Der frühe Vogel kann mich mal: Ein Lob der Langschläfer (German Edition)
A-Typen hört der Tag nach der Mittagspause meist auf. Da geht der Energiepegel konstant runter. Er ist ja schon seit sechs Uhr wach und hat seine besten Stunden am Morgen gehabt. Für einen B-Typen hingegen ist der Tag zum Abend hin offen. Er hat da keine energetischen Grenzen. Die sind ihm morgens gesetzt.«
Wenn beide chronobiologischen Rhythmen aufeinander abgestimmt sind, erhöht sich die Produktivität des Einzelnen und damit von allen. »Es ist wichtig, A-Typen deutlich zu machen, dass es nicht darum geht, ihre Arbeitswelt zu ändern, sondern um Verständnis für verschiedene Lebens- und Arbeitsformen zu werben und ihnen zu zeigen, dass auch sie in einer modernen, innovativen Gesellschaft, die verschiedene Lebensformen integriert, Vorteile genießen können.«
Solche Vorteile gibt es zahlreiche in einer B-Society, und zwar auf allen Ebenen – in der Familie, am Arbeitsplatz, im Geschäftsleben und im Alltag. Kring erklärt, wie man sich im Privaten die Vorzüge des anderen chronobiologischen Typus zunutze machen kann: »Wenn ein A-Typ mit einem B-Typ zusammenlebt und der A-Typ früher aufsteht, dann kann der schon einmal Brötchen und Zeitung holen, Kaffee kochen und den Frühstückstisch decken. Da haben beide etwas davon. Ein B-Typ wiederum kann dann das Abendbrot vorbereiten und anschließend noch den Abwasch machen. Auch da haben beide etwas davon.«
Auch im öffentlichen Raum kann eine Entzerrung der Gesellschaft von einer starren A-Society zu einer flexiblen B-Society für mehr Lebensqualität sorgen. »Denken wir an die Verkehrsstaus, die am Morgen und am Abend die Straßen blockieren«, erklärt Camilla Kring. »Wenn jeder zur selben Zeit zur Arbeit fährt, ist ein Stau die logische Konsequenz, unter der jeder zu leiden hat. Auch A-Typen ärgern sich darüber, im Stau steckenzubleiben. Wenn aber der Arbeitsbeginn flexibel gestaltet und auch auf die Bedürfnisse der B-Typen ausgerichtet ist, hat das Rückwirkungen auf die Infrastruktur: Die Staus lösen sich auf. Auch verbringt man einen Großteil der Mittagspause nicht mehr damit, in der Schlange an der Kantinenkasse zu stehen oder in einem überfüllten Restaurant auf sein Mittagessen zu warten, das nicht so schnell kommt, wie man es sich wünscht, weil eben zur gleichen Zeit viele andere Gäste bedient werden müssen. Die Hotlines der Auskünfte und Firmen werden entlastet, weil nicht alle zu den gleichen Stoßzeiten anrufen, und die Wartezeit wird für den Einzelnen kürzer.« Egal ob A oder B – dies sind alles Vorteile, die für jeden erfahrbar sind. Camilla Krings Credo fällt deshalb knapp aus: »Just b!«
Wer mehr über Camilla Krings Aktivitäten erfahren, ihren Newsletter abonnieren und überhaupt über alles informiert sein möchte, was ihr Engagement für Langschläfer bzw. B-Typen betrifft, der erkundige sich regelmäßig unter: www.b-society.org
Planet der Eulen – ein Traum
Gebt den Leuten mehr Schlaf – und sie werden wacher sein, wenn sie wach sind.
Kurt Tucholsky
Es könnte ein so schöner Ort sein: Unser Planet, unser Land, unsere Stadt, unsere Straße, wo die verlöschenden Laternen der Straßenbeleuchtung einen stillen Wechsel der Tageszeiten ankündigen, ohne bereits mehrfach von Straßenkötern angepinkelt worden zu sein und ohne dem Risiko ausgesetzt zu sein, von Verkehrsrowdies umgefahren zu werden, die lieber einen Unfall in Kauf nehmen, statt auch nur fünf Minuten zu spät zur Arbeit zu kommen. In einer erträumten Welt der Langschläfer wird das Licht der Laternen von geschlossenen Fensterläden ausgesperrt, hinter denen viele Träumer noch abwarten, bevor sie sich dem neuen Tage anvertrauen.
Obwohl wir Eulen den Tag spät beginnen, bereitet uns der daraus resultierende späte Feierabend keine Verstimmung, denn wir arbeiten gerne. Wir wollen etwas schaffen, wir sind bereit, unsere Pflichten zu erfüllen. Nur nicht zu früh. Ohne aggressive Biestigkeit, ohne morgendlichen Dauerlauf, ohne Magengeschwüre. Der Langschläfermagen ist für eine morgendliche Schocktherapie ungeeignet. Er muss durch sanfte Stimulation erst in die Lage versetzt werden, der Nahrungsaufnahme zuzustimmen.
Der Blick aus dem Fenster zeigt mäßige Betriebsamkeit. Schulze von gegenüber steht schon vor der Tür, jedoch nicht, um zur Bahn zu eilen, sondern um entspannt auf den Zeitungsjungen zu warten, der heute mal wieder etwas später dran ist. Er nutzt die Wartezeit und schüttelt die Fußmatte aus. Schulzes Dienst beginnt heute
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