Der Fürst der Maler
Kirche gesegnete Verbindung von Macht und Geld. Papst Julius hatte Kardinal Giovanni de’ Medici nach Urbino geschickt, um die Trauung im Dom vorzunehmen.
Wenn Giovanni geahnt hätte, welches Unheil sich aus dieser Verbindung ergeben würde – für Fioretta, für ihn selbst, für Urbino und Rom!
Nach der Hochzeit blieben Taddeo und Fioretta einige Monate in Urbino. Francesco und Taddeo trafen sich täglich zu stundenlangen Besprechungen. Herzog Guido ließ dem Gemahl seiner Nichte eine Suite im Palast einrichten. Für einige Monate wurde der Palazzo Ducale in Urbino der Mittelpunkt von Taddeos Imperium. Giuliano de’ Medici, der die Räume neben Taddeo bewohnte, nahm das stirnrunzelnd zur Kenntnis.
Taddeo schien glücklich zu sein mit seiner Rolle als ›Schwiegersohn‹ des Herzogs von Urbino und des Papstes. Er sprühte vor Witz und guter Laune und warf mit Geld um sich. Er kleidete sich neu ein und bestellte bei Francescos Hofschneider Kleidung nach neuester Urbiner Mode: Jacken, Mäntel, Hosen, Strümpfe, Schuhe, Stiefel. Er bemühte die Handschuhmacher und die Goldschmiede und ließ ein neues Bett für sich und seine Gemahlin anfertigen. Er hatte keine Pläne, nach Florenz zurückzukehren.
Mit seinem Schwager Francesco verstand Taddeo sich prächtig: Die beiden waren wie aus einem Stück Marmor gehauen. Taddeo überschüttete Francesco mit Geschenken. Ganze Wagenladungen mit Pfauenfedern, Brokatstoffen und Juwelen wurden von Florenz nach Urbino gebracht. Das hörte nicht einmal auf, als Herzog Guido während eines Banketts eine anzügliche Bemerkung über den aufwändigen, verschwenderischen Lebensstil des jungen Herzogs und seines zahlungswilligen Schwagers machte, der lächelnd Francescos kostspielige Launen finanzierte.
Ahnte Francesco, dass Taddeo ihn wie einen Esel gekauft hatte? Wusste Taddeo, dass Francesco ihn mit Titeln und Ehrungen so sehr an sich fesselte, dass sein Sturz als Herzog von Urbino Taddeo eines Tages mit ins Verderben reißen würde?
Fioretta war unglücklich. Sie hatte sich in das unvermeidliche Schicksal gefügt und an den Gedanken gewöhnt, erneut mit einem Mann verheiratet zu sein, den sie nicht liebte. Aber sie mochte Taddeo, der sich ihr gegenüber charmant und zuvorkommend zeigte und sie mit kostbaren Geschenken überhäufte, der sich aber im Bett mehr als zurückhaltend verhielt.
Ein paar Tage vor Weihnachten beschwerte sie sich bei mir, dass Taddeo noch nicht ein einziges Mal versucht hatte, die Ehe zu vollziehen: »Wir gehen gemeinsam schlafen, Raffaello! Ich trage kein Nachthemd und lasse das Feuer im Kamin anheizen, damit es warm ist im Schlafzimmer. Ich bin die zärtliche Geliebte, die verführerische Venus, die wilde Amazone. Ich tue alles, was er will. Aber nichts kann ihn erregen! Er zieht sich aus, legt sich ins Bett und ist eingeschlafen. Jedenfalls tut er so.«
»Er tut so?«, echote ich.
»Er liegt wach. Ich weiß es genau. Er liegt wach und starrt an die Decke. Raffaello, was ist los mit ihm? Warum rührt er mich nicht an? Ganz Urbino wartet darauf, dass ich endlich schwanger werde. Es ist eine Schande! Caterinas Elixiere wirkten nicht bei ihm! Als ob er nicht wollte … Kannst du nicht mal mit ihm reden?«
Am nächsten Tag besuchte ich Taddeo in seinem Arbeitszimmer im Palazzo.
Er begrüßte mich gut gelaunt: »Was willst du, Raffaello? Gefällt dir der Hengst? Wir sollten mal zusammen ausreiten, nur du und ich …«
Taddeo hatte mir einen edlen schwarzen Hengst aus der Zucht des Marchese von Mantua geschenkt. Er musste ein Vermögen gekostet haben.
»Ich will nichts von deinem Geld, Taddeo. Ich bin nicht hier, um Geschenke zu erbitten, weder für mich noch für andere. Ich will ein paar Minuten deiner kostbaren Zeit.«
»Ich will kein Porträt, Raffaello! Was soll ich damit? Wenn ich mich selbst ansehen will, kann ich in den Spiegel sehen.«
»Ich will deine Zeit nicht für mich, Taddeo«, sagte ich ungeduldig. »Sondern für Fioretta. Sie war bei mir. Sie hat geweint und mir alles erzählt.«
»Alles?« , fragte er.
»Alles, Taddeo. Auch das, was bisher nicht passiert ist!«
»Ich kann nicht mit ihr schlafen, Raffaello! Ich weiß, wie sehr ich sie damit verletze, aber ich kann einfach nicht! Ich liege wach und denke an …«
»… an Baccio? Er liebt dich noch immer«, warf ich ein.
»… an Francesco!«
Ich glaubte mich verhört zu haben. »An Francesco?«
»Ich habe mich in ihn verliebt, Raffaello! Er ist so bezaubernd, so
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