Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
können wir ja etwas für die Weihnachtsferien planen«, sagte Pastor Riis jetzt und erhob sich von der Milchkiste. »Oder vielleicht sogar noch früher.« Er stand auf und musste sich in dem Baumhaus leicht ducken.
»Klar«, sagte Marshall. Er sah zu, wie Pastor Riis die Leiter hinunterkletterte, und glaubte nicht, dass er den Pastor jemals wiedersehen würde.
110. KAPITEL
Heute
Camp David
Meine Handgelenke tun mir weh.
Mein Rücken auch.
Ich habe jedes Gefühl für die Zeit verloren. Es fühlt sich an, als wäre es neunzehn oder zwanzig Uhr, aber da dieser Raum keine Fenster hat, bin ich mir nicht sicher. Ich hocke immer noch auf dem Rand des Bettes, und meine Hände sind immer noch an die Metallbeine gekettet.
In den ersten Stunden haben sie mir pausenlos Fragen gestellt. Über Marshall, den Ritter, darüber, was ich über das vereitelte Attentat auf den Präsidenten weiß und was ich nicht weiß. Das Meiste davon habe ich im Fernsehen gesehen, auch das über Frick und Marshall. Als der Secret Service mich schließlich in Ruhe ließ, war mir klar, dass sie noch nicht fertig waren. Aber irgendwie kam es mir nicht logisch vor, dass nach einer Stunde immer noch keiner zurückgekommen war. Dann verstrich eine zweite Stunde. Dann eine dritte, und ich begann mich zu fragen, ob sie mich wohl vergessen hätten. Mittlerweile ist es bestimmt schon fast Mitternacht.
Ich beuge mich zu der Metalltür und lausche, versuche zu hören, ob jemand kommt. Das Problem ist nur, dass es in diesem Schutzraum irgendwie metallisch summt, wahrscheinlich von irgendwelchen Generatoren irgendwo hier unten. Ich schließe die Augen und konzentriere mich, versuche, herauszubekommen, ob dieses Summen andere Geräusche überdeckt.
Über mir weht warme Luft aus der Klimaanlage. Immer wieder höre ich leise Schritte, wenn jemand durch den Gang geht. Dem leisen Brummen der Stimmen nach zu urteilen, die ich im Flur höre, ist mindestens ein halbes Dutzend Agenten dort versammelt.
Bis die Stimmen verstummen.
Dann kommt wieder das Trampeln, die schnellen Schritte im Gang und auf der Stahltreppe. Sie bewegen sich sehr zielstrebig.
»Viv, du bleibst hier!«, ruft Agent Reed, während die Herde nach oben trampelt. Innerhalb von Sekunden schlagen die U-Boot-Luken zu, alles wird still, und ich bin immer noch allein und ans Bett gefesselt.
Ich bin versucht, zu schreien, dass mich gefälligst jemand freilassen soll. Aber in diesem Schutzraum unterhalb von Camp David hört der Secret Service nur auf eine einzige Person.
Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass sie mich weichklopfen wollen. In Wirklichkeit haben sie mich nur warten lassen.
Auf ihn.
Oben öffnet sich die luftdichte Schleuse erneut mit einem lauten Knall. Diesmal gibt es kein Getrappel, sondern nur ein ruhiges Klacken von Schritten auf den Metallstufen. Dieses Geräusch machen keine Stiefel mit Stahlkappen, wie die meisten Agenten sie tragen. Das Geräusch ist leiser, als wären es Anzugschuhe.
Dann gibt es wieder eine lange Pause. Ich beuge mich zur Tür und versuche etwas zu hören, aber mein Herz hämmert zu laut.
Mit einem leisen Klicken öffnet sich das Schloss, und die Metalltür schwingt auf. Ein Mann mit einer schwarzen Lederjacke und einer Teetasse aus feinem Porzellan in der Hand steht in der Tür. Er betrachtet mich aus den berühmtesten grauen Augen der Welt.
Präsident Orson Wallace.
»Sir, wenn Sie uns brauchen …« Agent Reed steckt seinen Kopf in den Raum und überzeugt sich davon, dass ich immer noch ans Bett gefesselt bin.
»Er kommt schon klar«, antwortete ein jüngerer Agent, auf den die Beschreibung von A. J. passt. Der Präsident tritt in den Raum, und A. J. bleibt im Gang. Was auch immer passieren wird, es soll keine Zeugen geben.
A. J. wirft dem Präsidenten einen letzten Blick zu, bevor er die Tür schließt. Aber er sperrt nicht ab. Ich verstehe die Botschaft. Wenn irgendetwas passiert, sind sie innerhalb von Sekunden im Raum.
Wallace trinkt einen Schluck Tee und lässt das Schweigen im Raumstehen, undurchdringlich wie immer. Er geht in die Mitte des Raumes, und zum ersten Mal bemerke ich, dass er die andere Hand die ganze Zeit in der Tasche hat.
»Die meisten Leute stehen auf, wenn ich einen Raum betrete«, sagt der Präsident.
Ich bleibe, wo ich bin, in sitzender Position an das Bett gefesselt.
»Das war ein Scherz, Beecher.« Er schüttelt den Kopf. »Soll ich Ihnen ein bisschen Tee bringen lassen?«, fährt der Präsident fort. »Red Robe
Weitere Kostenlose Bücher