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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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im Grunde längst wusste: Ferdinand Prembeck war am Samstagabend tatsächlich in der Kupferkanne in Gaiberg eingekehrt, hatte Straßburger Wurstsalat gegessen und zwei Viertel Wieslocher Müller-Thurgau getrunken. Und er hatte dabei alles getan, was Menschen tun, damit man sich später an sie erinnert.
    Â»Das ist vielleicht ein unsympathischer Kerl gewesen!«, rief die aufgebrachte Wirtin. »So einen Ausziehblick hat der gehabt, Sie wissen, was ich meine. Dass er unserer Sandy nicht an die Wäsche ist, war grad alles. Und nichts ist dem Herrn recht gewesen, nichts. An allem hat er rumgemeckert. Der Salat zu sauer, die Wurst zu dick geschnitten, der Käse zu wenig, der Wein zu kalt. Dabei wird Weißwein doch wohl gekühlt serviert, oder hat sich das jetzt seit Neuestem geändert? Und wissen Sie, was am Ende das Tollste war? Am Ende hat er unserer Sandy viel zu viel Trinkgeld gegeben.«
    Die nächste Nummer, die ich wählte, war die der Heidelberger Verkehrsbetriebe. Hier dauerte es einige Minuten, bis ich den Fahrer der richtigen Straßenbahn am Apparat hatte. Er erinnerte sich sofort an einen Fahrgast, der beim Aussteigen umgeknickt war und anschließend ein enormes Gezeter veranstaltet hatte.
    Schließlich rief ich auch noch die Dame an, die die Wohnung unter Prembeck bewohnte und mit ihrem Nachbarn in Dauerfehde zu leben schien.
    Â»Den ganzen Sonntag«, keifte sie los, kaum hatte ich seinen Namen genannt, »und den ganzen Montag hat der einen Radau gemacht, kann ich Ihnen sagen!«
    Â»Das heißt, sonst ist er nicht so laut?«
    Â»Er hört dauernd seine komische Musik. Die ist laut genug.«
    Â»Was für eine Art Musik hört er denn?«
    Â»Na ja, so ein schräges Gequieke und Gerumse. Musik kann man das eigentlich nicht nennen. Früher hat er Schlagzeug gespielt, in einer Etagenwohnung, ich bitte Sie! Aber das hat ihm die Hausverwaltung dann verboten, nachdem ich mit dem Anwalt gedroht habe.«

    Meine Töchter hatten es sich mit einer Chipstüte vor dem Fernseher gemütlich gemacht.
    Â»Ist für die Schule«, erklärte Sarah. »Wir müssen einen Aufsatz schreiben über irgendwas, was in den Nachrichten war.«
    Â»Bis wann?«
    Â»Bis morgen.«
    Â»Und das wisst ihr erst seit heute?«
    Â»Ist doch voll easy, Paps.« Sie verdrehte die Augen zur Decke. »Schaffen wir locker.«
    Das war nicht die Antwort, die ich hören wollte. »Seit wann wisst ihr, dass ihr bis morgen einen Aufsatz schreiben sollt?«
    Â»Pst!«, machte Louise mit vorwurfsvollem Blick.
    Die Nachrichten begannen. Ich setzte mich zu ihnen. Die amerikanische Außenministerin verurteilte die unnachgiebige Haltung des Iran beim Thema Urananreicherung. Der iranische Präsident versicherte aufs Neue, sein Land werde das Uran ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzen. Ein französischer Wissenschaftler bezweifelte, dass der Iran in absehbarer Zeit über ausreichende Anreicherungskapazitäten verfügen würde, um Kernwaffen zu bauen. Vor der Küste Neufundlands war ein Öltanker in einen schweren Sturm geraten und havariert. Die Bundeskanzlerin versicherte, die Rente sei auch in Zukunft sicher. Im Norden Indiens drohte nach schweren Überschwemmungen eine Hungersnot. Während der zwanzigminütigen Sendung machten meine Mädchen sich ab und zu Notizen. Als der Wetterbericht begann, schalteten wir die Kiste aus, und sie gingen zusammen ihre Aufzeichnungen durch. Nichts von dem, was sie gesehen oder gehört hatten, befanden sie für würdig, darüber mehrere Seiten zu schreiben.
    Â»Habt ihr Lust, mit mir darüber zu reden?«, fragte ich. »Vielleicht fällt uns zusammen was ein?«
    Â»Das wär cool, wenn du das machen würdest«, sagte Louise erleichtert. »Ich hab das meiste gar nicht geblickt. Oder ätzend langweilig gefunden.«
    Sie wussten nichts über Steuergesetzgebung und automatische Rentenanpassung, was ich bei ihrem Alter eine lässliche Sünde fand. Sie wussten kaum etwas über Afghanistan und die ehemalige Sowjetunion. Am meisten interessierten sie sich für Umweltprobleme und soziale Ungerechtigkeiten, spürte ich bald. Dass infolge der drohenden Ölpest nun zigtausend Tiere um ihr Leben fürchten mussten, fanden sie empörend. Dass Millionen Familien in Indien pro Monat weniger Geld zur Verfügung hatten, als sie selbst als Taschengeld erhielten, wollten

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