Der fünfte Mörder
anschlieÃend noch fast über den Haufen gefahren hätte.«
Inga Wolff.
»Und weiter?«
»Oben, im zweiten Stock über der Bank, da hat einer am Fenster gehangen und runtergeglotzt. Der müsste Ihnen eigentlich mehr sagen können als ich. Der hat ja quasi einen Logenplatz gehabt.«
Hatte Prembeck nicht behauptet, er habe nichts gesehen, weil er sich im hinteren Teil in seiner Wohnung aufgehalten hatte? Der musste eine Menge über die Bank im Erdgeschoss wissen und auÃerdem über die Gewohnheiten der Bulgaren gegenüber.
Riedels Stirn war kraus vom Nachdenken. Angie hatte sich wieder beruhigt.
»Dann war da noch so ein älterer Typ auf der anderen StraÃenseite. Der hat ganz in der Nähe von der Blonden gestanden. Und das warâs auch schon. Sorry. Tut mir leid.«
»Wo haben Sie Ihr Päckchen eigentlich abgeliefert?«
»Im Bella Napoli, wie fast jeden Tag. Irgendwelche Sachen vom Buon Appetito in der RathausstraÃe. Die lassen sich oft was von dort liefern. Trüffeln, Gewürze, Nobelzeugs für die gehobene Küche. Der Witz dabei ist: Der Chef ist gar kein Italiener, sondern Rumäne.«
»Bulgare«, korrigierte ich und überreichte Ben Riedel eine Visitenkarte. »Und falls Ihnen noch etwas einfällt â¦Â«
Angie mit den üppigen Brüsten zwinkerte mir zum Abschied zu und lächelte verschämt.
18
Ferdinand Prembeck hatte einen kurvigen Lebenslauf hinter sich, erfuhr ich von Klara Vangelis während der Fahrt.
»Ingenieursstudium in Darmstadt, später einige Jahre in der Entwicklungshilfe. Zentralafrika, Ostasien.«
»Was hat er dort gemacht?«
»Wasserpumpen installieren, Kleinkraftwerke, solche Sachen. Als Ingenieur war er hauptsächlich für die Planung zuständig und die Logistik. Er hat sich mit den örtlichen Behörden herumgeschlagen, Genehmigungen und Ersatzteile besorgt und so weiter. Nach einer langwierigen Infektionskrankheit ist er zurück nach Deutschland gekommen.«
»Und hat hier seine Firma gegründet.«
»Da noch nicht.« Vangelis trommelte abwechselnd aufs Lenkrad oder zupfte nervös an ihrem linken Ohrläppchen. Der Verkehr auf der Theodor-Heuss-Brücke war dicht und langsam. »Erst war er noch für einige Jahre bei einer Maschinenbaufabrik in der Nähe von Lahr. Da ging es um Automatisierungstechnik, sagte mir die Dame von der Personalabteilung vorhin am Telefon. Die Firma heiÃt Herrenknecht. In den ersten Jahren war man sehr zufrieden mit ihm. Dann ist anscheinend irgendwas vorgefallen. Was, wollte man mir nicht sagen. Nur, dass man ihm nahegelegt hat zu kündigen.«
»Was stellt diese Firma Herrenknecht her?«
»Das ist der Grund, weshalb wir jetzt auf dem Weg zu ihm sind: Tunnelbohrmaschinen. Sven ist dabei, seine finanziellen Verhältnisse zu durchleuchten.« Vangelis zupfte schon wieder an ihrem Ohrläppchen.
»Vorstrafen?«
»Negativ. Ansonsten: nie verheiratet, keine Kinder.«
Die Ampel wurde grün. Es ging wieder ein Stück voran.
»Was genau hat er eigentlich am Samstag ausgesagt? Mir gegenüber hat er behauptet, er sei zum Zeitpunkt der Explosion im hinteren Teil seiner Wohnung gewesen. Ein Zeuge will ihn aber zur selben Zeit am Fenster gesehen haben.«
Sie griff mit der rechten Hand nach hinten, fand ohne hinzusehen ein Protokoll und reichte es mir.
Ich hatte mich richtig erinnert. Prembeck hatte ausgesagt, er habe den Knall gehört und sei dann sofort zum Fenster gelaufen. Dabei hatte er sich schon am Samstag selbst widersprochen, wurde mir jetzt erst bewusst. Plötzlich hatte ich seinen Satz wieder im Ohr: »Wenn Sie vorhin nicht umgekehrt wären â¦Â« Woher hätte er das wissen sollen, wenn er nicht schon vor dem groÃen Knall am Fenster gestanden hätte? Und was sollte er für einen Grund haben, bei einer solchen Bagatelle zu lügen, wenn er nichts zu verbergen hatte?
Vangelis war blass, fiel mir auf. Hin und wieder verzog sie das Gesicht, als hätte sie Schmerzen. Hoffentlich nicht noch ein Fall für den Zahnarzt.
»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte ich.
»Nur ein wenig müde«, erwiderte sie und straffte sich.
Prembeck erkannte mich sofort wieder. Sein karottenfarbenes Gesicht leuchtete.
»Das ist aber mal eine Ãberraschung!«, rief er leutselig. »Noch dazu in so ausnehmend hübscher Begleitung!« Er musterte Vangelis von oben bis
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