Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Palmiotti geopfert hatte, konnte da ein Telefonat von nur wenigen Sekunden, konnten da ein paar Sätze, nur um kurz Hallo zu sagen, wirklich schaden?
Palmiotti betrachtete die Telefonnummer und wiederholte dabei die Worte seines Lehrers immer wieder: Die Blutung hört immer auf, so oder so. Das war absolut richtig.
Aber wie er ebenfalls während seines Medizinstudiums gelernt hatte, gab es auch einen Weg, um die Blutung schneller zu stoppen. Dafür musste man die Angelegenheiten jedoch in seine eigenen Hände nehmen.
Palmiotti zog das billige Wegwerf-Handy aus der Tasche, das er alle paar Wochen wechselte, blickte auf den Glückskeksspruch und wählte die zehnstellige Nummer.
Als es klingelte, hatte er irgendwie das Gefühl, dass der Präsident mächtig genervt sein würde. Aber sobald er und sein Freund miteinander redeten, würde alles wieder ganz wie früher werden. Das war zwischen Freunden so.
In Palmiottis Ohr klingelte das Telefon einmal … zweimal …
Er zog die Schultern vor Aufregung zusammen, weil er gleich weitergeleitetwerden würde. Sicher, Wallace würde sauer sein, aber er würde auch …
»Tut uns leid« , antwortete schließlich eine weibliche Computerstimme. »Die Nummer, die Sie gewählt haben, ist nicht vergeben. Bitte überprüfen Sie die Nummer und wählen Sie erneut.«
Palmiottis allmählich verheilende Halswunde fing plötzlich an, heiß zu pulsieren. Einen Augenblick lang glaubte er, er hätte die falsche Nummer gewählt.
Aber als die mechanische Stimme die Ansage wiederholte und noch bevor er auf den Papierfetzen geblickt, noch bevor er die Nummer erneut eingetippt hatte, wusste Stewart Palmiotti, dass er vollkommen richtig gewählt hatte.
32. KAPITEL
Marshall sagt kein einziges Wort.
Er hält meine Kehle fest und zerquetscht mir immer noch den Adamsapfel.
Ich will mich freikämpfen, aber meine Augen fühlen sich an, als würden sie gleich platzen.
Dann, ohne ein Wort zu sagen, lockert er den Griff, aber nur ein bisschen. Ich hole tief Luft und huste würgend. Aber Marshall lässt mich nicht los, jedenfalls nicht ganz.
Er sieht mir in die Augen. Seine vernarbte, verbrannte Hand liegt immer noch an meiner Kehle und hält mich fest. »Wenn du nicht aufpasst, wem du folgst, wird man dir irgendwann einmal wehtun«, sagt er langsam und sehr deutlich.
Schließlich lässt er mich ganz los, und ich schnappe nach Luft. »Was zum Teufel ist los mit dir?«
Er antwortet nicht.
Ich sehe mich um. Blanke Töpfe und Pfannen hängen von der Decke, links von mir stehen professionelle Herde und in der Mitte Tische und Schränke aus Edelstahl, an denen Küchenchefs und Kellner arbeiten …
»Warum sind wir in der Küche eines Restaurants?«, frage ich, als ich endlich den Geruch zuordnen kann. Frische Nudeln.
Marshall wirft einen Blick über die Schulter. Zuerst glaube ich, er hat Angst, dass man ihn belauscht. Hat er aber nicht.
»Was macht ihr denn da?«, fragt ein dicker Koch mit einem dünnen grauen Bart. Er blickt von einem Tablett mit Teigtaschen hoch, die er gerade füllt.
»Kümmere dich um deine Angelegenheiten!«, blafft Marshall ihn an und marschiert durch die Küche, vorbei an den Rollwagen, zu denSchwingtüren am anderen Ende. Sein Ton ist so gebieterisch, dass der Chefkoch sich nicht einmal über sein Eindringen beschwert. Aber ich sehe, wie schnell er den Blick abwendet. Es ist schwer, Marshalls verbranntes Gesicht anzusehen.
Ich gehe durch die Schwingtür, lasse die Neonlichter und die Edelstahlküche hinter mir und sehe mich mit einem Mal Wänden in einem gedämpften Gelbton gegenüber, Glastüren und der luxuriösen Einrichtung eines eleganten italienischen Restaurants.
Ein paar Nachzügler, die ihren Lunch ein wenig ausgedehnt haben, alle in Anzug und Krawatte, drehen sich um und starren uns an. So etwas passiert eben in schicken Restaurants in D. C. Die Leute wollen wissen, ob wir irgendwelche Berühmtheiten sind. Aber auch sie wenden sich nach einem Blick auf Marshalls Gesicht ab. Mir fällt auf, dass es Marshall offensichtlich so ganz recht ist.
Er bleibt an einer Bar stehen und betrachtet das Restaurant. Rechts von mir verrät mir ein Stapel mit Speisekarten endlich, wo wir sind. Café Milano.
Ich kenne das Café Milano. Jeder in D. C. kennt das Café Milano. Das Café Milano hat Politiker und Berühmtheiten bewirtet, angefangen bei Bill und Hillary über Joe und Jill Biden bis hin zu Julia Roberts, Kobe Bryant und vielen anderen Berühmtheiten innerhalb
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