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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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sich mit seinen Gewohnheiten vertraut machte.
    Erinnerte er sich an die Mahnung des Bruders? Er konnte sie nie vergessen und den Fyrd schon gar nicht vergeben.
    Rache? Er nahm Rache, wann immer er konnte, im Großen wie im Kleinen. Doch hatte er anfangs nur Unruhe stiften und einigen wenigen Schaden zufügen wollen, so verspürte er jetzt das Bedürfnis, sie alle zu töten, insbesondere die Sinistral – bis auf den letzten Mann.
    Auf die Sinistral hatte er es abgesehen, auf jeden Einzelnen – einerlei wo sie lebten oder welchen Rang sie bekleideten.
    Selbst die in Brum, die mit dem deutschen Zweig nur so lose verbunden waren, dass wahrscheinlich nicht einmal eine Blutsverwandtschaft bestand, wollte er beseitigen.
    In dieser Nacht erhielten die langgehegten Pläne seiner Jugend neuen Auftrieb. Auch Brunte hatte die Lichtgestalten des Schimmels und seiner Reiterin gesehen, und in diesem kurzen Augenblick tat sich eine Möglichkeit vor ihm auf, die so groß war, dass sie sein Leben für immer veränderte. Er hatte gesehen, was auch der Sub-Quentor gesehen hatte, und ebenso Brif und Pike: den Anhänger am Hals der Friedensweberin, in dem kein Edelstein mehr saß. Er kannte die Legenden wie die anderen, und auch die Prophezeiungen.
    Es geht mit ihr zu Ende,
dachte er sogleich,
und das bedeutet, dass sie zu meinen Lebzeiten sterben wird, vielleicht, solange ich noch jung bin. Darum muss ich mich darauf vorbereiten, diesen Anhänger, der eines Tages von ihrem Hals fallen wird, in meinen Besitz zu bringen … Er wird mir Allmacht verleihen.
    Dies war nur der erste von vielen Gedanken, die Brunte in den Sinn kamen. Nun, da er die Gelegenheit gewittert hatte, beschloss er, sie auch zu ergreifen. Doch er wusste, dass es nutzlos war, die Möglichkeit zu sehen, wenn er nicht imstande war, daraus einen Vorteilzu ziehen. Der Weg zum Thron wird von den Leichen derer gesäumt, die nicht wissen, wie man ihn geht.
    So kam es, dass Brunte, als er sich mit seinen ranghöheren Begleitern von der Brücke zurückzog, einen Seitenblick auf den Sub-Quentor warf, und als der Überlebenskünstler, der er war, wusste er sofort, was der andere dachte: etwas Ähnliches wie er selbst.
    ›Brunte muss sterben, und mein Kollege auch‹, geht ihm durch den Sinn,
sagte sich Brunte.
Er weiß, wir haben dasselbe gesehen wie er, und er fürchtet, wir könnten seine Pläne durchkreuzen.
    Igor Brunte zögerte nie, wenn er einmal erkannt hatte, was zu tun war.
    »Euer Gnaden«, sagte er, sobald sie sich in den Schatten zurückgezogen hatten, »darf ich um ein Wort im Vertrauen bitten?«
    Er blickte bedeutungsvoll zu dem andern Fyrd, als bezichtige er ihn stillschweigend derselben finsteren Gedanken, deren er sich selber schuldig machte. Der Sub-Quentor verstand sofort und tappte in die Falle.
    »Ja?«, erwiderte er und winkte ihn näher.
    Brunte kehrte dem anderen Fyrd den Rücken zu und versperrte ihm die Sicht. In seiner linken Hand hielt er das längere seiner beiden Messer.
    »Ich habe hier etwas für Sie, Euer Gnaden.« Mit diesen Worten stieß er dem Sinistral das Messer in die Seite, sodass ihm die Spitze ins Herz fuhr. Der Anführer ließ nur ein überraschtes Röcheln vernehmen. Dann sackte er tot zu Boden.
    Sofort drehte sich Brunte zu dem anderen um.
    Entsetzen und Fassungslosigkeit standen dem zweiten Fyrd ins Gesicht geschrieben. Brunte nahm diese Gefühle mit kühlem Interesse zur Kenntnis, während er sein Gegenüber seltsam hypnotisierend anlächelte. In seiner Panik vergaß der Fyrd, was er gelernt hatte. Er brachte nur ein einziges Worts heraus: »Nein!«
    »Oh, doch, mein Freund, auch du. Das Geheimnis dieser Nacht teile ich mit niemandem.«
    Diesmal benutzte er beide Messer gleichzeitig, jedes auf grausame Weise. Das eine stieß er dem Fyrd von unten ins Auge, das andere von oben in den Bauch. Dann ließ er sie los, rammte dem Verwundeten seine schwielige Faust in den offenen Mund und erstickteseinen Todesschrei. Nur ein Stöhnen drang zwischen seinen Fingern hervor.
    Nach vollbrachter Tat zog Brunte die Messer heraus, wandte sich ab und ging in die Nacht hinein. Er schlug den Weg nach Brum ein. Unterwegs dachte er sich eine Geschichte von einem Mordanschlag aus und sann darüber nach, wie er selbst das Amt des Sub-Quentors ergattern konnte, denn dieser Posten würde sich in den bevorstehenden Zeiten als außerordentlich nützlich erweisen.

22
HILFE
    I mbolcs Eingreifen hatte Brif das Leben gerettet und ihm und den anderen die

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