Der Frühling - Hyddenworld ; 1
hatte.
»Ich?«, erwiderte Stort und dachte über diese Angelegenheit nach, als sei es das erste Mal. »Ich bin nicht … ich glaube, ich … tatsächlich halte ich es für unmöglich zu … zu …«
»… zu lieben?«, soufflierte Barklice in dem Versuch, Stort zu helfen, seine ungewöhnlich verworrenen Gedanken zu dem Thema zu ordnen.
Stort nickte energisch, zum Zeichen, dass er verstanden hatte, worauf Barklice mit seiner Frage hinauswollte.
Dann sprach der junge Schreiber Worte, die so offenkundig aus einem ehrlichen, aber unschuldigen Herzen kamen, dass Barklices Hand auf dem Weg zum Mund mitten in der Luft stockte und der frische Met einstweilen ungekostet blieb.
»Manchmal, Mister Barklice, fühle ich mich auf dieser großen, wundervollen und fürsorglichen Erde so allein, so einsam, dass ich einen Schmerz verspüre, so schneidend wie Bauchgrimmen, oder wie eine Stichwunde, oder wie ein Wespenstich oder der Biss eines wilden Hundes. Einfach schrecklich. Fürchterlich. Quälend. Wenn ich mir das vorstelle, ein Leben, ohne jemals Liebe zu finden, so erscheint mir diese Aussicht schlimmer als eine nie endende Folter. Wir sind nicht fürs Alleinsein geschaffen.
Doch … stattdessen bin ich mit Talenten, Denkungsarten und Gewohnheiten ausgestattet, die, wie ich fürchte, dazu führen könnten, dass ich niemals Liebe finden werde. Ich habe mir nämlich sagen lassen, dass die Vertreterinnen der Weiblichkeit Beständigkeit erwarten und daher das unstete Umherschweifen eines rastlosen Geistes, wie er mir eigen ist, verabscheuen.«
»Ich glaube«, gab Barklice zu bedenken, »dass sie Beständigkeit auf das Herz, nicht auf den Geist beziehen. Sie sehen es nicht gern, wenn das Herz eines männlichen Hydden gleich einem Schmetterling von jeder schönen Blume nascht.«
»Das haben Sie aber sehr schön ausgedrückt!«
»Es ist nicht von mir«, gab der Forstmeister zu. »Das habe ich nur irgendwo gelesen und mir gemerkt.«
»Nun, wenn es stimmt, dann ist es in der Tat eine gute Neuigkeit, denn das einzig Unbeständige an mir sind meine Gedanken und die plötzlichen Regungen, die sie auslösen. Ich schäme mich fast, es zuzugeben, aber Ideen sind für mich ebenso anregend wie Leute, und wenn ich meinem Forscherdrang praktisch nachgehe, so ist das für mich erregender und realer als die störrischen Unwägbarkeiten der Liebe. Wie könnte ich jemandem mein Herz versprechen, wo ich doch um diese Wahrheit über mich weiß? Selbst wenn jemand bereit wäre, die Hand eines Hydden wie … wie …«
An dieser Stelle fuchtelte er mit seinen seltsam schmalen Händen herum, als versuche er, das verabscheuenswerteste und reizloseste aller Wesen zu beschreiben, ja, er stand sogar auf und drehte sich im Kreis, wie um sich Barklice zu zeigen und seinen Mangel an Attraktivität im Allgemeinen wie im Besonderen zur Schau zu stellen. Dann setzte er sich unvermittelt wieder.
»Selbst wenn jemand ein so langes Elend wie mich lieben könnte, mit Knubbelknien und schmächtiger Brust und langen Fingern und einer Nase, die, wie man mir in jungen Jahren sagte, nur dazu tauge, ein Brot aufzuspießen …«
»Das war gemein«, rief Barklice und beäugte Storts langes Riechorgan, »auch wenn etwas Wahres dran ist!«
»Nun, wie dem auch sei, aber selbst wenn mich jemand trotz alledem lieben könnte, so könnte ich, wie ich fürchte, diese Liebe nicht erwidern.«
»Aber wieso denn nicht?«, erwiderte Barklice hastig, erschrocken über den Verlauf, den ihr Gespräch nahm, und in der Befürchtung, Stort habe Neigungen der ausgefallenen, vielleicht sogar ungesunden, Art.
»Weil ich dann wüsste, dass ihnen ein Fehler unterlaufen ist. Dass sie das, was sie sehen, falsch verstanden haben, und kaum hätten wir uns ewige Liebe geschworen, würden sie es auch schon wieder bedauern. Das wäre schmerzlich für sie und doppelt schmerzlich für mich.«
»Und wenn Sie jemanden kennenlernen, den Sie …«
»Den ich liebe?«
»Ja, ja«, sagte Barklice, dem bei diesem Gedanken, wie es schien, jetzt noch unwohler wurde als Stort. »Jemanden, den Sie … äh … lieben. Was gedenken Sie zu tun, wenn das geschieht?«
»Ich weiß nicht. Ich würde sicherlich darüber nachdenken.«
»Hm!«, machte Barklice. »Es ist nicht besonders sinnvoll, über die Liebe bloß nachzudenken. Man muss auch etwas tun.«
»Schon, aber was?«
Sie verfielen, während langsam die Dämmerung anbrach, in Schweigen, denn auf diese Frage schien es keine Antwort zu geben. Dann
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