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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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walisischen Berge zu wandern. Er nahm ihn heraus und sah ihn sich genauer an. Er war tadellos gearbeitet, das Prisma saß genau an der richtigen Stelle, die Skalen waren fachmännisch in das Messing graviert, die Nadel schwang problemlos. Doch der Ring, in den der Benutzer normalerweise den Daumen steckte, um sich das Instrument vors Auge zu halten, war selbst für seinen kleinen Finger viel zu klein.
    »Merkwürdig«, murmelte Jack.
    Er legte ihn zurück und wandte seine Aufmerksamkeit den Buchreihen in den Regalen zu, die hinter ihm vom Boden bis zur Decke reichten. Sie beschäftigten sich vorwiegend mit Volkskunde und sahen sehr zerlesen aus. Die Regale daneben bargen weitere Werke zu diesem Thema und darüber hinaus eine Fülle anderer.
    Daneben gab es Ablageboxen, die alle sauber beschriftet waren und sich dadurch von dem allgemeinen Durcheinander abhoben. Auf dem Fußboden stapelten sich Landkarten und Kartons mit Fotografien. Auf vielen der Fotos waren Megalithen, Steinkreise und, soweit Jack beurteilen konnte, eisenzeitliche Wallburgen abgebildet.
    Außerdem gab es einen Garderobenständer aus der Zeit Edwards VII., in dessen Schirmhalter Spazierstöcke alle Formen und Größen steckten, während an den Haken eine Vielzahl verbeulter Hüte hing. Diverse Schuhschachteln enthielten Steine, schwarzes Seegras, eine getrocknete und zusammengerollte Natternhaut. Bald wurde das Muster deutlicher. Wo er auch hinsah, überall fiel sein Auge auf Objekte aus der Natur oder Kleidungsstücke, die man trug, wenn man in die Natur hinausging. Oder auf Ratgeberbücher für Leute, die in die Natur zu gehen gedachten.
    Zum Beruf des Archäologen gehörte anscheinend mehr, als nur am Schreibtisch zu sitzen und Fachbücher zu lesen.
    »Was tun
Sie
eigentlich genau, Margaret?«, fragte Jack spontan. »Sie sprechen ja nie darüber.«
    »Die meisten Leute interessieren sich nicht besonders dafür. Im Moment arbeite ich über einen Text, den die Wissenschaftler
Codex
Exoniensis
nennen. Als Leofric im Jahr 1050 nach Christus zum ersten Bischof von Exeter ernannt wurde, schenkte er den Kodex der Bibliothek der Kathedrale. Er umfasst 131 Blätter oder Handschriftenseiten, die von anderen, heute verschollenen Büchern erhalten geblieben sind, und verschiedene Handschriften, die zur besseren Aufbewahrung mit den übrigen zusammengebunden worden waren. Die Sammlung enthält verschiedene Rätsel, Schriften über Christus, zwei Heiligenviten, religiöse Allegorien, Homilien und einige außergewöhnliche Elegien und lyrische Gedichte.«
    »Wie klingt denn Altenglisch?«
    »Wie Deutsch, Friesisch, stellenweise sogar wie modernes Englisch, aber du würdest es nicht erkennen, wenn du es gedruckt sehen würdest.«
    »Lesen Sie uns etwas vor«, bat Katherine.
    Mrs. Foale tat etwas Besseres, sie rezitierte aus dem Gedächtnis:
     
    Wrætlic in pes wealstan, wyrde gebræwcon;
    Burgstede burston, brosnad enta geweorc.
    Hrofas sind …
     
    »Klingt sehr ausdrucksstark«, sagte Jack.
    »Es ist eine Kriegersprache und will auch so verstanden werden. Auf jeden Fall ist dieses spezielle Gedicht harter Tobak. Es erzählt von einer in Trümmern liegenden Stadt, deren mächtige Mauern vom Schicksal zerstört wurden, das Werk von ›Riesen‹ und Steinmetzen. So heißt es darin, die Stadt sei jetzt nur noch Staub und das Leben ihrer Bewohner vorbei, seit nunmehr über fünfzig Generationen gefangen im ›Erdengriff‹ und in der ›Umklammerung des Grabes‹.«
    »›Erdengriff‹«, wiederholte Katherine langsam.
    »›Umklammerung des Grabes‹«, murmelte Jack.
    »Die Wissenschaftler haben diesem speziellen Gedicht den Titel
The Ruin
gegeben. Die Bauwerke, die der Dichter darin beschreibt, waren eindrucksvoll, voller Farbe und Licht, mit fleißigen Bewohnern und fließendem klaren Wasser. ›Die Wurd hat dies alles geändert!‹, verkündet er, und Zerstörung sei über die Stadt gekommen, Verfall und Tod.
    Das Gedicht ist unvollständig, da die Handschrift bei einem Brandschwer beschädigt wurde. Die letzten Zeilen sind verlorengegangen. Die meisten Wissenschaftler neigen zu der Ansicht, dass es sich um eine Beschreibung der Stadt Bath handelt, die von den Römern erbaut, nach deren Abzug im fünften Jahrhundert aber aufgegeben wurde. Überflüssig zu sagen, dass Arthur dieser Theorie widerspricht.«
    »Und was glaubt er, wovon das Gedicht handelt?«, fragte Katherine.
    Margaret zögerte, dann seufzte sie. »Das ist eine seiner ausgefalleneren Ideen,

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