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Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Titel: Der Fruehling des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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nickte.
    »Sie haben recht, Commissario. Entschuldigen Sie. Die Vorladung an die Serra ist zugestellt worden. Sie wurde für morgen früh ins Präsidium bestellt. Wollen wir nach Hause gehen?«
    »Ich hab’ Modo versprochen, ihm eine Pizza auszugeben. Kommst du mit?«
    Maione zog seine Uhr aus der Tasche und warf einen kurzen Blick darauf.
    »Nein danke, Commissario, ich werde erwartet, es ist schon spät.«
    Ricciardi sah ihm in die Augen. Dann nickte er.
    »Dann geh nur. Wir sehen uns morgen. Schönen Abend noch.«

    Sie überquerten die hell erleuchtete Piazza Pignasecca, der Doktor mit schleppendem Schritt und der Kommissar ohne Kopfbedeckung. Doktor Modo schob seinen Hut nach hinten und zündete sich eine Zigarette an.
    »Spürst du diese Luft? Wir haben Frühling, mein Lieber. Einer Frohnatur wie dir dürfte das nicht entgangen sein, es wird dein finsteres Gemüt ein wenig aufhellen.«
    Ricciardi schnaubte.
    »Kannst du mir mal erklären, was du so erbaulich daran findest, gerade noch einen Mann zusammengeflickt zu haben, der sich ein Messer ins Herz gebohrt hat? Weißt du auch, dass er drei Kinder hat? Und alles fing mit der toten Calise an, die jemand quer durchs Zimmer getreten hat. Wenn das der Frühling ist, na vielen Dank, darauf kann ich gerne verzichten.«
    Modo lachte.
    »Du treibst mich noch zur Verzweiflung! Liegt es vielleicht an den Jahreszeiten, dass die Leute durchdrehen? Denk doch mal daran, wer uns regiert, zum Beispiel!«
    Ricciardi mimte Verzweiflung.
    »Oh, nein, ich bitte dich inständig, bloß keine Politik! Lieber gehe ich nach Hause und esse freiwillig Rosas scheußliche Pasta!«
    »Schon gut, wenn du es in Ordnung findest, über keinerlei Freiheiten mehr zu verfügen, werde ich bestimmt nicht versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Weißt du, dass ich schon seit ein paar Jahren keine Abführmittel mehr verschreibe, um nicht als Faschist zu gelten? Es soll nicht heißen, dass ich irgendwelchen Säuberungen Vorschub leiste.«
    Ricciardi schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Hör mal, Bruno, solche Witze solltest du lassen, sonst bekomme ich demnächst den Befehl, dich zu verhaften und ins Zuchthaus nach Ventotene zu schicken. Was an sich nicht so schlimm wäre. Aber stell dir vor, ich müsste da bleiben, um dich zu bewachen – das wäre mein Tod!«
    Sie waren in der Pizzeria angelangt. Ricciardi ließ seinen Blick durch den Raum gleiten.
    »Ein Lokal wie dieses. Voller Rauch, Hitze und Essensgeruch. Nun ja, jeder hat seine Träume. Und für seinen Traum stirbt Iodice gerade. Lohnt sich das denn?«
    Modo spielte mit seiner Zigarette.
    »Weißt du, Ricciardi, jedes Mal, wenn ich eine Autopsie oder eine so aussichtslose Operation wie die von heute zu machen habe, denke ich an eine bestimmte Sache, immer an dieselbe. Es gibt einen Augenblick, in dem man stirbt.Ich meine nicht den Moment des Todes, sondern den Augenblick, in dem ein unumkehrbarer Prozess in Gang gesetzt wird, der unausweichlich zum Tod führt. Auch wenn es unter Umständen Jahre dauert, doch es ist nicht abzuwenden. Das können ein Glas Wein, eine Zigarette sein: der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dann finde ich Tumore, Verletzungen der Lungen, eine zerstörte Leber. Es können auch ein Wort oder ein Blick sein. Die Liebe. Ein Kind. Wer kann schon sagen, ab wann man zu sterben beginnt?«
    Ricciardi hörte ihm wider Willen gebannt zu.
    »Leider ist dieser Augenblick keinem einzigen Menschen bewusst.«
    Modo lächelte und wirkte plötzlich um Jahre älter.
    »Nein, mein Lieber. Und das ist unser Glück. Der Grund, warum wir weiterleben. Stell dir bloß vor, man wüsste, dass man gerade einen unumkehrbaren Prozess in Gang gesetzt hat, der mit oder ohne Umweg zum Tod führen wird. Im Krieg habe ich viele gesehen, die von Granatsplittern in Stücke gerissen wurden, und ich fragte mich, an was sie wohl gedacht hatten, als sie sich freiwillig an die Front meldeten. Ich fragte mich permanent, ob einer von ihnen, als ihm klar wurde, dass er sterben würde, letztendlich kapiert hat, dass seine Träume, seine Ideale ihn getötet hatten. Deshalb können mir all die Fanatiker, die gerade durch die Stadt rennen und von Tod und Krieg singen, nur leid tun.«
    Ricciardi legte seinem Freund die Hand auf den Arm.
    »Jetzt mal Spaß beiseite, Bruno. Ich verstehe dich, und würde mich irgendetwas von diesen Dingen direkt betreffen, wäre ich eventuell einverstanden mit dem, was dusagst. Allerdings – und da musst du mir recht

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