Der fünfte Mörder
Bank nicht ausgeplündert. Obwohl ich das Geld gut brauchen könnte, weià Gott. Meine Firma ist vor Jahren in Konkurs gegangen, weil ein groÃer Kunde seine Rechnungen nicht bezahlt hat. Ich werde noch hundertzweiundsiebzig Jahre brauchen, bis ich wieder über Wasser bin, habe ich ausgerechnet. Aber ich muss Sie enttäuschen. Ich habe die Bank nicht ausgeraubt.«
Vangelis sprang plötzlich auf, trat an eines der Fenster und öffnete es. Sie beugte sich weit hinaus, atmete tief durch und lieà es anschlieÃend offen stehen, wofür ich ihr dankbar war. Während ich meinen inzwischen heftig schwitzenden Gesprächspartner weiter mit Fragen löcherte, auf die ich immer wortkargere Antworten erhielt, schlenderte sie herum und studierte den Inhalt der Regale.
SchlieÃlich sah sie Prembeck fragend an. »Toilette?«
»Die schmale Tür gleich neben dem Eingang«, murmelte er, ohne den Blick vom ausgefransten Teppich zu heben. Sie verschwand und zog die knarrende Wohnzimmertür hinter sich ins Schloss. Ich lieà Prembeck von seiner Vergangenheit erzählen, von seiner Zeit in Zentralafrika und Ostasien, von seiner Firma. Aber das einzige Resultat war, dass mir der Mann von Minute zu Minute unsympathischer wurde. Unter seinen Achseln hatten sich längst dunkle Flecken gebildet. Zudem hatte er Mundgeruch.
SchlieÃlich kam Vangelis zurück, und wir verabschiedeten uns. Prembecks ausgestreckte Hand ignorierte ich.
»Er warâs nicht«, meinte Vangelis, als wir wieder im Wagen saÃen. Ausnahmsweise fuhr ich, obwohl sie nicht mehr ganz so blass war wie vor unserem Besuch. »Aber irgendetwas stimmt nicht mit dem Mann. Und von seinem Küchenbalkon hat man eine wunderbare Aussicht auf das Haus, von wo der Tunnel gegraben wurde.«
»Geht es Ihnen ein wenig besser?«
Sie lächelte. »Ich habe mir in seiner Küche einen Müsliriegel gemopst. Ich hoffe, sie waren nicht abgezählt.«
»Er war vielleicht nicht direkt beteiligt«, überlegte ich, als wir wieder einmal vor einer roten Ampel warteten. »Aber vielleicht hat er die Sache organisiert? Oder die Täter beraten?«
Inzwischen war später Nachmittag. Die Sonne hatte sich im Westen hinter Wolken verzogen. Als wir den Parkplatz der Direktion erreichten, sah Klara Vangelis schon wieder so elend aus, dass ich sie nach Hause schickte.
19
»Chef!« Balke kam hinter mir her die Treppe heraufgestürmt. »Good news and bad news. Erstens: Unsere Wasserleiche hat endlich einen Namen. Und zweitens: Voronin ist weg.«
»Wie, weg?«
»Aus der Klinik verschwunden, vor einer halben Stunde. Dabei konnte er noch nicht mal aus eigener Kraft stehen. Die Stationsschwester, die mich gerade völlig aufgelöst angerufen hat, sagt, zwei kräftige Burschen seien gekommen, hätten Voronin in einen mitgebrachten Rollstuhl gepackt und einfach mitgenommen.«
»Gegen seinen Willen oder mit?«
»Er war bei Bewusstsein, sagt sie, und hat sich nicht gewehrt.«
Was mochte das nun wieder bedeuten?
»Genau so habe ich auch geguckt«, sagte Balke. »Allmählich ist das hier absurdes Theater.«
»Lassen Sie sicherheitshalber seine Villa in Baden-Baden beobachten. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass er dort auftaucht. Wir können ihn nicht zwingen, im Krankenhaus zu bleiben. Er steht ja nicht unter Verdacht. Aber ich würde zu gern wissen, was da vor sich geht.«
»Unsere Wasserleiche heiÃt übrigens Rashid Serdjukov«, sagte Balke, während er eine Notiz in sein Handy tippte. »Als er noch am Leben war, hat er in Gengenbach gewohnt. Das ist in der Nähe von Offenburg. Russe, wie wir ja schon vermutet hatten, Alter achtunddreiÃig, geschieden, keine geregelte Tätigkeit.«
Er versenkte das Handy wieder in die GesäÃtasche seiner Jeans.
»Irgendein Bezug zu Frau Lebedeva?«
»Bisher negativ. Seine Vermieterin hat ihn erkannt, gestern Abend im Fernsehen. Sie sagt, er sei oft unterwegs gewesen. Angeblich war er Vertreter für russischen Wein, aber daran hatte sie schon länger ihre Zweifel. Er sei immer ruhig und nett und höflich gewesen und nicht sehr gesprächig. Und er hat sich gerne mal einen oder zwei hinter die Binde gekippt.«
»Zu Voronin fällt mir nur eine Erklärung ein: Er hat Angst. Angst, dass der, der ihm an den Kragen wollte, es wieder versucht.«
Ein Anruf bestätigte mir, was ich
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