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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erkennen, dass die Dunkelheit
    links von ihm nicht etwa aus Felsen bestand, sondern aus der Lee-
    re eines Abgrunds.
    Ganz oben auf dem Pass glühten die Lichter eines Gasthauses
    durchs Schneetreiben. Mumm lenkte die Kutsche auf den Hof.
    »Detritus?«
    »Herr?«
    »Ich gebe uns Rückendeckung. Vergewissert euch, dass wir hier
    sicher sind.«
    »Ja, Herr.«
    Der Troll sprang zu Boden und lud seinen Friedensstifter mit ei-
    nem neuen Pfeilbündel. Mumm bemerkte seine Absicht gerade
    noch rechtzeitig.
    »Klopf einfach nur an, Feldwebel.«
    »Ja, Herr.«
    Der Trol klopfte an und trat ein. Die Geräusche im Innern des
    Gasthauses verstummten abrupt. Gedämpft durch die Tür hörte
    Mumm den Hinweis: »Der Herzog von Ankh-Morpork eintrifft.
    Jemand ein Problem damit hat? Ein Wort genügt.« Untermalt
    wurden diese Worte von dem leisen Summen der gespannten Seh-
    ne des Friedensstifters.
    Mumm half Sybil aus der Kutsche. »Wie fühlst du dich?«, fragte
    er.
    Sie lächelte schief. »Ich schätze, dieses Kleid ist ruiniert«, sagte sie. Ihr Lächeln wuchs ein wenig in die Breite, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
    »Ich wusste, dass du etwas vorhattest, Sam. Du wirst ganz ruhig
    und kühl, wenn sich etwas Schreckliches anbahnt. Ich habe mich
    nicht gefürchtet.«
    »Wirklich nicht?«, erwiderte Mumm erstaunt. »Ich hätte mir fast
    in die Hose gemacht.«
    »Was ist mit Herrn Schaumlöffel passiert? Er suchte etwas in
    seinem Koffer und fluchte…«
    »Ich bin sicher, Inigo Schaumlöffel ist bei bester Gesundheit«,
    sagte Mumm grimmig. »Was man von den anderen Leuten in sei-
    ner Nähe nicht behaupten kann.«
    Im Aufenthaltsraum des Gasthofes war es still. Ein Mann und
    eine Frau – vermutlich Wirt und Wirtin – standen mit dem Rücken
    am Tresen. Mehr als zehn andere Personen hatten an den Wänden
    Aufstel ung bezogen und hielten die Hände hoch. Bier tropfte aus
    einigen umgekippten Krügen.
    »Alles normal und friedlich ist«, meldete Detritus und drehte sich
    um.
    Mumm merkte, dass ihn alle anstarrten. Er sah an sich herab.
    Sein Hemd war zerrissen. Matsch und Blut klebten an der Klei-
    dung. Das Wasser von tauendem Schnee tropfte zu Boden. Und in
    der rechten Hand hielt er noch immer die Armbrust.
    »Ein bisschen Ärger auf der Straße«, sagte er. »Äh, ihr wisst ja,
    wie das ist.«
    Niemand bewegte sich.
    »Bei den Göttern, Detritus, nimm das Ding runter.«
    »Ja, Herr.«
    Der Troll ließ seine riesige Armbrust sinken. Fast zwanzig Per-
    sonen wagten wieder zu atmen.
    Die dürre Wirtin trat vor, nickte Mumm zu, löste behutsam Sy-
    bils Hand aus seiner und deutete zur breiten Holztreppe. Sie be-
    dachte Mumm mit einem Blick, der ihn verwirrte.
    Erst dann wurde ihm klar, dass Lady Sybil zitterte. Tränen
    strömten ihr über die Wangen.
    »Und, äh, meine Frau ist ein wenig mitgenommen«, sagte er hilf-
    los. »Korporal Kleinpo!«, rief er, um seine Verlegenheit zu verber-
    gen.
    Grinsi trat durch die Tür.
    »Begleite Lady Sy…«
    Er unterbrach sich, als es plötzlich laut wurde. Mehrere Zeige-
    finger deuteten in eine bestimmte Richtung. Jemand lachte. Grinsi
    blieb stehen und senkte den Blick.
    »Was ist los?«, fragte Mumm leise.
    »Äh, es geht um mich, Herr«, sagte Grinsi. »Die Zwergenmode
    von Ankh-Morpork hat sich hier nicht durchgesetzt.«
    »Dein Rock?«, fragte Mumm.
    »Ja.«
    Mumm musterte die Leute. Sie wirkten eher verblüfft als verär-
    gert. Zwei Zwerge in einer Ecke schienen al es andere als glücklich
    zu sein.
    »Begleite Lady Sybil«, wiederholte er.
    »Das ist viel eicht keine besonders gute Idee…«, begann Grinsi.
    »Verdammt und zugenäht!«, entfuhr es Mumm, als ihm der Ge-
    duldsfaden riss. Von einem Augenblick zum anderen herrschte
    wieder Stille. Ein wütender, blutbefleckter Irrer mit einer Armbrust hat meistens ein sehr aufmerksames Publikum. Mumm schauderte.
    Was er jetzt brauchte, war ein Bett. Und was er sich vor dem Bett
    wünschte, war ein ordentlicher Drink. Aber er durfte sich keinen
    genehmigen. Das hatte er schon vor langer Zeit gelernt. Für ihn
    war ein Drink bereits einer zu viel.
    »Na schön, erklär’s mir«, sagte er.
    »Al e Zwerge sind Männer, Herr«, entgegnete Grinsi. »Ich mei-
    ne… traditionel . Und hier denken die Leute noch immer so.«
    »Nun, dann bleib vor der Tür stehen oder… oder schließ die
    Augen oder was weiß ich?«
    Mumm hob Lady Sybils Kinn. »Al es in Ordnung, Schatz?«, frag-
    te er.
    »Tut mir Leid, dass ich dich enttäuscht habe,

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