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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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mein Atem sich beruhigt hatte, wagte ich mich noch ein wenig weiter vor und riskierte einen Blick an der Säule vorbei nach links und rechts. In beide Richtungen öffneten sich wieder Gänge. Hinter einem Regal eines Schuhgeschäfts gegenüber duckten sich zwei Verkäuferinnen. Sie starrten mich aus weiten Augen an, versuchten wohl zu erraten, ob ich zu den Guten gehörte oder zu den Bösen.
    Mit den Lippen formte ich lautlos das Wort »Polizei«. Da nickten sie, entspannten sich und deuteten aufgeregt nach links. Ich gab ihnen Zeichen, zu bleiben, wo sie waren und sich klein zu machen.
    Inzwischen war es sehr ruhig geworden um uns herum. Nur ganz von ferne hörte ich noch Stimmen. Immer noch das leise Knattern eines Hubschraubers. Aber da war noch etwas anderes. Etwas Fremdes.
    Von links meinte ich, Atmen zu hören. Ein unterdrücktes Räuspern. Ich ging in die Knie, spähte wieder um die Ecke. Slavko Dobrev stand nur drei Meter von mir entfernt – den Rücken halb zu mir – im Eingang eines Juweliergeschäfts. Seine schwere Automatic hielt er auf den Eingang einer schräg gegenüber liegenden Boutique für Damenmode gerichtet.
    Schivkov war nicht zu sehen, konnte aber nicht weit sein. Vielleicht stand er im Eingang des nächsten oder übernächsten Geschäfts, sodass die beiden Geldorf ins Kreuzfeuer nehmen konnten, der sich vermutlich in der Boutique verschanzt hatte.
    Wieder ein heiserer Befehl, und jetzt war ich überzeugt, er kam von Schivkov. Dobrev zuckte zusammen, grunzte etwas, ging in die Knie und setzte sich vorsichtig in Bewegung. Er kam ungefähr zwei Meter weit. Dann fiel ein Schuss, er klappte zusammen wie ein Taschenmesser, fiel aufs Gesicht. Seine Waffe schlitterte einige Schritte weiter und blieb liegen.
    Â»Wie sieht’s aus?«, flüsterte jemand in meinem Rücken.
    Balke hatte inzwischen, ohne dass ich es bemerkt hatte, die Seite gewechselt und stand nun hinter mir. Evalina Krauss sicherte von der anderen Seite, die Waffe mit beiden Händen im Anschlag, Zeigefinger am Abzug.
    Â»Dobrev hat’s erwischt«, flüsterte ich überflüssigerweise zurück. »Geldorf ist da drüben, nehme ich an. In der Boutique.«
    Â»Und?«
    Â»Warten.«
    Â»Worauf? Dass sie sich gegenseitig abknallen?«
    Â»Darauf, dass wir es irgendwie verhindern können.«
    Â»Warum eigentlich?«, wollte Balke nach einer Denkpause wissen.
    Â»Weil wir dafür bezahlt werden.«
    Wir warteten. Eine Minute. Zwei.
    Dobrev schien nicht mehr zu atmen. Unter ihm breitete sich allmählich eine Blutlache aus. Auch sonst rührte sich nichts mehr. Von draußen hörte ich immer wieder näher kommende Signalhörner, die, kurz bevor sie die Shopping-Mall erreichten, verstummten. Der Parkplatz wimmelte jetzt vermutlich von Menschen. Das Geräusch eines zweiten Hubschraubers schwoll an, ebbte wieder ab.
    Balke tippte mir auf die Schulter, deutete nach links.
    Geldorf. Er war dort gewesen, wo ich Schivkov vermutet hatte, im Eingang des übernächsten Geschäfts auf unserer Seite. Dann war es vielleicht Schivkov, der sich in der Boutique versteckte? Geldorf kam tief gebückt hervorgeschlichen, eine langläufige Pistole hektisch hin und her schwenkend.
    Balke und mich bemerkte er nicht, da wir im Halbdunkel standen und er den Eingang der Boutique nicht aus den Augen ließ.
    Dann ging plötzlich alles so schnell, dass ich erst später begriff, was geschehen war.
    Eine schnelle Bewegung hinter dem Schaufenster der Boutique. Ein Schuss knallte, wieder splitterte Glas, Geldorf wirbelte herum, ließ sich in der Drehung fallen und begann zu schießen.
    Und noch bevor er auf dem granitglänzenden Fußboden aufschlug, eröffnete Evalina Krauss das Feuer.
    Dann war es wieder still. In meinen Ohren hallten die Schüsse nach.
    Wir warteten eine weitere halbe Minute. Schließlich wagte ich mich aus der Deckung, Schritt für Schritt, gesichert von meinen beiden Begleitern. Geldorf atmete noch, erkannte ich, als ich näher kam. Dobrev nicht.
    Endlich hatte ich eine Position erreicht, aus der ich die Boutique überblicken konnte. Dort gab es jedoch nichts zu sehen außer einer großen Anzahl von Kleiderständern, von denen jeder einem gedrungenen Mann wie Schivkov ein vorzügliches Versteck bot.
    Jemand packte mich an der Schulter.
    Ich fuhr herum und hätte um ein Haar abgedrückt.
    Vor mir

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