Der Fünfte Elefant
Schädel gegen eine Holzsäule. Er taumelte,
seine Schwester drehte sich und brachte ihn mit einem Tritt in die
Beine zu Fall.
Den Trick habe ich ihr beigebracht, dachte Mumm, als Wolfgang
auf den Boden pral te. So sieht der Kampfstil von Ankh-Morpork
aus – jedes Mittel ist recht.
Doch wie ein Gummibal kam Wolfgang wieder nach oben,
sprang einen Salto über Angua hinweg und erreichte so die Ein-
gangstür. Ein Hieb stieß sie auf, und er sprang hinaus.
Und… das war es. Ein Zimmer vol er Trümmer, hereinwehende
Schneeflocken und eine auf dem Boden schluchzende Angua.
Mumm zog sie behutsam hoch. Sie blutete aus mehreren Wun-
den. Anstand hinderte ihn an einer genaueren Diagnose, denn er
war es nicht gewohnt, nackte junge Damen mit großer Aufmerk-
samkeit aus der Nähe zu betrachten.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Mumm, weil er glaubte, irgend-
etwas sagen zu müssen. »Er hat die Flucht ergriffen!«
»Es ist nicht alles in Ordnung! Er wird eine Zeit lang ausruhen, irgendwo, und dann kehrt er zurück! Ich kenne ihn! Es spielt keine Rol e, wohin wir gehen! Du hast ihn gesehen ! Er wird unseren Spuren folgen und versuchen, Karotte zu töten!«
»Warum?«
»Weil mir Karotte etwas bedeutet!«
Sybil kam die Treppe herunter und hielt Mumms Armbrust.
»Oh, du armes Ding«, sagte sie. »Komm zu mir, bestimmt finden
wir etwas zum Anziehen für dich. Kannst du nicht irgendetwas
tun, Sam?«
Mumm starrte sie an. Sybils Gesicht brachte die felsenfeste Ü-
berzeugung zum Ausdruck, dass er etwas tun konnte.
Das Frühstück lag eine Stunde zurück. Vor zehn Minuten hatte
er diese dämliche Uniform angezogen, in einem Zimmer, das zu
einer ganz bestimmten Realität gehörte. Zu einer Realität mit einer
realen Zukunft. Und jetzt kehrte plötzlich die Finsternis zurück,
durchsetzt mit rotem Zorn.
Und wenn er ihr nachgab, würde er verlieren. Das Tier in ihm
heulte, doch Wolfgang war ein besseres Tier. Mumm begriff, dass
er einfach nicht die notwendige Gemeinheit aufbringen konnte.
Früher oder später würde sich sein Gehirn zu Wort melden und
ihn umbringen.
Vielleicht solltest du damit beginnen, mich zu benutzen, teilte ihm das Gehirn mit.
»Ja…«, sagte er langsam. »Ja, ich glaube, ich kann tatsächlich et-
was tun…«
Feuer und Silber, dachte Mumm. Und Silber fehlt in Überwald.
»Ich mitkommen soll?«, fragte Detritus, der gewisse Signale zu
deuten verstand.
»Nein, ich glaube… ich glaube, ich breche jetzt auf, um jeman-
den zu verhaften. Ich möchte keinen Krieg beginnen. Außerdem
sol test du für den Fal hier bleiben, dass Wolfgang zurückkehrt.
Aber du könntest mir dein Taschenmesser leihen.«
In einer der aufgebrochenen Kisten fand Mumm ein Laken und
riss einen langen Streifen ab. Dann nahm er die Armbrust von
seiner Frau entgegen.
»Er hat jetzt ein Verbrechen in Ankh-Morpork begangen«, sagte
er. »Und dadurch gehört er mir .«
»Sam, wir sind nicht in…«
»Weißt du, man hat mich so oft darauf hingewiesen, wir seien
hier nicht in Ankh-Morpork, dass ich daran geglaubt habe. Aber
diese Botschaft ist Ankh-Morpork. Und ich…« Er hob die Armbrust. »Ich bin jetzt das Gesetz.«
»Sam?«
»Ja, Schatz?«
»Ich kenne diesen Blick. Achte darauf, dass du keine Unschuldi-
gen verletzt.«
»Keine Sorge, Schatz. Ich werde zivilisiert sein.«
Draußen standen mehrere Zwerge bei einem Artgenossen, der in
einer Lache aus Blut im Schnee lag.
»Welche Richtung?«, fragte Mumm. Die Worte mochten sie nicht
verstehen, aber sie verstanden die Frage. Mehrere von ihnen deute-
ten über die Straße.
Mumm ging weiter, hielt die Waffe in der Armbeuge und zünde-
te sich eine Zigarre an.
Dies verstand er. Mit Politik kam er nicht gut zurecht. Dabei schienen sich Gut und Böse nur dadurch zu unterscheiden, aus
welchem Blickwinkel man eine bestimmte Sache betrachtete. So
etwas sagten zumindest die Leute, die auf jener Seite standen, die
Mumm als »böse« ansah.
In der Politik war alles viel zu kompliziert, und wenn es kompli-
ziert wurde, versuchte jemand einen zum Narren zu halten. Doch
auf der Straße, bei einer Verfolgungsjagd, war al es klar. Am Ende
der Jagd würde jemand auf den Beinen bleiben, und man musste
nur dafür Sorge tragen, dass man selbst dieser Jemand war.
An der nächsten Straßenecke lag ein umgestürzter Karren, und
der Fahrer kniete neben einem Pferd mit aufgerissenem Leib.
»Welche Richtung?«
Der Mann streckte die Hand aus.
Die
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