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Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Titel: Der Fruehling des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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Türen ein Mann zeigte, in dem Maione den Leiter der Truppe erkannte – er hatte sein Foto in der Zeitung gesehen.
    Das Gesicht des Mannes war weiß gepudert und die Wangen rosig geschminkt, er trug eine breite, bunte Krawatte, einen hochgeschlagenen Kragen, wie es vor zehn Jahren in Mode war, und einen unübersehbaren Flicken auf einer Seite der Jacke. Trotz dieses lächerlichen Aufzugs war sein Ausdruck finster: Sein Schnurrbart und seine Lippen waren schmal, die Augenbrauen unter der breiten Stirn, die von einer einzigen vertikalen Falte durchzogen wurde, stark geschwungen. Der Brigadiere hatte gelesen, dass er erst dreißig Jahre alt war, doch so aus der Nähe erschien er ihm sehr viel älter.
    Der Regisseur starrte sie an und wandte sich an einen kleineren, fröhlichen Mann, der eine entfernte Ähnlichkeit mit ihm hatte.
    »Sind die Herren Freunde von dir? Lässt du jetzt auch schon Fremde hinter die Kulissen? Was hast du denn vor, willst du eine deiner Kartenrunden in der Garderobe abhalten?«
    Der so Angesprochene hob die Augen gen Himmel und wandte sich lächelnd und mit ausgebreiteten Armen an die Schauspieler, die ein Stück weiter weg standen:
    »Aber klar doch, wer soll’s auch sonst gewesen sein? Sogar wenn’s anfängt zu regnen, geht das sicher auf Peppinos Konto. Nein, ich kenne die Herren nicht. Ich sehe sie eben zum ersten Mal. Wenn es allerdings dein Wunsch ist, kann ich die Kartenrunde gerne trotzdem einberufen. Ist sicher lustiger, als dein ewiges Gemecker anzuhören.«
    Die Anspannung im Raum war augenfällig; der Regisseur zog die Garderobentür abrupt wieder hinter sich zu. Peppino, wie der andere sich selbst genannt hatte, zuckte mit den Schultern, schnaubte und wandte sich an die beiden Polizisten.
    »Entschuldigen Sie bitte. Wenn wir in der Schule Benimmunterricht hatten, war mein Bruder immer krank. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Maione schickte sich an zu sprechen, doch Ricciardi legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Wir sind ... Freunde von Signor Romor. Attilio Romor. Wissen Sie, wo wir ihn finden können?«
    Peppino lachte genüsslich.
    »Na, das ist ja mal eine Neuigkeit! Romor hat auch Freunde, die keinen Rock tragen! Dann schuldet er Ihnen wahrscheinlich Geld. Bitte, er ist in seiner Garderobe am anderen Ende des Ganges. Die Tür, die am weitesten von der meines Bruders entfernt ist.«
    Dann ging er kopfschüttelnd in Richtung Bühne.
    Ricciardi und Maione gingen in die entgegengesetzte Richtung. Romor war gerade mit seinen Vorbereitungen fertig geworden.
    Er war ein großer junger Mann, einer von denen, die wissen, dass sie den Frauen gefallen; zwei Mädchen, die mit Kostümen vollgepackt an seiner Tür vorbeikamen, stießen sich mit den Ellenbogen an und flüsterten einander etwas ins Ohr.
    Der Mann bemerkte es anscheinend nicht oder war vielleicht einfach daran gewöhnt. Er bat Ricciardi und Maione höflich herein.
    Als er hörte, wer sie waren, schien er nicht überrascht; sein offener und aufrichtiger Blick verriet keinerlei Beunruhigung. Das Verhör führte Maione.
    »Signor Romor, uns ist bekannt, dass Sie eine ... sehr enge Freundschaft zu einer verheirateten Frau unterhalten. Wir ermitteln in einem Mordfall, der sich vor ein paarTagen ereignet hat, und würden Ihnen gerne ein paar Fragen dazu stellen.«
    Romor lächelte, wobei er die Sicht auf zwei Reihen perfekter Zähne freigab. Er sah ihnen in die Augen und schien sich vollkommen wohl in seiner Haut zu fühlen.
    »Sie haben recht, die Signora ist meine Freundin, Commissario. Eine sehr teure Freundin. Wir haben sogar geplant, zusammenzuleben. Von dem Unglück weiß ich, Emma hat mir oft von der Kartenlegerin erzählt. Die arme Frau, ich hab’ sie nie gesehen, weiß aber, dass Emma sehr an ihr hing. Bitte, ich stehe Ihnen zur Verfügung.«
    Maione und Ricciardi wechselten einen raschen Blick.
    »Zusammenleben? Die Signora hat ausgesagt, dass sie ihren Mann mittlerweile nicht mehr verlassen möchte.«
    Der Schauspieler lächelte freundlich.
    »Brigadiere, meine Emma ist sehr sentimental und dadurch leicht zu beeinflussen. Es ist nur natürlich, dass sie in Anbetracht einer so wichtigen Entscheidung unsicher wird. Ihr Mann war neulich abends bei mir. Er hat mich am Ausgang des Theaters abgepasst und mir Geld angeboten, damit ich Emma verlassen sollte. Ich habe es natürlich abgelehnt, ich lasse mich nicht kaufen; Geld ist mir nicht wichtig, ich habe meine Arbeit. Auch gedroht hat er mir: Er würde mich ruinieren, mit dem

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