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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Macello dei Corvi zurückzukehren. Wann war er zuletzt dort gewesen?
    »Weißt du auch, welchen Tag wir heute haben?«, fragte ich.
    »Du bist doch nicht mitten in der Nacht den weiten Weg von deinem Palazzo gekommen, um mich zu fragen, welchen Tag …?« Michelangelo hielt inne. Dann sah er mich schuldbewusst an. »Es tut mir Leid, Raffaello! Ich habe es vergessen. Ich habe deine Einladung vergessen. Bitte verzeih mir!«
    » Das kann ich dir nicht verzeihen, Michelangelo.« Ich holte die Schale mit der Taubenpastete, dem gebratenen Fasan und den Pastinaken aus der Satteltasche und stellte sie auf die Werkbank. Als Michelangelo sich mir gegenüber an den Tisch setzte, hielt ich ihm eine Gabel hin, die er zögernd ergriff.
    »Du kannst mir nicht verzeihen?«, fragte er mich leise. Seine Hände zitterten, nicht nur von der Anstrengung des Malens. Er war so erschüttert von meinem Zorn, dass er sogar vergaß, mir zu meiner Ernennung zum Scriptor zu gratulieren. Er war mit seinen Nerven am Ende.
    Ich brach das Brot und reichte ihm die eine Hälfte. Dann schenkte ich ihm einen Becher Wein ein. Ich begann zu essen. Der kalte Fasan schmeckte köstlich.
    »Dein Verhalten ist unentschuldbar, Michelangelo! Unverantwortlich dir selbst gegenüber. Du isst nicht, trinkst nicht, schläfst nicht. Du sprichst mit keinem Menschen. Wenn ich nach dir sehen will, schickst du mich fort«, beschwerte ich mich.
    Michelangelo ergriff meine Hand. »Raffaello, ich bitte dich …«
    »Du hast nicht viele Freunde, Michelangelo«, unterbrach ich ihn, »aber die wenigen verärgerst du auch noch, wenn du so weitermachst! Bastiano spricht kein Wort mehr mit dir, seit du ihm letzte Woche gesagt hast, was du von seinem Talent als Freskomaler hältst. Perino war voller Begeisterung über deine Kartons für die Sixtina, bis du ihm verboten hast, sie für sein Skizzenbuch zu kopieren. Nun ist er gekränkt und wütend. Er nannte dich Polidoro gegenüber einen Eremiten!
    Und warum, zum Teufel, musstest du dich mit Gianni anlegen? Er hat dir nichts getan! Er hätte dir deine Farben nicht nur in Florenz, sondern in der Neuen Welt gekauft. Und wenn du ihn gebeten hättest, wäre er hingesegelt und hätte sie dir selbst geholt. Musst du eigentlich jeden Menschen, der dich mag, dich schätzt, dich verehrt, jeden Menschen, der dich liebt, gegen dich aufbringen? Ist es dir so unerträglich, geliebt zu werden?«
    Er schwieg und starrte in die Dunkelheit jenseits des Fackelscheins.
    »Ich finde dein Verhalten unverzeihlich«, fuhr ich fort, »aber nicht weil deine Abwesenheit mich beleidigt hätte. Ich habe von dir nichts anderes erwartet. Ich finde dein Verhalten unverzeihlich, weil du dich selbst zu Grunde richtest.«
    »Ich werde diese Decke malen«, versprach er mir.
    »Und was ist der Preis für diesen Triumph, für dieses Denkmal deines Daseins? Unermessliche Leiden und Selbstzweifel! Zwei Mal wolltest du aufgeben. Das erste Mal, weil der Gipsverputz nicht hielt und von der Decke fiel, das zweite Mal wegen des Schimmels an den Fresken, den Giuliano da Sangallo beseitigen konnte.«
    »Diese Decke ist verflucht! Ich selbst bin von Gott verstoßen, weil Er mir eine solche Aufgabe auferlegt«, rief er aus. »Du, Raffaello, wirst geliebt von Gott! Deine Schüler verehren dich wie einen Heiligen.«
    »Talent kann ein Fluch sein, Michelangelo. Reichtum auch. Er macht einsam.«
    »Du bist umgeben von Menschen, Raffaello! Wenn du morgens deinen Palazzo verlässt, um zum Vatikan zu gehen, wirst du von einer ganzen Schar junger Künstler begleitet, die dich anbeten, die jedes Wort von dir für das Evangelium halten, die auf eine eigenhändige Skizze von dir hoffen, die unter der Hand teurer gehandelt wird als Sündenablässe, oder die in deiner Impresa mitarbeiten wollen, um ein kleines goldenes Blatt aus deinem Lorbeerkranz für sich selbst zu gewinnen. Und wenn du abends zurückkehrst, erwarten dich die schönen Madonnen, die sich in dein Bett legen, um von dir gemalt zu werden.«
    »Ja, es ist wahr. Ich bin nie allein, und doch war ich nie in meinem Leben einsamer als heute Abend. Sie alle suchen nicht mich, Raffaello di Giovanni Santi aus Urbino, sondern den göttlichen Maler, den begnadeten Architekten. Sie suchen mein Genie, mein Talent, meinen Ruhm, meinen Reichtum, weiß der Himmel!
    Sie suchen nicht mich, sondern das Bild, das sie sich von mir gemalt haben. Das Bild des Wunderkindes, das mit acht Jahren besser malte als sein Vater. Das Bild des

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