Der Fünfte Elefant
laut, nicht so laut!« Gaspode sah sich erschrocken um.
»Äh, in Überwald gibt’s Wölfe, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ich hätte ein Wolf sein können, weißt du. Mit anderen Eltern.«
Gaspode schniefte und sah sich erneut nach eventuellen Zuhörern
um.
»Steak?«
»Jeden Abend.«
»Einverstanden.«
Feldwebel Colon war ein Bild des Elends, mit miesen Malstiften an
einem feuchten Tag auf unebenes Pflaster gemalt. Er saß auf ei-
nem Stuhl und blickte gelegentlich zu der Nachricht, die er gerade
bekommen hatte. Dabei schien er sich zu wünschen, dass irgend-
etwas die Worte verschwinden ließ.
»Verdammt und zugenäht, Nobby«, stöhnte er.
»Kopf hoch, Fred«, sagte Nobby, derzeit eine Vision in Organdy.
»Ich kann nicht befördert werden! Ich bin kein Offizier! Ich
meine, ich bin ganz gewöhnlich und normal!«
»Das habe ich immer über dich gesagt, Fred. Man kann gar nicht
gewöhnlicher und normaler als du sein.«
»Aber da steht’s geschrieben, Nobby! Und Seine Exzel enz hat
seine Unterschrift darunter gesetzt!«
»Tja, so wie ich die Sache sehe, hast du drei Möglichkeiten«, sag-
te Nobby.
»Ja?«
»Du kannst zum Patrizier gehen und ihm sagen, dass du ab-
lehnst…«
Die Panik in Colons Gesicht wich aschfahlem Entsetzen.
»Herzlichen Dank, Nobby«, erwiderte er bitter. »Gib mir Be-
scheid, wenn du weitere Vorschläge dieser Art hast, weil ich näm-
lich anschließend die Unterwäsche wechseln muss.«
»Oder du akzeptierst die Beförderung und baust einen solchen
Mist, dass dich Seine Exzel enz wieder degradiert…«
»Du machst das absichtlich, Nobby!«
»Es könnte einen Versuch wert sein, Fred.«
»Ja, aber wenn man absichtlich Mist baut, besteht das Problem
darin, al es genau abzuschätzen. Man glaubt viel eicht, nur ein we-
nig Mist zu bauen, doch dann wird plötzlich ein Riesending daraus.
Weißt du, Nobby, unter solchen Umständen fürchte ich, dass mir
Seine Exzel enz nicht nur den neuen Rang nehmen könnte. Ein-
zelheiten brauche ich wohl nicht zu nennen.«
»Guter Hinweis, Fred.«
»Ich meine, wenn man Mist baut, so weiß man vorher nicht, wie
viel Mist sich letztendlich daraus ergibt, und wenn die Sache zu
sehr stinkt, gibt’s mehr Ärger, als einem lieb ist.«
»Nun, Fred, die dritte Möglichkeit ist die, dass du dich mit der Be-förderung abfindest.«
»Das ist keine große Hilfe, Nobby.«
»Es wäre doch nur für einige Wochen, bis Kommandeur Mumm
zurückkehrt.«
»Ja, aber angenommen, er kommt nicht zurück? Überwald sol
ein scheußlicher Ort sein. In ein Geheimnis gehül t und außerdem
rätselhaft. Klingt ziemlich gefährlich, wenn du mich fragst. Und
wenn Mumm irgendeinem geheimnisvollen und rätselhaften Un-
glück zum Opfer fäl t… dann sitze ich hier fest. Ich weiß über-
haupt nicht, wie man ein richtiger Offizier ist.«
» Niemand weiß, wie man ein richtiger Offizier ist, Fred. Darum sind es ja Offiziere. Wenn sie es wüssten, wären sie Feldwebel.«
Colon verzog das Gesicht, als er angestrengt nachdachte. Fast
sein ganzes Leben lang hatte er Uniform getragen, schon früh den
richtigen Platz gefunden und sich sofort der Meinung angeschlos-
sen, dass Offiziere von Natur aus nicht einmal dazu fähig waren,
sich ihre Hose ohne Bedienungsanleitung anzuziehen. Mumm und
Karotte bildeten natürlich eine Ausnahme – in Gedanken verlieh
Colon ihnen den Rang eines Ehrenfeldwebels.
Nobby beobachtete ihn mit einer Mischung aus Sorge, Freund-
lichkeit und räuberischer Absicht.
»Was soll ich nur machen, Nobby?«
»Nun, ›Hauptmann‹«, sagte Nobby und hüstelte kurz, »den größ-
ten Teil ihrer Zeit verbringen Offiziere damit, irgendwelche Dinge
zu unterschreiben…«
Ein nervöser Obergefreiter klopfte an und öffnete die Tür eine
halbe Sekunde später.
»Obergefreiter Schuh betont, dass er wirklich einen Offizier in Keinesorges Fabrik braucht, Feldwebel.«
»Meinst du den Mann, der die Gummidinger herstel t?«, fragte
Colon. »Gut. Ein Offizier. In Ordnung. Wir machen uns gleich auf
den Weg.«
»Und es heißt Hauptmann Colon«, sagte Nobby rasch.
»Äh… äh… ja, und es heißt Hauptmann Colon, herzlichen
Dank«, sagte Colon. Seine Entschlossenheit wuchs und ließ ihn
hinzufügen: »Vergiss das bitte nicht!«
Der Obergefreite starrte ihn groß an und versuchte dann nicht
mehr zu verstehen.
»Außerdem randaliert unten ein Troll und beharrt darauf, mit
dem Verantwortlichen zu reden…«
»Kann sich
Weitere Kostenlose Bücher