Der fünfte Mörder
er fährt nicht mehr gern, wegen seinem schlimmen Bein. Und der Verkehr ist ihm auch zu aufregend. In Bulgarien, da, wo er herkommt, ist nicht so viel Verkehr.«
»Wo genau kommt er denn her?«
»Er stammt aus Breznik. Das ist ungefähr vierzig Kilometer westlich von Sofia in den Bergen.«
»Wie geht Ihr Tag weiter, nachdem Sie Ihren Onkel vor dem Bella Napoli abgesetzt haben?«
»Ich fahre einkaufen. Im GroÃmarkt und bei Metro in Mannheim. Gegen halb elf liefere ich die Sachen in der Küche ab, und dann hab ich eigentlich frei bis zum Abend. Bis das Geschäft im Restaurant richtig losgeht.«
»Und was ist an den Abenden Ihre Aufgabe?«
Jetzt wurde sein Blick unsicher. »Bisschen gucken, dass es keinen Stress gibt. Dass die Gäste sich anständig aufführen. Manchmal muss man wen vor die Tür setzen.«
Ich vermutete, dass es eher darum ging, die Freier der Damen in den oberen Stockwerken im Auge zu behalten, behielt meinen Verdacht jedoch vorläufig für mich.
»Heute waren Sie später dran als üblich. Warum?«
»In der Küche ist eine Lampe kaputt gewesen. Schon länger. Der Koch hat sich ein paar Mal beschwert, aber der Elektriker ist einfach nicht gekommen, obwohl er es immer wieder versprochen hat. Da hat der Onkel mich gefragt, ob ich nicht mal danach gucken will. Hat mich eine halbe Stunde gekostet. Aber dann hat sie wieder gebrannt. Ein loser Draht.«
»Sie kennen sich mit so was aus?«
»Nicht wirklich. Aber das ist easy gewesen.«
»Dieser Wackelkontakt hat Ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet.«
Dobrev vermied es, mir in die Augen zu sehen, und knispelte mit seinen Fingernägeln herum.
»Was ist eigentlich Ihr Beruf?«
»Früher, in Bulgarien, war ich beim Militär. Am Ende als Oberfeldwebel, würde man hier sagen. Aber da unten funktioniert ja nichts, und dann habe ich gedacht, warum probierst du es nicht mal im Westen? Ich hab zum Glück ein bisschen Deutsch gekonnt. Meine Mutter ist Deutschlehrerin und hat es mir beigebracht. Und da hab ich mir gedacht, wieso sollst du da unten versauern oder verhungern â¦Â«
»Wann ist das gewesen?«
»Vor neun Jahren. Ungefähr.«
Seine Antworten kamen mit wenigen Ausnahmen rasch und bereitwillig. Im GroÃen und Ganzen schien er die Wahrheit zu sagen.
»Und hier haben Sie Ihre Frau kennengelernt?«
»Ja.« Jetzt sah er auf. »Die Rosalind. Sie ist eine gute Frau, auch wenn sie es manchmal ein bisschen mit den Nerven hat.«
»Wie haben Sie eigentlich früher Ihren Lebensunterhalt verdient, bevor Ihr Onkel kam?«
»Mal dies, mal das. Alles Mögliche.«
»Und seit Ihr Onkel hier ist, gehört Ihnen das Haus in Neuenheim, das unter Freunden eine Million wert sein dürfte. Woher hatten Sie plötzlich so viel Geld?«
»Das Haus gehört mir nur auf dem Papier. Der Onkel hat Geld mitgebracht. Er ist ziemlich reich gewesen in Bulgarien.«
»Er ist noch nicht so lange in Deutschland wie Sie, nehme ich an.«
»Nein. Ziemlich genau drei Jahre jetzt.«
»Warum hat er seine Heimat denn verlassen, in seinem Alter?«
»Hat ihm nicht mehr gefallen. Wir haben nie groà drüber geredet.«
»Und wie ist er da unten zu seinem Reichtum gekommen?«
»Weià nicht. Er redet nie über Geld. Er hat es und fertig.«
»Aber er bezahlt Sie so gut, dass Sie sich einen Cayenne leisten können.«
Wieder Nicken. »Ich bin auch fleiÃig. Fragen Sie ihn ruhig. Er wird es bestätigen.«
»Wo holen Sie morgens Ihren Onkel ab?«
»Na, in Wieblingen. Er hat da ein kleines Haus. Einen Bungalow. Der Mietvertrag läuft auch auf meinen Namen. Viele Vermieter zicken rum, wenn man keinen deutschen Ausweis vorzeigen kann.«
Die Amsel vor meinem Fenster gönnte sich ein Päuschen.
»Wo steht der Cayenne normalerweise nachts?«
»In der Hans-Thoma-StraÃe in Handschuhsheim. Da wohne ich.«
»Steht er in einer Garage?«
»Irgendwo am StraÃenrand, wo gerade Platz ist. Da gibtâs keine Garagen, in der Ecke.«
»Demnach wäre es kein Problem gewesen, nachts den Sprengsatz an Ihrem Wagen anzubringen?«
»Wohl nicht. Nein.«
»Wie haben Sie die letzten Tage verbracht? Wo waren Sie überall? Wo hat der Cayenne unbeaufsichtigt gestanden? Ist Ihnen vielleicht etwas Verdächtiges aufgefallen?«
Das waren offenbar zu viele Fragen
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