Der Fünfte Elefant
Gestalten
schienen das zu spüren, denn der Mann sprang bereits zur Seite,
als es klickte. Etwas verwandelte die Tür und ihren Rahmen in
einen durch die Nacht rasenden Splitterregen.
Nur ein Narr trat zwischen ein Feuer und einen Trol , der eine
Armbrust mit einer Zugkraft von zweitausend Pfund trug, fand
Mumm. Es war nicht etwa die Höl e losgebrochen – Detritus hatte
nur den Abzug durchgezogen. Wenn man in der Nähe stand,
machte das kaum einen Unterschied.
Eine andere Gestalt griff nach der Tür der zweiten Kutsche, als
Mumm aus der Dunkelheit schoss und die Schulter des Mannes
traf. Dabei erklang ein Geräusch, wie man es häufig in einer Metz-
gerei hören konnte. Einen Sekundenbruchteil später sprang Inigo
durchs Fenster, rollte geschickt, wie man es ganz und gar nicht von
einem Sekretär erwartete, auf dem Boden ab, kam vor einem Räu-
ber auf die Beine und schlug mit der Handkante nach dem Hals
des Mannes.
Mumm sah diesen Trick nicht zum ersten Mal. Normalerweise
ließ er die Betroffenen sehr zornig werden. Gelegentlich sank je-
mand ins Reich der Träume.
Diesmal löste sich der Kopf.
»Keiner rührt sich!«
Sybil wurde aus der Kutsche gestoßen, und hinter ihr trat ein
weiterer Mann nach draußen. Er war mit einer Armbrust bewaff-
net.
»Euer Gnaden Mumm!«, rief er. Ein Echo sprang zwischen den
Hängen zu beiden Seiten der Straße hin und her.
»Ich weiß, dass du hier bist, Euer Gnaden Mumm! Und hier ha-
ben wir deine Frau! Und wir sind in der Überzahl! Zeig dich, Euer
Gnaden Mumm!«
Schneeflocken zischten über den Feuern.
Etwas flüsterte in der Luft, und ein zweites Pochen erklang, als
sich erneut Stahl in einen Muskel bohrte. Eine der maskierten Ges-
talten fiel in den Matsch und hielt sich das Bein.
Inigo stand langsam auf. Der Mann mit der Armbrust schien ihn
nicht zu bemerken.
»Es ist wie Schach Euer Gnaden Mumm! Wir haben den Troll
und den Zwerg entwaffnet! Und ich habe die Dame! Wenn du auf
mich schießt… kannst du dann sicher sein, dass mir nicht genug
Zeit bleibt, von meiner Armbrust Gebrauch zu machen?«
Feuerschein glühte an den krummen Bäumen rechts und links
des Weges.
Einige Sekunden verstrichen.
Dann landete Mumms Armbrust deutlich sichtbar auf dem Bo-
den.
»Ausgezeichnet, Euer Gnaden Mumm! Und jetzt tritt ins Licht!«
Inigo sah jemanden mit erhobenen Händen aus der Dunkelheit
treten.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Sybil?«, fragte Mumm.
»Ich friere ein bisschen, Sam.«
»Du bist nicht verletzt?«
»Nein, Sam.«
»Halt die Hände so, dass ich sie sehen kann, Euer Gnaden
Mumm!«
»Versprichst du mir, dass du Sybil gehen lässt?«, fragte Mumm.
Das Licht einer kleinen Flamme flackerte über Mumms Gesicht,
als er sich eine Zigarre anzündete – ein hel er Fleck in der Finsternis.
»Nun, Euer Gnaden Mumm, warum sol te ich dir das verspre-
chen? Ich bin sicher, dass Ankh-Morpork ein hohes Lösegeld für
euch beide zahlen wird!«
»Ah, dachte ich mir«, erwiderte Mumm. Er schüttelte das
Streichholz, und die Flamme erlosch. Das Zigarrenende glühte in
der Dunkelheit. »Sybil?«
»Ja, Sam?«
»Duck dich.«
Das leise Zischen eines Atemholens fül te eine Sekunde, und
dann warf sich Lady Sybil nach vorn. Gleichzeitig schwang
Mumms Hand in einem Bogen herum, und ein seidenes Geräusch
erklang. Der Kopf des Räubers neigte sich mit einem Ruck nach
hinten.
Inigo sprang, fing die fal ende Armbrust des Mannes auf, erhob
sich und schoss. Eine weitere Gestalt fiel.
Mumm bemerkte Aufregung an einem anderen Ort, als er Sybil
dabei half, in die Kutsche zu klettern. Inigo war verschwunden; ein
Schrei im Wald klang nicht nach ihm.
Und dann… zischte nur noch der Schnee im Feuer.
»Ich… glaube, sie sind weg, Herr«, ließ sich Grinsi vernehmen.
»Und wir verschwinden ebenfalls! Detritus?«
»Herr?«
»Alles in Ordnung?«
»Fühle mich sehr taktvoll, Herr.«
»Ihr beide nehmt die Kutsche dort, und ich nehme diese. Wir
sollten diesen unfreundlichen Ort so schnell wie möglich verlas-
sen.«
»Wo ist Herr Schaumlöffel?«, fragte Sybil.
Erneut schrie jemand im Wald.
»Vergiss ihn!«
»Aber er…«
»Vergiss ihn!«
Es schneite noch stärker, als sie den Weg über den Pass fortsetz-
ten. Im tiefen Schnee kamen die Kutschen nur langsam voran, und
Mumm sah nichts weiter als die dunklen Konturen der Pferde im
Weiß. Dann entstand eine Lücke in der Wolkendecke, was Mumm
sofort bedauerte, denn er konnte
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