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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Täter hatten hier wochenlang ein- und ausgehen können, ohne Gefahr zu laufen, beobachtet zu werden. Und sollte doch einmal jemand in den umliegenden Häusern etwas bemerkt haben, so hatte er natürlich angenommen, es handle sich um Handwerker, die mit der Instandsetzung des Hauses begannen.
    Â»Was für eine Art Handwerker ist das gewesen?« Balke klang immer noch verstimmt. »Wie oft sind sie hier gewesen?«
    Â»Auf dem Lieferwägelchen, mit dem sie manchmal vorgefahren sind, stand, es sei eine Firma für Kanalsanierungen. Wie viele es gewesen sind, kann ich den Herren leider nicht sagen.« Mit einer theaterreifen Geste griff Jens-Ludwig Bergholt sich ans ergraute Haupt. »Die Augen. Leider bin ich vor Jahren meiner Brille verlustig gegangen, und eine neue zu kaufen, erlauben meine finanziellen Verhältnisse im Augenblick nicht. Eines aber weiß ich jetzt genau, da mein Erinnerungsvermögen zurückgekehrt ist: Vor sechs oder sieben Wochen sind sie zum ersten Mal hier aufgekreuzt.« Er verstummte und grübelte kurz bei einem Schluck Saft. »Vielleicht waren es doch eher acht Wochen. Ich meine, die Narzissen haben gerade angefangen zu blühen, als das Lieferwägelchen zum ersten Mal hier stand. Da haben sie Werkzeug abgeladen und andere Sachen in den Keller geschleppt. Später hat man sie manchmal rumoren gehört, ohne dass das Lieferwägelchen im Hof gestanden hätte. Gearbeitet haben sie zu unregelmäßigen Zeiten. Oft bis spät abends. Manchmal sogar samstags und sonntags.«
    Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich, dass es sich bei dem »Lieferwägelchen« um einen kleinen Pritschen-Lkw handelte.
    Â»Blau ist er gewesen.« Er klappte seine dritte Semmel auf und inspizierte den Schwarzwälder Schinken. »Marineblau. Mit weißer Aufschrift.«
    Wegen seiner schlechten Augen war Bergholt leider außerstande gewesen, den Namen der Firma zu entziffern.
    Aus dem Keller drangen Stimmen, und Sekunden später stiegen zwei Kollegen von der Spurensicherung die Treppe herauf. Es waren die beiden, die wir unter uns Dick und Doof nannten. Dick war der Ranghöhere der beiden. Er grüßte in die Runde und betrachtete die idyllische Szene einige Sekunden lang ratlos.
    Â»Bisher haben wir noch nichts«, erklärte er dann, an mich gewandt. »Aber irgendwas werden wir da unten finden, keine Sorge. Kein Mensch kann einen Tunnel graben, ohne dass irgendwas zurückbleibt. Wird seine Zeit dauern, bei der Fläche, aber wir werden was finden.«
    Â»Und jetzt?«, fragte Balke, als wir zu meinem Wagen zurückgingen, der vor der Bank mit den Vorderrädern auf dem Gehweg parkte. »Alles wieder auf Anfang?«
    In dieser Sekunde schlug mein Handy Alarm.
    Â»Wo bleiben Sie denn, Herr Gerlach?«, wollte Sönnchen wissen. »Liebekind sucht Sie. In einer Viertelstunde fängt die Pressekonferenz an!«

14
    Balkes Frage ging mir während der eiligen Fahrt zur Staatsanwaltschaft nicht aus dem Kopf: Und jetzt?
    Drei Tage lang waren wir den völlig falschen Spuren hinterhergerannt. Der Cayenne der Bulgaren war offenbar rein zufällig Ziel des Bombenanschlags geworden. Weil er zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle stand. Auch die Russen hatten wohl nichts mit der Geschichte zu tun. Es war nicht deren Stil, Banken auszurauben. Zumindest nicht hier, in Deutschland.
    Zweihundert Meter von meinem Ziel entfernt, am Bismarckplatz, hörte ich es dann doch: Mein braver, alter Peugeot machte tatsächlich merkwürdige Geräusche. Und diese Geräusche wurden sehr schnell lauter. Er lief auch nicht mehr so wie sonst. Ich musste das Gaspedal viel zu weit durchtreten, um an der Ampel noch mithalten zu können. Als das schuhschachtelförmige Gebäude der Staatsanwaltschaft in Sichtweite kam, steigerten sich die Geräusche zu einem alarmierenden Rattern. Zum Glück kam ich rechtzeitig auf die Idee, die Kupplung zu treten und den Wagen ausrollen zu lassen. So schaffte ich es gerade noch in die Haltebucht einer Bushaltestelle und musste nicht auf der Fahrbahn stehen bleiben. Ich zog die Handbremse an und schaltete die Warnblinkanlage ein. Um einen Zettel aufs Armaturenbrett zu legen, fehlte mir die Zeit. Ich würde ja in höchstens einer halben Stunde zurück sein.
    Außer Atem erreichte ich mein Ziel um zwei Minuten vor elf. Ich stürmte die Treppen hinauf, die von anrückenden Medienvertretern bevölkert war,

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