Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Beerdigung hatte Palmiotti eine zweite Chance erhalten. Jedenfalls sah er das so. Es war seine Chance, alles wiedergutzumachen.
Was nicht bedeutete, dass es einfach gewesen wäre. Der Gesundungsprozess dauerte länger als erwartet. Clementine hatte ihn direkt in den Hals geschossen. Außerdem war da noch dieser Zwischenfall, als Palmiotti gefragt hatte, ob er Kontakt mit Lydia aufnehmen könnte, seiner Freundin, um sich ordentlich von ihr zu verabschieden. Aber A. J. wusste, wie Palmiotti war, wenn es um Präsident Wallace ging. Palmiotti liebte Wallace nicht nur, er brauchte ihn. Das war das richtige Wort. Brauchen . Und der Präsident brauchte ihn ebenfalls.
»Wir können Ihre Hilfe ohne Zweifel gebrauchen. Er braucht Ihre Hilfe«, erwiderte A. J. und betonte das Wort er besonders.
»Er bekommt sie auch. Ich kann das regeln«, versprach Palmiotti.
»Das haben sie vor einer Woche auch gesagt.«
Palmiotti stockte. »Das mit der Kirche – ist es wirklich so schlimm?«
»Schlimm genug, dass er mich angerufen hat.«
»Er hat Sie angerufen?«
»Sehen Sie sich um«, sagte A. J. Er stand am südlichen Ende des Lafayette Parks, wandte sich von den hohen Marmorsäulen des Weißen Hauses ab und blickte zurück auf den zweistöckigen Glockenturm von St. John’s Church. »Haben Sie auch nur die leiseste Ahnung, was Sie da losgetreten haben?«
9. KAPITEL
»Vergiss es, Beecher. Er ist längst weg«, sagt Totte, der langsam die Treppe herunterkommt und sich neben mich stellt. Auf der ganzen H-Street sind nur Autos zu sehen.
»Glaubst du, dass er unser Mörder ist?«
Totte schüttelt den Kopf. »Sich an den eigenen Tatort zurückzuschleichen, während es in dem ganzen Gebäude von Polizisten nur so wimmelt? Selbst Verrückte sind nicht so verrückt.«
»Aber du meinst, er ist ein Polizist?«
»Er ist ein Bundesbeamter. Oder etwas Schlimmeres. Sieh dir das an«, meint er und wirft mir die beiden Hälften des Mikrofon-Kugelschreibers zu. »Er wird durch Bewegung aktiviert, sodass er keine Batterie braucht. Ein Mini-Mikrofon, das durch die Kugelschreiberhülle verstärkt wird. So etwas bekommt man nicht im Laden um die Ecke.«
»Staatsgelder«, ertönt eine mechanische Stimme aus Tottes Handy. Mir war nicht klar gewesen, dass sein Telefon noch an war, und noch weniger hatte ich eine Ahnung, dass Tadellose Täuschung zuhörte. »Frag den Weihnachtsmann. Ich wette, er kann uns sagen, wo es herkommt.«
Vor zwei Wochen habe ich gehört, wie sie über den Weihnachtsmann geredet haben. Zuerst dachte ich, Totte hätte Spaß gemacht. Aber mittlerweile glaube ich, dass ich einfach nur auf ein weiteres Mitglied des Culperrings gestoßen bin: den Weihnachtsmann, der Mann, der die schönsten Hightech-Spielzeuge bringt.
»Tad«, rufe ich, »wie viele Minztafeln wird es mich kosten, wenn du Einzelheiten über meinen alten Freund Marshall recherchierst?«
»Das mache ich schon, seit du dieses John-Wilkes-Booth-Guckloch gefunden hast. Du bist übrigens ein größerer Nerd, als ich dachte.Trotzdem, gute Arbeit«, erwidert Tad. »Marshall hat keine Kreditkarten … Keine Telefonaufzeichnungen … Und auf seiner Steuererklärung steht als Absenderadresse ein Postfach. Der Kerl schätzt ganz offensichtlich seine Privatsphäre.«
»Was ist mit seinem Handy?«, erkundigt sich Totte.
»Schon gecheckt. Er benutzt einen Trustchip.«
»Ein Trustchip?«
»Verschlüsselt und teuer. Normalerweise wird so etwas von großen Firmen oder Zulieferern für die Regierung benutzt«, erklärt Tad. »Um wen auch immer es sich handelt, er ist kein Dilettant. Ich kann weder Anrufe noch Botschaften sehen, weder abgehende noch hereinkommende.«
»Kannst du nicht einfach die Lautsprecher des Telefons einschalten, damit wir zuhören können?«, will Totte wissen.
»Schon versucht. Er hat Kopfhörer auf.«
Das war der erste Trick, den Tad mich gelehrt hat, als sie mich in den Culperring geholt haben. Es ist bei jedem Smartphone ziemlich leicht für einen Lauscher, den Lautsprecher anzuzapfen. Wenn man das verhindern will, muss man irgendetwas in den Kopfhöreranschluss stecken, weil die Lautsprecher ausgeschaltet werden, wenn der Kopfhöreranschluss belegt ist.
»Wie lautet seine Adresse?«
»Eine Wohnung in Crystal City, Virginia.«
»Also los«, sage ich. »Nächster Halt: Crystal City.«
»Hältst du das für eine tolle Idee?«, erkundigt sich Totte. »Zu Marshall zu gehen und ihn zu fragen, ob er der Mörder ist?«
Ich schüttele den Kopf.
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