Der Fürst der Dunkelheit
Nach den Gesprächen, die er mithörte, waren die meisten außerdem zu dem Schluss gekommen, dass sie bestimmt drogensüchtig oder eine Prostituierte gewesen war. Alles, um sich einzureden, das, was auch immer mit ihr passiert war, ihnen selbst niemals zustoßen könnte.
Dieselbe Einstellung bekam er auch zu hören, als sich die Tür zu Cottage fünf endlich öffnete und die drei jungen Frauen zum Vorschein kamen. Beim Anblick von Lauren Crow, der Frau mit dem rotbraunen Haar und den außerordentlich grünen Augen, die ihn so lebhaft an Katie erinnerte, fühlte er sich sogar noch unwohler als letzte Nacht. Die dunkelhaarige Frau war auch auffallend, exotisch und geschmeidig. Er beschloss, dass das Deanna sein musste. Die kleine Blonde, die wie eine hübsche Prinzessin wirkte, war dann demnach Heidi.
Letzte Nacht hatte er an sie als Köder gedacht, aber der Artikel in der Zeitung zwang ihn zu noch brutaleren Begriffen. Sie waren Angriffsziele.
Schön waren sie alle, und jung. Genau das richtige Alter. Die reinste Verlockung für den Mörder, der die Leiche des Mädchens kaltblütig in den Mississippi geworfen hatte.
“Armes Ding”, sagte Heidi gerade, als die drei Frauen auf ihren Tisch zugingen.
“Entsetzlich”, stimmte Lauren ihr zu.
“Ja, aber wir lassen uns von so etwas bitte nicht zu sehr mitnehmen”, sagte Deanna. “Ich habe die genaue Zahl vergessen, aber in den Vereinigten Staaten sollen zu jedem beliebigen Zeitpunkt Dutzende Serienmörder frei herumlaufen. Wir würden wahnsinnig werden, wenn wir uns jeden Tag darüber Sorgen machen würden. Stimmt’s?”
“Natürlich. Es ist bloß … es ist bloß eine ziemlich große Überschrift”, sagte Lauren.
Deanna hakte sich bei ihr unter und rückte ihre Sonnenbrille zurecht. “Aber wir sind clever, und wir werden auch nichts Blödes anstellen wie zum Beispiel allein irgendwohin zu gehen. Du hast uns schon damals im College dauernd Sicherheit gepredigt – und wir haben auf dich gehört.”
“Mein Dad ist Polizist gewesen”, bemerkte Lauren. “Ich habe meine Lektionen schon sehr früh gelernt.”
“Stimmt. Und an uns weitergegeben. Keine von uns wandert nachts allein durch die Gegend, und wir achten immer darauf, wer die Leute in unserer Umgebung sind. Wir sind schlaue Großstädter.”
“Weiß ich doch.”
“Genug von diesem deprimierenden Zeug. Zeit, shoppen zu gehen”, sagte Heidi. “Ehrlich, Lauren – meine liebe Sklavin –, ich bin total glücklich. Ich weiß, du machst dir immer Sorgen über all die Gefahren in der Welt, aber wir gehen jetzt einkaufen.”
“Genau, einkaufen”, stimmte Deanna zu.
Mark beobachtete das Geplänkel aus der Entfernung, konzentrierte sich auf die Frauen und versuchte, die anderen Gespräche am Tisch auszublenden. Jetzt fasste er Deanna ins Auge. Sie wirkte erschöpft, als hätte sie viel zu wenig Schlaf bekommen.
Sie hatten ihn bis jetzt nicht entdeckt. Er hatte seine Zeitung vor der Nase, und die Sonnenbrille verbarg seine Augen. Sie schritten langsam über den Innenhof, als wären sie nicht sicher, ob sie sofort aufbrechen sollten oder nicht.
“Kaffee?”, schlug Deanna vor.
“Wir trinken einen auf dem Weg”, sagte Heidi. “Jetzt gehen wir …”
“Einkaufen”, vollendete Lauren trocken.
“Man merkt gleich, dass du dir immer noch Sorgen machst”, seufzte Heidi.
“Das liegt an dieser Frau letzte Nacht. Der Wahrsagerin”, sagte Deanna.
“Wir hätten Lauren niemals dazu bringen sollen, so etwas zu tun, wenn sie es nicht will”, gab Heidi zu.
“Das ist vorbei, und mir geht’s gut. Gehen wir”, sagte Lauren.
Sie ging direkt an ihm vorbei und nahm keine Notiz von ihm, bemerkte Mark erleichtert. Die beiden anderen folgten ihr und hatten ebenfalls keinen Blick für ihn übrig.
Am Tor des Innenhofs blieb Lauren allerdings stehen und sah zurück, als wäre sie verwirrt. Als ob sie den Eindruck hätte, etwas sollte ihr auffallen, aber sie wisse nicht, was es war.
Ihr Blick fiel auf ihn, und sie runzelte die Stirn. Er blickte durch die dunklen Gläser seiner Brille zurück.
Sie zögerte, und er konnte nicht sagen, ob sie ihn wiedererkannte oder nicht. Die Zeitung verbarg den größten Teil seines Gesichts, aber sie wirkte unsicher.
Deanna, mit dem Riemen ihrer Handtasche beschäftigt, stieß mit ihr zusammen. “He! Ich dachte, wir wollten gehen.”
Lauren antwortete nicht. Stattdessen ging sie zurück, und Mark beobachtete, wie sie auf ihn zukam. “Hallo”, sagte sie, ihm
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