Der Fürst der Dunkelheit
zu gehen. Lauren musste lächeln. Das hier war irgendwie nicht der richtige Ort dafür, aber andererseits, was ging es sie an? Im Herzen waren diese Leute auf jeden Fall noch jung.
Als sie von der Bourbon Street abbogen, spürte Lauren plötzlich zum ersten Mal Unruhe in sich aufsteigen.
Diese Straße war nicht mehr so hell erleuchtet.
Sie war auch nicht voller Leute.
Heidis und Deannas Stimmen schienen schwächer zu werden. Sie konnte sie kaum noch hören. Stattdessen musterte sie die Schatten.
Die Schemen schienen sich zu bewegen. Die Häuser und Gebäude, dicht an dicht, nur wenige Meter entfernt, sollten eigentlich still stehen. Stattdessen streckten sich ihre Schatten aus, wurden immer länger, wurden bedrohlich.
Dann war da diese Brise. Auf der Bourbon Street hatte sie nichts davon gemerkt, aber jetzt war sie gespenstisch spürbar.
Sie legte einen Zahn zu.
“Hey!” Heidis Protest durchdrang ihr Gefühl, völlig isoliert zu sein.
“Was ist?”, fragte Lauren.
“Müssen wir wirklich
rennen
?”
“Ich finde, wir sollten uns beeilen”, sagte Lauren.
“Du hast doch gesagt, das hier wäre eine sichere Gegend”, widersprach Heidi.
“Ist es auch. Aber es ist spät.”
“Seht mal. Da vorn”, sagte Deanna.
“Was?”, fragte Lauren, deren Herz schneller schlug.
“Ein berittener Polizist”, sagte Deanna trocken.
“Oh.” Lauren wurde etwas langsamer. Der Polizist salutierte, als sie an ihm vorbeigingen, wünschte ihnen eine gute Nacht und ritt weiter Richtung Bourbon Street. Sobald er weg war, wurde sie wieder schneller. Sie konnte nichts dagegen tun.
“Lauren, ras nicht so”, flehte Deanna. “Meine Beine schaffen das nicht mehr.”
“Nur deshalb, weil sie sich endlich im Bett ausstrecken wollen.”
“Ihr beide seid groß – ich nicht”, erinnerte sie Heidi.
Lauren zwang sich mit zusammengebissenen Zähnen, langsamer zu gehen. Sie fürchtete sich, und sie wusste nicht, wieso und wovor. Außerdem war sie wütend auf sich selbst. Noch nie in ihrem Leben hatte sie in dieser Gegend Angst gehabt.
Das lag alles nur an dieser verdammten Wahrsagerin.
Sie schaffte es, ein langsameres Tempo einzuhalten, aber sie konnte nicht aufhören, die Schatten zu beobachten. Und ganz egal, wie heftig sie sich davon überzeugen wollte, dass es lächerlich sein musste: Sie war ganz sicher, dass die Schatten Dinge anstellten, die Schatten eigentlich nicht tun sollten. Sie wurde einfach das Gefühl nicht los, dass sie von ihnen beobachtet wurde.
Das Bed & Breakfast mit dem hübschen Innenhof und den Cottages war gleich da vorn. Sie musste sich mit Gewalt davon abhalten, loszurennen.
Aber dann waren sie endlich da, und sie seufzte auf und betete gleichzeitig, dass niemand es mitbekommen hatte. Das schmiedeeiserne Tor aus den 1840ern war offen, der Weg führte zu dem alten Herrenhaus und die darumliegenden Häuschen.
Ihres befand sich in der Mitte, direkt am Pool. Lauren schleifte ihre Freundinnen regelrecht darauf zu.
“Also wirklich, Lauren”, begann Heidi zu schimpfen.
“Wir sind doch da, siehst du. Deine dicken kurzen Beine können sich jetzt ausruhen.”
“Dicke kurze Beine!”, beschwerte sich Heidi. “Du bist ja vielleicht eine Sklavin.”
“Aber wir sind da. Bist du nicht erleichtert?”, wollte Lauren wissen.
Deanna gähnte, holte den Schlüssel heraus und öffnete die Tür. “Ja, ja, toll, wir sind da.” Sie drehte sich um und sagte nachdenklich: “Seht mal, wie hübsch der Pool ist.”
“Willst du etwa schwimmen gehen – jetzt?” Lauren konnte es nicht fassen.
“Na ja, ich schwitze – musste schließlich hierher rennen”, sagte Deanna.
“Wir werden viel zu viel Lärm machen”, sagte Lauren schnell.
“Kein Mensch hat gesagt, dass wir nachts nicht baden dürfen”, meinte Heidi.
“Wir haben alle ganz schön was getrunken. Niemand wird uns helfen, wenn wir ertrinken sollten”, teilte Lauren ihnen mit. Sie sehnte sich verzweifelt danach, hineinzugehen und die Tür hinter sich abzuschließen.
“Da hat sie recht, weißt du. Wir haben zu viel getrunken”, sagte Heidi.
“Stimmt”, verkündete Lauren. Sie drückte die Tür ganz auf und machte das Licht an. Sie hatten den Fernseher angelassen. Darüber war sie froh. Erst recht glücklich war sie, als sie merkte, dass eine Sitcom aus den 70ern lief und nicht irgendein schrecklicher Horrorfilm.
“Wer schläft wo?”, fragte Heidi. Im Schlafzimmer hinter der Wohnküche, in der sie jetzt standen, gab es zwei
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