Der Fünfte Elefant
kleine Dienstmarke!« Wolfgang schob sich zur
Seite, ließ dabei beide Arme hängen.
»Und ich bin bewaffnet. Hast du gehört, was ich gesagt habe?
Ich bin bewaffnet!«
»Mit der lächerlichen Armbrust?«
»Ich habe dich darauf hingewiesen, dass ich bewaffnet bin, und
du hast es gehört, nicht wahr?« Mumm sprach laut und folgte den
Bewegungen des Werwolfs, immer ihm zugewandt. Er paffte an
seiner Zigarre und ließ ihr Ende so stärker glühen.
»Ja! So etwas nennst du zivilisiert?«
Mumm lächelte. »Ja, auf diese Weise gehen wir vor.«
»Meine Art ist besser!«
»Und hiermit verhafte ich dich«, sagte Mumm. »Komm mit, oh-
ne Schwierigkeiten zu machen. Wir fesseln dich, und anschließend
wirst du den hiesigen Justizbehörden überstel t. Fal s es welche
gibt.«
»Ha! Dein Ankh-Morpork-Humor!«
»Ja, gleich lasse ich die Hose runter. Und nun… Widersetzt du
dich der Verhaftung?«
»Was sol en diese dummen Fragen?« Inzwischen tanzte Wolf-
gang fast.
»Widersetzt du dich der Verhaftung?«
»Ja, natürlich! Ja! Guter Witz!«
»Hör nur, wie ich lache.«
Mumm warf die Armbrust beiseite und holte ein Rohr unter sei-
nem Mantel hervor. Es bestand aus harter Pappe, und ein roter
Kegel ragte aus dem einen Ende.
»Ein dummer Feuerwerkskörper«, rief Wolfgang und griff an.
»Könnte sein«, sagte Mumm.
Er versuchte erst gar nicht zu zielen. Präzision und Geschwin-
digkeit hatten bei diesen Dingen nie eine Rol e gespielt. Mumm
nahm einfach die Zigarre aus dem Mund und presste sie in das
Zündloch, als Wolfgang auf ihn zulief.
Der Mörser zitterte, als die Ladung zündete. Die Rakete sauste
nicht besonders schnel aus dem Rohr, zog eine Rauchfahne hinter
sich her und wirkte wie die dümmste Waffe seit dem Schokoladen-
speer.
Wolfgang tänzelte unter ihr und lächelte. Als sie einen halben
Meter über seinem Kopf dahinflog, sprang er und schnappte mit
dem Mund danach.
Und dann explodierte sie.
Die Leuchtsignale sol ten noch in einer Entfernung von zwanzig
Meilen zu sehen sein. Mumm hatte die Augen fest zugekniffen,
trotzdem drang das Glühen durch die Lider.
Die Leiche rol te übers Kopfsteinpflaster, und als sie schließlich
reglos liegen blieb, blickte sich Mumm auf dem Platz um. Aus den
Kutschen starrten die Leute herüber. Stille herrschte.
Unter den gegebenen Umständen wären mehrere Bemerkungen
möglich gewesen. »Verdammter Mistkerl!«, hätte sich in jedem Fall
gut geeignet, aber in Frage kamen auch »Willkommen in der Zivili-
sation!«, oder »Ist dir jetzt noch immer zum Lachen zumute?«,
oder »Fass!«
Doch er schwieg, und das aus gutem Grund: Hätte er eine dieser
Bemerkungen von sich gegeben, wäre ihm dadurch klar geworden,
dass er gerade einen Mord begangen hatte.
Er wandte sich ab, warf den leeren Mörser über die Schulter und
brummte: »Zur Hölle damit!«
Unter solchen Umständen fiel es ihm sehr schwer, abstinent zu
bleiben.
Tantony beobachtete ihn.
»Überleg dir genau, was du sagst«, teilte ihm Mumm mit und
ging weiter. »Ganz genau.«
»Ich habe die Signalraketen immer für sehr schnel gehalten…«
»Ich habe einen Teil des Treibsatzes entfernt«, sagte Mumm. Er
warf Detritus’ Taschenmesser in die Luft und fing es wieder auf.
»Schließlich sollte niemand verletzt werden.«
»Ich habe gehört, wie du ihn darauf hingewiesen hast, dass du
bewaffnet warst. Ich habe gehört, wie er sich zwei Mal der Verhaf-
tung widersetzt hat. Ich habe al es gehört. Ich habe al es gehört,
was ich hören sollte.«
»Ja.«
»Es ist natürlich möglich, dass er dieses Gesetz nicht kannte.«
»Ach, tatsächlich? Nun, ich wusste nicht, dass es hier erlaubt ist,
irgendeinem armen Kerl übers Land zu jagen und ihn übel zuzu-
richten. Doch daran hat sich niemand gestört.« Mumm schüttelte
den Kopf. »Und spar dir den schmerzerfül ten Blick. Oh, ja, jetzt kannst du sagen, dass ich falsch an die Sache herangegangen bin,
dass es besser gewesen wäre, das Problem auf andere Weise zu
lösen. Nachher fallen einem solche Worte leicht. Vielleicht sage ich es mir auch selbst.« Mitten in der Nacht, dachte er. Nachdem ich
aus dem Albtraum erwacht bin, der mir die Augen des Wahnsinns
gezeigt hat. »Aber du wolltest ihm ebenso sehr das Handwerk le-
gen wie ich. Oh, ja. Aber du konntest es nicht, weil dir die not-
wendigen Mittel fehlten. Und ich konnte es, weil mir die notwen-
digen Mittel zur Verfügung standen. Und jetzt genießt du den Lu-
xus,
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