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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nächste Straße erwies sich als breiter, und es gab mehr Ver-
    kehr. Elegante Kutschen rollten langsam durch die Menge. Natür-
    lich, die Krönung…
    Aber das gehörte zur Welt des Herzogs von Ankh, und dort hielt
    er sich derzeit nicht auf. Er beschränkte sich darauf, Sam Mumm
    zu sein, und der hielt nicht viel von Krönungen.
    Weiter vorn erklangen Schreie, und das Bewegungsmuster der
    Leute veränderte sich – sie drängten ihm plötzlich entgegen.
    Mumm kam sich wie ein Lachs vor, der flussaufwärts schwamm.
    Die Straße mündete auf einen großen Platz. Die Leute rannten
    nun, woraus Mumm den Schluss zog, dass er noch immer in der
    richtigen Richtung unterwegs war. Für ihn stand fest, dass er
    Wolfgang dort finden würde, wo sich niemand sonst aufhalten
    wollte.
    Mumm bemerkte hastige Bewegungen auf der Seite und sah eine
    Gruppe rennender Stadtwächter. Sie blieben stehen, und einer von
    ihnen kehrte zurück – Tantony.
    Er musterte Mumm von Kopf bis Fuß. »Muss ich dir für vergan-
    gene Nacht danken?«, fragte er. Frische Narben zeigten sich in
    seinem Gesicht, aber sie heilten bereits. Wir brauchen einen Igor, dachte Mumm.
    »Ja«, bestätigte er. »Für die guten Dinge ebenso wie für die
    schlechten.«
    »Und jetzt weißt du, was geschieht, wenn man die Konfrontation
    mit einem Werwolf sucht.«
    Mumm öffnete den Mund, um zu erwidern: »Trägst du da eine
    Uniform, Hauptmann, oder eine Art Kostüm?« Aber er schluckte
    die Worte runter und erwiderte stattdessen: »Nein. Ich weiß jetzt,
    was passiert, wenn man dumm genug ist, einem Werwolf ohne
    Helfer und Feuerkraft gegenüberzutreten. Ich fürchte, diese Lekti-
    on müssen wir alle lernen. Integrität ist keine besonders gute Rüs-
    tung.«
    Tantonys Wangen röteten sich. »Was machst du hier?«, fragte er.
    »Unser haariger Freund hat gerade jemanden in der Botschaft
    ermordet, die…«
    »Ja, ja, sie gehört zum Territorium von Ankh-Morpork. Aber
    jetzt bist du in der Stadt! Und ich leite hier die Wache!«
    »Ich verfolge einen flüchtigen Verbrecher, Hauptmann. Ah, du
    weißt, was das bedeutet, wie ich sehe.«
    »Ich… ich… so etwas gilt hier nicht!«
    »Wirklich nicht? Jeder Polizist weiß über eine Verfolgungsjagd
    Bescheid. Wenn man einem Kriminellen dicht auf den Fersen ist,
    darf man ihn über die Grenzen der eigenen Zuständigkeit hinaus
    verfolgen. Wenn er gefasst ist, mag es ein kleines juristisches Hin und Her geben, aber ich schlage vor, das verschieben wir auf spä-
    ter.«
    »Ich beabsichtige, ihn selbst für die heute verübten Verbrechen
    zu verhaften!«
    »Du bist zu jung, um zu sterben. Außerdem habe ich ihn zuerst
    gesehen. Ich sag dir was… Wenn er mich umgebracht hat, kannst
    du versuchen, ihn zu verhaften, einverstanden?« Mumm sah Tan-
    tony in die Augen. »Und jetzt geh mir aus dem Weg.«
    »Ich könnte dich unter Arrest stellen lassen.«
    »Mag sein. Aber bisher habe ich dich für einen intelligenten
    Mann gehalten.«
    Tantony nickte und bewies, dass Mumm Recht hatte. »Na schön.
    Wie können wir dir helfen?«
    »Indem ihr mir nicht in die Quere kommt. Und meine Überreste
    wegkratzt, wenn ich keinen Erfolg habe.«
    Mumm spürte Tantonys Blick im Nacken, als er den Weg fort-
    setzte.
    In der Mitte des Platzes stand eine Statue des Fünften Elefanten.
    Ein Künstler hatte versucht, in Bronze und Stein jenen Moment
    darzustel en, an dem das allegorische Tier vom Himmel herabge-
    donnert war und Überwald seinen unglaublichen Rohstoffreich-
    tum beschert hatte. In unmittelbarer Nähe standen die idealisierten
    und sehr kräftig anmutenden Gestalten von Zwergen und Men-
    schen. Sie nahmen eine würdevolle Haltung ein, hielten Hämmer
    und Schwerter in den Händen. Wahrscheinlich repräsentierten sie
    Wahrheit, Industrie, Gerechtigkeit und Mutters-daheim-
    gebratenen-fettigen-Pfannkuchen, vermutete Mumm. Wie dem
    auch sei: In einem Land, in dem niemand Graffiti an Statuen hin-
    terließ, fühlte er sich sehr fremd.
    Ein Mann lag auf dem Kopfsteinpflaster, und neben ihm kniete
    eine Frau. Tränenüberströmt sah sie zu Mumm auf und sagte et-
    was auf überwaldisch. Er konnte nur nicken.
    Wolfgang sprang von der Statue herunter, die schlechter Bild-
    hauerkunst gewidmet zu sein schien, landete wenige Meter vor
    Mumm und lächelte.
    »Herr Zivilisiert! Wie wär’s mit einem neuen Spiel?«
    »Siehst du diese Dienstmarke hier?«, fragte Mumm.
    »Sie ist ziemlich klein!«
    »Aber du siehst sie?«
    »Ja, ich sehe deine

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