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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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musst mir nichts erzählen, Gian Francesco. Ich bin nicht dein Vater.« Ich schenkte uns beiden die Becher voll. »Wie viel hast du ihr bezahlt?«
    Er senkte den Blick. »Zwei Scudi.«
    »Kannst du dir nichts Besseres leisten, Gian Francesco?« Aus meiner Geldbörse holte ich einen Golddukaten und legte ihn zwischen uns auf den Tisch. »Wenn du dir schon die Liebe erkaufst, dann achte wenigstens darauf, dass die Mädchen ein wenig Begabung in dieser schönsten aller Künste haben.«
    »Warum nennst du mich Gian Francesco?«, fragte er verunsichert. Er starrte auf die Goldmünze. »Wirst du mich hinauswerfen?«
    »Warum sollte ich? Du bist ein talentierter Maler. Ich wüsste nicht, wie ich meine Aufträge ohne dich erledigen könnte! Und du scheinst ein ebenso talentierter Liebhaber zu sein. Ich möchte dich bitten, mir einen Gefallen zu tun.«
    »Welchen?«
    »Betreibe deine ›anatomischen Studien‹ nicht in der Küche des Palazzo Taddei, sondern nimm deine Modelle mit auf dein Zimmer. Signor Taddei wird nichts dagegen haben.«
    »Im Palazzo Taddei? Gehen wir zurück nach Florenz?«, fragte er.
    »Wir reisen morgen ab.«

    Taddeo, Fioretta und ich ritten mit einer bewaffneten Eskorte des Herzogs von Urbino zurück nach Florenz. Gianni und Gio’ waren vorausgeritten, weil sie die ›Nacht der brennenden Taube‹ in Florenz auf keinen Fall verpassen wollten: Ich hatte auf Wunsch von Piero Soderini eine Colombina gebastelt, die am Ostersonntag fliegen sollte.
    Taddeo und Fioretta schleppten eine ganze Maultierkarawane mit Gepäck mit nach Florenz. Wir wären aber auch ohne die Maultiere nicht schneller vorangekommen, denn Fioretta war im dritten Monat schwanger, und wir mussten oft rasten.
    Wir ritten über San Sepolcro und Arezzo und das Val d’Arno hinab nach Florenz, wo wir am 25. März 1508, am florentinischen Neujahrsfest, ankamen.
    Die Mönche von San Marco hatten drei Briefe für mich. Einer war von Amerigo Vespucci: Er schickte mir die Zeichnung eines Indios mit buntem Schmuck aus Papageienfedern – so nannte er die dunkelhäutigen Bewohner der Neuen Welt. Das zweite Schreiben war von Niccolò Machiavelli, der sich seit Dezember am Hof von Maximilian von Habsburg in Innsbruck aufhielt.
    Der dritte Brief war von Pietro Perugino aus Rom. Er beglückwünschte mich mit zynischen Worten zu meinem ›Triumph von Perugia‹ und berichtete mit vor Stolz schwingender Feder, dass er auf Einladung des Papstes nach Rom gegangen war, um für Julius seine Privatgemächer, die vatikanischen Stanzen, zu freskieren. Pietro beherrschte seine Worte nicht so meisterhaft wie seine Farben, und so las ich zwischen den Zeilen, dass er aus Perugia geflohen war, weil Gian Paolo Baglioni ihn als meinen ehemaligen Maestro bedrohte. Wie sehr musste mein Porträt Baglioni getroffen haben!
    Noch bevor ich meine Reisetruhen ausgepackt hatte, erschien ein Bote der Signoria im Palazzo Taddei und bat mich zum Gonfaloniere.

    Als ich am Marzocco, Donatellos steinernem Löwen, vorbeiging, erinnerte ich mich des ersten Mals, als ich hoffnungsvoll die Treppe zum Portal der Signoria von Florenz hinaufgestiegen und desillusioniert wieder heruntergekommen war. Ich war arbeitslos gewesen, ohne einen Fiorino in der Tasche. Doch dieses Mal war ich auf Wunsch Piero Soderinis hier. Sein Brief hatte mich aus Urbino zurück nach Florenz geholt.
    Durch das Portal trat ich in den Innenhof des Palazzo, dann stieg ich die breite Treppe zum Piano Nobile hinauf. Die Tür zum Ratssaal stand offen, und ich trat ein. Als ich das erste Mal hier gewesen war, war der Saal für die Freskierung vorbereitet worden.
    Langsam ging ich durch den riesigen Saal, meine Schritte hallten von den Wänden zurück. Leonardos Fresko war ein wogendes Meer von ineinander verlaufenden Farben, Michelangelos Vorzeichnung kaum mehr als eine Andeutung von Schatten auf einer frisch verputzten Wand. Längst waren die beiden Gerüste abgebaut und die Kartons der Schlacht von Anghiari und der Schlacht von Cascina in den Papstsaal der Santa Maria Novella gebracht worden, damit die Künstler von ihnen lernen konnten: Perspektive, Haltung, Bewegung. Mut und Selbstdisziplin, begonnene Arbeiten zu vollenden.
    Ich verließ den Saal und stieg die Treppe hinauf in Soderinis Vorzimmer. Sein Sekretär erhob sich bei meinem Eintreten.
    »Buon di« , begrüßte ich ihn. »Piero Soderini wünscht mich zu sehen.«
    »Er erwartet Euch, Signor Santi.« Der Sekretär öffnete die Tür zum Saal der

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