geschundenen Klosters. Das ist die ganze Wahrheit. Niemand außer mir war daran beteiligt. Führt keine weiteren Nachforschungen durch, denn hier stehe ich, um zu bekennen, was ich getan habe, und meine Tat zu rechtfertigen.«
    Herluin hatte schon den Mund geöffnet und Luft geholt, um seinen anmaßenden Novizen mit einem Schwall empörter Vorwürfe zu überschütten, dann aber hielt er die Luft an, noch bevor der Abt ihn mit beschwichtigender Hand gewarnt hatte.
    Denn diesen unruhestiftenden Jungen in diesem Augenblick zu verunglimpfen, hieße, jeglichen Anspruch Ramseys auf das zu verwirken, dessentwegen der verwegene Bursche solch ein gefährliches Unternehmen gewagt hatte. Was konnte eine wunderwirkende Heilige nicht alles für den künftigen Ruhm Ramseys tun? Und der Streit war noch lange nicht beigelegt, denn hier, neben ihm, saß, aufmerksam lauschend, ein trockenes Lächeln um die Lippen, der Graf von Leicester, der, ob nun im Ernst oder nur zum Zeitvertreib, Anspruch auf dieselbe Beute erhoben hatte. Nein, sag jetzt nichts, bis die Dinge klarer geworden sind. Beuge dich demütig Abt Radulfus’ beschwic

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