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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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blieben ihm Probleme mit derartigen Niederschlägen er-
    spart. In der Stadt gab es immer einen warmen Platz, wenn man
    wusste, wonach es Ausschau zu halten galt. Außerdem blieb der
    Schnee nur ein oder zwei Stunden lang Schnee, bevor er sich in
    braunen Matsch verwandelte und Teil des allgemeinen Schlamms
    in den Straßen wurde.
    Straßen. Gaspode vermisste sie sehr. In Straßen konnte er klug
    sein. Im Schnee hingegen kam er sich dumm vor.
    »Das Feuer ist aus«, sagte er.
    Karotte gab keine Antwort.
    »Ich habe gesagt: Das Feuer ist aus …«
    Gaspode vernahm leises Schnarchen.
    »He, du kannst jetzt nicht schlafen!«, jaulte er. »Nicht ausgerech-
    net jetzt. Wir erfrieren …«
    Die nächste Stimme im Heulen schien nur einige Bäume entfernt
    zu sein. Gaspode glaubte, dunkle Schemen im endlosen Vorhang
    aus Schnee zu erkennen.
    »Wenn wir Glück haben«, murmelte er und leckte Karottes Ge-
    sicht. Für gewöhnlich führte dies dazu, dass die beleckte Person
    Gaspode mit einem Besen in der Hand über die Straße scheuchte.
    Hier war die Reaktion nur weiteres Schnarchen.
    Gaspodes Gedanken rasten.
    Er war ein Hund, und Hunde und Wölfe… Eigentlich handelte
    es sich um die gleiche Spezies. Eine verräterische Stimme flüsterte
    in Gaspode: Viel eicht waren nicht Gaspode und Karotte in
    Schwierigkeiten, sondern nur Karotte. Hal o, Brüder! Lass uns gemeinsam im Mondschein toben! Doch zuerst verspeisen wir diesen Af en!
    Andererseits…
    Er litt an so vielen Hundekrankheiten, dass man neue Namen für
    sie erfinden musste, und er konnte sich einfach nicht vorstellen,
    dass Wölfe sagten: He, er ist einer von uns!
    Außerdem hatte er gebettelt, gekämpft, betrogen und gestohlen,
    aber war nie ein böser Hund gewesen.
    Man musste ein einigermaßen begabter theologischer Disputant
    sein, um eine solche Aussage zu akzeptieren, vor al em dann, wenn
    man an die große Anzahl von Würsten und Steaks dachte, die ein
    nach Toilettenvorlegern riechender grauer Schemen von Metzger-
    platten verschwinden ließ. Aber für Gaspode bestand kein Zweifel
    daran, dass er immer nur unartig gewesen war. Nie hatte er in die Hand gebissen, die ihn fütterte.* Nie hatte er es auf dem Teppich gemacht. Nie hatte er sich vor einer Pflicht gedrückt. Er mochte
    ein Mistkerl sein, aber das entsprach gelegentlich der Natur eines
    Hundes.
    Gaspode jaulte, als sich die dunklen Schemen näherten.
    Augen glühten.
    Er jaulte erneut und knurrte, als ihn der mit Reißzähnen ausges-
    tattete Tod umgab.
    Er beeindruckte niemanden, nicht einmal sich selbst.
    Nervös wedelte er mit dem Schwanz. »Bin nur auf der Durchrei-
    se!«, behauptete er mit erstickt-fröhlicher Stimme. »Will niemanden
    stören!«
    Er hatte den unangenehmen Eindruck, dass sich den Schemen
    jenseits der Schneeflocken weitere Schatten hinzugesellten.
    »Äh, habt ihr schon Urlaub gemacht?«, quiekte Gaspode.
    Auch diese Worte schienen nicht sehr freundlich aufgenommen
    zu werden.
    Nun, das war’s also. Jetzt stand der Berühmte Letzte Kampf be-
    vor. Tapferer Hund Verteidigt Sein Herrchen. Was für ein braver
    Hund. Schade, dass niemand überleben würde, um die Geschichte

    * Denn dadurch fiel es der Hand schwer, einen auch am nächsten Tag zu füttern.
    zu erzählen…
    Er bel te: »Er gehört mir, mir!« Dann fletschte er die Zähne und
    sprang dem nächsten Schemen entgegen.
    Eine riesige Pfote schlug ihn aus der Luft und presste ihn in den
    Schnee. Gaspode streckte al e viere von sich.
    Er sah auf, blickte an weißen Reißzähnen und einer langen
    Schnauze vorbei in Augen, die vertraut erschienen.
    »Er gehört mir «, knurrte der Wolf. Es war Angua.

    Die Kutschen rol ten im Schritttempo über einen Weg; unter dem
    Schnee lauerten viele Schlaglöcher – jedes Einzelne war im Dun-
    keln eine Fal e, die ein Rad brechen lassen konnte.
    Mumm nickte sich selbst zu, als er einige Meilen weiter vorn am
    Pass Lichter neben der Straße sah. Zu beiden Seiten bildeten Erd-
    rutsche Geröl hänge, über die sich der Wald ausgedehnt hatte.
    Er kletterte hinten an der Kutsche herab und verschwand in den
    Schatten.
    Die erste Kutsche hielt vor einem Baumstamm, der quer über
    dem Weg lag. Es gab Bewegung – der Kutscher sprang in den
    Matsch und sprintete über den Pass zurück.
    Gestalten kamen hinter den Bäumen hervor. Eine von ihnen
    blieb an der Tür der ersten Kutsche stehen und streckte die Hand
    nach dem Griff aus.
    Für einen Augenblick hielt die Welt den Atem an. Die

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