Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Potenzial erreicht. Hat George Washington ihn nicht deshalb gegründet? Um dem Präsidenten eine Streitmacht an die Hand zu geben, mit der niemand rechnet?«
»Aus Ihrem Mund klingt das, als wären wir eine Waffe.«
»Und aus Ihrem Mund klingt das, als hätten Sie das Kommando«, erwidert Wallace. Sein Grinsen ist verschwunden. »Oder dass ich Sie um Ihre Erlaubnis bäte.« Er grinst erneut und hofft, dass es mich einschüchtert.
»Sir, was Sie über George Washington gesagt haben, ist falsch. Sie irren sich.« Ich versuche, den Tenor des Gesprächs positiv zu halten. »Er hat den Culperring nicht gegründet, um den Präsidenten zu beschützen. Er hat ihn geschaffen, um die Präsidentschaft zu beschützen. Vor allem vor jenen, die ihr Schaden zufügen könnten.«
»Halten Sie das für clever, Beecher? Ich will das jetzt einmal so klar formulieren, wie ich kann. Ich reiche Ihnen im Augenblick meine Hand. Wenn Sie sie ausschlagen, dieses Angebot, diese Gelegenheit, die ich Ihnen jetzt biete, wird sie niemals zurückkehren.«
»Das weiß ich zu schätzen, Sir. Ebenso wie ich zu schätzen weiß, dass Sie nicht daran gewöhnt sind, dass Leute Ihnen etwas abschlagen.Aber ich möchte Sie an etwas erinnern.« Ich beuge mich vor, sodass wir nur einen Schritt voneinander entfernt sind. »Ich weiß, wer Sie sind. Ich weiß, was Sie getan haben. Und nur damit wir uns wirklich verstehen, der Culperring arbeitet nicht mit Mördern zusammen.«
»Dann sollten Sie mit Ihrem Freund Totte reden«, erklärt der Präsident. Seine Stimme klingt vollkommen gelassen, und er hat die Beine immer noch übereinandergeschlagen. Ich habe vergessen, wie er kämpft. Ganz gleich, wie hart er getroffen wird, er verliert nie die Fassung. Er tut nur einfach weiter so, als hätte er die Kontrolle. Bis er sie wirklich hat.
»Sie haben das über Totte erfunden, um mich zu manipulieren.«
»Reden Sie sich das ruhig ein, Beecher. Aber seien Sie nicht so sicher, dass Sie wirklich wissen, mit wem Sie zusammenarbeiten.«
»Totte ist kein Mörder.«
»Wenn Sie das sagen.« Er legt beide Hände auf seine Knie. »Es tut mir nur leid, dass wir nicht zusammenarbeiten werden.« Gelassen bückt er sich, hebt die Tasse hoch und wirft mir ein letztes, falsches Grinsen zu. »Also, wir sind hier fertig, richtig?«
»Das haben Sie auch schon vor zwei Monaten zu mir gesagt. Dass wir miteinander fertig wären. Aber das sind wir nicht, Mr. Präsident. Noch nicht. Wissen Sie noch, was Sie mir letztes Mal außerdem gesagt haben? Sie sagten, das hier wäre ein Boxkampf. Und soweit ich das sagen kann, haben wir gerade Runde zwei beendet.«
»Von meiner Ecke aus betrachtet, würde ich sagen, Sie haben Runde zwei verloren.«
»Das habe ich vielleicht. Aber wenn wir uns das nächste Mal sehen, Mr. Präsident …« Ich ziehe hart an den Ketten. »… trage ich keine Handschellen.«
»Das sind gute Nachrichten für mich. Denn wenn wir uns das nächste Mal sehen, Beecher, werde ich Ihnen ganz bestimmt auch keinen Tee anbieten«, sagt er und grüßt mich mit der Teetasse. Dann steht er auf und geht zur Tür. »Grüßen Sie Totte von mir. Wenn ich Sie wäre, würde ich übrigens so schnell wie möglich zu ihm fahren.«
111. KAPITEL
Drei Stunden später stehe ich vor zwei geschlossenen Türen mit Milchglasfenstern darin.
»Tut mir leid, die Besuchszeit ist bereits vorbei«, sagt die Schwester, deren Stimme aus dem Telefonhörer des hausinternen Kommunikationssystems neben der Tür kommt.
»Sind Sie Angelica? Angelica, ich heiße Beecher White. Man hat mir gesagt, ich soll nach Ihnen fragen.«
Nach einer kleinen Pause öffnen sich ohne ein weiteres Wort die Türen der Intensivstation. Es ist fast Mitternacht, aber als ich durch die Tür trete, strömt mir eine Welle aus Piepen und Klingeln wie ein Hornissenschwarm entgegen.
Angelica sitzt im Schwesternzimmer hinter dem Haupttresen und sagt kein Wort. Wie die meisten Schwestern kennt sie das emotionale Risiko von Augenkontakten und weiß auch, was hier heute passiert ist. Zwei Menschen wurden erschossen, und die Krankenhausgeistliche wurde ermordet. Mit gesenktem Kopf zeigt Angelica nach links, und ich fange an, die Nummern auf den Türen zu lesen.
Da, in der Mitte des Flurs, Raum 214. Dort liegt das letzte Opfer des Ritters und gleichzeitig mein bester Freund.
Ich denke immer noch an die Warnung des Präsidenten und werde langsamer. In meinem Bauch brodelt eine diffuse Furcht, wie sie meistens bei
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