Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Oolong. Ein Geschenk der chinesischen Regierung. Er ist ziemlich gut.«
Ich zerre hart genug an meinen Handschellen, dass er weiß, was ich von seinem Oolong-Tee halte.
Der Präsident zieht einen Metallstuhl neben das Bett, bleibt jedoch, wo er ist. Er trinkt einen Schluck Tee und sieht auf mich herab.
»Was wollen Sie von mir, Wallace?«
»Ich möchte Sie wissen lassen, dass ich nicht Ihr Feind bin, Beecher.«
Ich bleibe stumm.
»Mir ist klar, dass Sie in mir den bösen Buben sehen wollen, aber in diesem Fall bin ich nicht der Bösewicht. Nicht in diesem Fall.«
Ich betrachte sein Gesicht und wende den Blick dann ab.
»Ich bin gekommen, um mich bei Ihnen zu bedanken«, sagt er. »Weil Sie versucht haben, mein Leben zu retten. Und das meiner Tochter.« Er trinkt einen letzten Schluck und stellt die Tasse dann auf den Rand des Metallstuhls. »Was auch immer Sie von mir halten, Beecher, ich weiß, dass Sie aus diesem Grund nach Camp David gefahren sind. Um mich und meine Familie zu beschützen.«
Ich rutsche unbehaglich hin und her. Dagegen kann ich nichts sagen.
»Ich nehme an, Sie hatten auch etwas damit zu tun, dass Marshall dort gewesen ist«, erklärt der Präsident. »Er ist ein alter Freund von Ihnen, stimmt’s?« Als ich nicht antworte, redet er weiter. »Dafür stehe ich ebenfalls in Ihrer Schuld, Beecher. Ohne Sie wäre ich jetzt nicht hier.«
Ich starre auf den Boden und weigere mich, zu ihm hochzublicken.
»Dieser Pastor Frick … Man sagte mir, Sie hätten herausgefunden, dass er der Ritter war.« Als ich ihn immer noch nicht ansehe, spricht er weiter. »Der Secret Service hat die Leiche. Als sie mit einer Schwarzlichtlampe darübergefahren sind, haben sie weiße Tätowierungen gefunden, einschließlich einer auf seiner Hand: die Initialen J. W. B. – John Wilkes Booth.«
Ich nicke, als würde das einen Sinn ergeben.
»Sie sind ein kluger Bursche, Beecher. Und ich weiß, dass diese ganze Sache nicht einfach für Sie war. Man hat mir auch von Ihrem Freund erzählt, Totte. Ich habe bereits die Ärzte im Krankenhaus angerufen. Er bekommt die beste Hilfe, die man sich nur wünschen kann.«
»Er braucht Ihre Hilfe nicht. Und wir wollen sie auch nicht.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«
Als ich seinen Tonfall höre, blicke ich hoch. Er droht mir nicht. Er ist wirklich besorgt.
»Ich weiß, wie sehr Sie für dieses Land kämpfen, Beecher. Und wie viel das den Culperring gekostet hat. Aber wenn Sie mir erlauben, Ihnen zu helfen, wenn wir beide zusammenarbeiten, dann können wir ihn wieder aufbauen. Stärker als je zuvor.«
»Ist das Ihr Ernst? Sie wollen helfen, den Culperring neu aufzubauen?«
»Und ihn stärker machen als je zuvor.« Er stellt die Teetasse auf den Boden, setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber und schlägt die Beine übereinander. »Ich werde mich nicht einmischen, Beecher. Sie machen einfach, was nötig ist. Ist Ihnen klar, über welche Ressourcen ich verfüge, wenn Sie in Schwierigkeiten sind oder Hilfe brauchen? Gerade heute, da Nico geflohen ist …«
»Nico ist entkommen?«
Er richtet sich auf und genießt den Vorteil, den man hat, wenn man jemandem einen Schritt voraus ist. »Er ist durch die Notaufnahme vom St. Elizabeths hinausspaziert. Auf der Flucht hat er einen Pfleger niedergestochen. Offenbar wurde dort ebenfalls jemand gesichtet, der wie seine Tochter Clementine aussah.« Das erinnert mich daran, dass ich immer noch keine Ahnung habe, wo Clementine steckt oder wassie vorhat. »Sie haben die Besucherlisten überprüft, und wissen Sie, wer sein letzter offizieller Besucher war? Sie, Beecher. Jedenfalls stand das im Computer. Bis etwa vor einer Stunde.« Er wirft mir dieses Grinsen zu, das achtundsechzig Millionen Menschen überzeugt hat, für ihn zu stimmen. Ich weiß, dass er der Präsident ist, aber manchmal vergesse ich, wie charmant er sein kann. Trotzdem kann ich nicht vergessen, was ich vor Monaten herausgefunden habe: dass er und Palmiotti jemanden brutal zusammengeschlagen und dass die beiden jemanden ermordet haben, als sie die Sprossen der Macht emporgeklettert sind.
»Also, was sagen Sie, Beecher? Stärker als je zuvor.«
»Das ist ein sehr großzügiges Angebot, Mr. Präsident. Und ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie sich um mich kümmern. Aber wenn es um den Culperring geht, halte ich es für besser, wenn er unabhängig bleibt.«
»Jetzt reden Sie wie ein Politiker. Ich biete Ihnen die Chance, zu helfen, dass der Culperring sein wahres
Weitere Kostenlose Bücher