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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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geklärt, weshalb man mir ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen hatte, sobald ich der Frau zu nahe kam. Sie hatte die Seiten gewechselt. Wie hatte der Angeber aus dem Wirtschaftsministerium gesagt, als wäre ich ein drittklassiger Streifenpolizist? Schwerer als ein Menschenleben wiegen viele Menschenleben.
    Sollte Elisaveta Lebedeva mitgeholfen haben, eine weitere Zuspitzung des Nahostkonflikts zu verhindern? Möglicherweise einen dritten Weltkrieg?
    Vielleicht hatte sie sich auch nur auf elegante und ausnahmsweise sogar legale Weise ein paar Milliönchen hinzuverdient und konnte den Verlust des Inhalts dreier Bankschließfächer nun etwas leichter verschmerzen.
    Die nächste Meldung betraf eine außer Kontrolle geratene Ölbohrung im Golf von Mexiko, aus der seit Wochen Unmengen schwarzer Brühe sprudelten. Ich schaltete den Fernseher aus.
    Heute saßen wir nur zu dritt in meinem Büro: Evalina Kraus, Sven Balke und ich. Vangelis hatte noch etwas in ihrem Büro zu erledigen und wollte später zu uns stoßen. Wo Runkel steckte, wusste niemand. Sönnchen versorgte uns mit Kaffee und guter Laune.
    Â»Wie sind Sie beide eigentlich nach Viernheim gekommen?«, fragte ich Balke. »Sie sollten doch zu Hause sein und sich ausruhen.«
    Er lächelte seine Evalina verliebt an. »Weibliche Intuition. Meine Süße hat sich gelangweilt und mal zwischendurch den Polizeifunk eingeschaltet. Wie sie gehört hat, was sich da zusammenbraut, war sie nicht mehr zu halten. Und ich konnte sie ja schlecht alleine in den Krieg ziehen lassen.«
    Ich verkniff mir die Frage, woher und vor allem wozu ein Mensch zu Hause einen Empfänger für unseren neuen, angeblich abhörsicheren Funk hatte.
    Oberkommissarin Krauss schwieg und starrte mit leeren Augen auf ihre leicht zitternden Hände. Später würde ich unter vier Augen mit ihr sprechen müssen und ihr zu einer psychologischen Betreuung raten. Auf einen Menschen zu schießen und ihn auch noch zu treffen, wirft jeden aus dem Gleichgewicht.
    Â»Was ist eigentlich mit Frau Vangelis?«, fragte ich.
    Â»Was soll sein?« Balke sah mich verständnislos an.
    Â»Sie haben sie im Einkaufszentrum daran gehindert, mich zu begleiten. Bei Frau Krauss hatten Sie keine Bedenken.«
    Evalina Krauss erwachte aus ihrer Trance. Die beiden sahen sich an. Dann sahen sie mich an.
    Â»Wissen Sie es denn nicht?«
    Â»Was?«
    Â»Dann sind Sie wohl der Einzige in der ganzen Direktion, der es noch nicht weiß.«
    Â»Was weiß ich nicht?«
    Â»Sie ist im vierten Monat«, sagte Oberkommissarin Krauss.
    Â»Man sieht’s ja schon!«, fügte Balke mit leisem Vorwurf hinzu.
    Offenbar hatte niemand es für nötig gehalten, mich zu informieren. Oder jeder hatte angenommen, ein anderer hätte es schon getan. Sönnchen hatte es mit Sicherheit als eine der Ersten gewusst. Und mir nichts gesagt.
    Manchmal ist man sehr einsam als Chef.
    Vor den offen stehenden Fenstern schien die Abendsonne. Der Verkehr auf dem nahen Römerkreis rauschte. Im Vorzimmer übte Sönnchen beim Tippen leise für die Chorprobe. Irgendwo in der Ferne heulte eine Kreissäge.
    Â»Lassen Sie uns noch mal zur Beute kommen, bevor wir für heute Schluss machen«, sagte ich. »Finden wir die, finden wir vielleicht auch Schivkov.«
    Â»Ich bin überzeugt, der ganze Kram ist längst im Ausland«, meinte Balke. »Er muss Helfer gehabt haben, und die haben die Sore mitgenommen und warten irgendwo auf ihn.«
    Â»Schivkov ist nicht der Typ, der anderen sein Vermögen anvertraut«, warf ich ein.
    Die Tür öffnete sich. Vangelis trat ein, gefolgt von Rolf Runkel, lächelte mütterlich in die Runde. Balke hatte recht: Man sah es schon. Man sah es vermutlich schon seit Wochen, wenn man sich die Mühe machte hinzusehen. Die beiden nahmen sich Stühle. Ich nickte Vangelis verständnisvoll zu und fühlte mich schlecht.
    Â»Versetzen wir uns in Schivkovs Lage«, fuhr ich fort, als wieder Ruhe eingekehrt war. »Aus meiner Sicht hatte er nur zwei Optionen. Er konnte die Beute ins Ausland schaffen mit allen damit verbundenen Risiken. Oder er konnte es irgendwo in der Nähe verstecken, bis Gras über die Sache gewachsen war. Eine dritte Möglichkeit sehe ich eigentlich nicht.«
    Â»Mit der Post schicken?«, schlug Runkel vor. »Als Paket?«
    Â»Wohin?«
    Â»Irgendwohin.«
    Â»Nicht

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