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Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Titel: Der Fruehling des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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fasste Emma sich wieder.
    »Entschuldigen Sie bitte, Commissario, aber das war zu gut! Ich soll meinen Mann decken? Das wäre das Letzte, was ich tun würde. Mein Mann deckt sich schon selbst. Sein ganzes Leben verbringt er damit, sich abzuschirmen. Und wofür sollte ich ihn denn decken? Es stimmt, er hat mir gesagt, was ich gestern sagen, wie ich mich anziehen, ja sogar welchen Ton ich anschlagen sollte. Na und? Er ist Rechtsanwalt, einer der besten seines Fachs. Mich selbsthabe ich zu schützen versucht – vor absurden Verdächtigungen. Nicht ihn.«
    Ricciardi beschloss, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen war, um ihr eine Falle zu stellen, und log völlig ungeniert.
    »Und doch haben wir Grund zu der Annahme, dass Ihr Mann an dem Abend, an dem die Calise starb, bei ihr war. Jemand hat ihn gesehen. Außerdem haben wir Blutspuren an seinen Schuhen gefunden.«
    Emma war verblüfft.
    »Aber in den Zeitungen steht doch etwas von einem Pizzabäcker? Der sich dann umgebracht hat? Warum sollte mein Mann ... nein, Commissario ... das schließe ich aus. Mein Mann ist nicht mutig, tausend Ängste plagen ihn. Niemals, unter gar keinen Umständen, könnte er so etwas tun. Mein Mann reagiert nicht. Er denkt nur nach. Er hat noch nicht einmal eine Reaktion gezeigt ... Er reagiert nie, sage ich Ihnen.«
    Ihr Zögern war Ricciardi sofort aufgefallen.
    »Er hat noch nicht einmal eine Reaktion gezeigt ... als was? Bitte verschweigen Sie mir nichts, Signora. Bringen Sie mich nicht auf den Gedanken, dass Sie etwas Schwerwiegendes zu verbergen haben, denn sonst kenne ich kein Pardon. Glauben Sie mir.«
    Emma biss sich auf die Unterlippe. Etwas in Ricciardis Tonfall machte ihr Angst. Sie überlegte lange, bevor sie sprach.
    »Noch nicht einmal, als ich mich von ihm getrennt habe. Für immer. Ich wollte ihn verlassen.«
    »Und haben Sie es ihm gesagt?«
    »Ja, das habe ich. Ich habe ihm auch gesagt, wie sehr ichihn verabscheue, wie mich das alles anwidert, er und dieses Leben ohne Liebe. Er hat mich angefleht und gebettelt, geweint, es war herzzerreißend ...«
    Ricciardi beobachtete Emmas Mimik genau, er war in die verborgenen Kammern ihrer Gedanken vorgedrungen. Es lohnte sich weiterzubohren.
    »Hat er versucht, sie umzustimmen? Hat er Ihnen gedroht oder jemand anderem, wie zum Beispiel der Calise?«
    Emma lächelte traurig.
    »Nein. Ich sagte es Ihnen bereits, mein Mann ist nicht mutig. Als ich ihn also so schluchzend vor mir knien sah, habe ich’s ihm gesagt.«
    »Was gesagt?«
    »Die Wahrheit. Dass ich schwanger bin.«
LV
    Er hatte sich ein Plätzchen im Schatten gesucht.
    Mit der Zeit hatte Maione reichlich Erfahrung darin gesammelt, sich zu tarnen. Nicht wie Teresa Scognamiglio natürlich, die schon von Natur aus nicht auffiel – das war mit seinem Körperbau, groß, dick und behaart, wie er war, gar nicht möglich; dazu kam noch seine Uniform – wer hätte es damit schon geschafft, unsichtbar zu werden? Dadurch, dass er sich permanent auf die Lauer legte, Leute beschattete und ihnen folgte, hatte er aber im Laufe der Jahre eine gewisse Technik erlernt.
    Es genügte, die betreffende Person nicht aus den Augen zu verlieren, um von ihr nicht gesehen zu werden. Filomena senkte beim Gehen den Blick und betrachtete sich nie in den spiegelnden Schaufensterscheiben. Er wusste,wo sie arbeitete; sie hatte es ihm selbst gesagt. Nun musste er nur noch herausfinden, ob Filomena Matteo De Rosa, dem renommierten Stoffhändler, der das Geschäft dank seiner Heirat mit der wohl hässlichsten und reichsten Frau Neapels vom Schwiegervater geerbt hatte, wirklich so vollkommen den Kopf verdreht hatte, wie Bambinella meinte.
    Im Schutz der Vorhalle eines schlichten Mehrfamilienhauses in der Via Toledo wartete er darauf, dass sie Feierabend haben und mit dem Mann allein sein würde; er wollte sehen, wie De Rosa sich ihr gegenüber verhielt. Um klug daraus zu werden, es zu begreifen. Nur deshalb. Keineswegs aus Zwanghaftigkeit. Er konnte nun mal dunkle Punkte nicht leiden.
    Den Mafioso, Costanzo, hatte er gleich ausgeschlossen. Polizei und Camorra hatten durch ihre permanente Konfrontation die Sprache der jeweils anderen Gruppe zu verstehen gelernt. Maione wusste, dass das, was man Filomena angetan hatte, diese Art von Brandmarkung, ein eindeutiges Zeichen war: für Verrat und Ehebruch. Ein Mitglied der Camorra hätte seine Liebste ohne weiteres so entstellt, wenn sie ihm untreu gewesen wäre, doch das war bei Don Luigi, der glücklich

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