Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
meinen Armen und sagte laut: »Eine wirklich gelungene Szene! Wenn du ein Modell für deine Psyche brauchst, sage mir Bescheid. Ich stehe dir zur Verfügung. Stundenlang!«
    Taddeo und Fioretta lachten über uns, während Agostino Chigi näher kam und zu uns trat. Taddeo, der seinen Arm um Fioretta geschlungen hatte, ließ sie los, und sie trat wie selbstverständlich an Agostinos Seite, der den Arm um sie legte und sie küsste, als wäre sie seine Gemahlin.
    Als Taddeo vor acht Monaten von einer Geschäftsreise nach Paris zurückkehrte und feststellte, dass Fioretta sich von Agostino in ihren einsamen Nächten trösten ließ, war er zuerst zornig gewesen. Wie lange hatten Agostino und Taddeo ihren Handelskrieg geführt! Und nun war Agostino der Geliebte seiner Gemahlin Fioretta und der Vater seines Sohnes.
    Doch schließlich hatten Agostino und Taddeo ihre Friedensverhandlungen aufgenommen: Agostino hatte Taddeo einen Sohn und Erben geschenkt und großzügig auf die Anerkennung der Vaterschaft verzichtet – dafür erhielt er von Taddeo das Recht eingeräumt, Fioretta weiterhin als seine Geliebte zu betrachten, die ihn über den Verlust seiner Freundin Imperia hinwegtröstete. Diese ›geschäftliche‹ Absprache der beiden Bankiers des Papstes hatte sich als ebenso ungewöhnlich und Aufsehen erregend wie für alle Seiten zufrieden stellend erwiesen. Das perfekte Geschäft, bei dem es nur Gewinner gab!
    »Es wäre mir eine Ehre, die Contessa Felice als Gast in meiner Villa begrüßen zu können«, lachte Agostino. »Und es wäre mir eine Freude, wenn Raffaello Felice in meiner Loggia verewigt.«
    Wir lachten und scherzten eine Weile, dann ging ich zu Michelangelo hinüber, der mich von der anderen Seite der Stanza aus beobachtet hatte.
    »Wo ist dein Gefolge, Conte?«, neckte ich ihn.
    »Ich habe Sebastiano Luciani gebeten, nicht mitzukommen«, sagte Michelangelo trocken. »Ich wollte dir nicht den Tag verderben.«
    »Ich danke dir, Michelangelo mio. «
    »Die Schlussszene für das Märchen von Amor und Psyche in der Villa Chigi war eben sehr … inspirierend. Wirst du sie so malen?«
    Ich hatte Michelangelo vor wenigen Tagen meine Entwürfe gezeigt, und er war begeistert gewesen. ›Eine Symphonie nackter Körper‹ hatte er die Kartons genannt.
    »Ja«, sagte ich. »Genau so.«
    »Es wird ein herrliches Fresko. Felice liebt dich, und du liebst sie. Ich wünsche euch beiden viel Glück«, murmelte er. Dann wandte er sich ab, um die Stanza zu verlassen.
    Ich hielt ihn am Ärmel zurück. »Willst du schon wieder fliehen, Michelangelo?«
    »Nein, Raffaello. Ich fliehe nicht. Giovanni de’ Medici hat mir die Fassade von San Lorenzo zugesprochen. Ich werde in wenigen Tagen nach Florenz zurückkehren. Für immer! Ich überlasse dir Rom, Felice und alles, was dich glücklich macht.«
    »Es macht mich nicht glücklich, wenn du gehst, Michelangelo. Ich werde dich vermissen. Und unsere Farbschlachten und die Wortgefechte in der Via Leonina.«
    »Du liebst Felice – nicht mich«, flüsterte er resigniert.
    Wie sehr das Märchen von Amor und Psyche ihn verletzt haben musste, trotz seiner Bewunderung für die schönen Gestalten von Amor und Psyche – und seiner eigenen am Tisch der Götter!
    Ich reichte Michelangelo zum Abschied die Hand, und er ergriff sie. Mit Tränen in den Augen verabschiedete er sich von mir, dann wandte er sich um und verließ die Stanza.
    Und mein Leben.
    Ich sah ihm nach und war unendlich traurig. Was sollte ich ohne ihn anfangen?
    Baldassare Castiglione hatte unseren Abschied beobachtet. Er zog mich freundschaftlich am Ärmel und führte mich zu einer Gruppe von Gästen, um mich abzulenken. Monsignor Pietro Bembo, Kardinal Tommaso Inghirami und Kardinal Bernardo da Bibbiena standen im nächsten Raum, der Stanza della Segnatura, und betrachteten das Evangelium, das Credo und das Elysion.
    Paris de Grassis, der vor wenigen Wochen Kardinal geworden war, trat zu uns. Er begrüßte mich auf Italienisch, und er bemühte sich um einen übertrieben florentinischen Akzent: » Buon di, Raffaello!« Paris verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. »Ich lerne Italienisch! Seit König François’ Einmarsch in der Lombardei im Frühling hasst Seine Heiligkeit alle französischen Kardinäle. Er nennt sie Verräter! Trotzdem hat er mich zum Kardinal ernannt. Doch seit meiner Investitur weigert er sich, mit mir Latein zu sprechen. Mein Akzent sei zu französisch. Ich soll doch gefälligst endlich eine

Weitere Kostenlose Bücher