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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Spiegeln fortsetzen, die du so treffend meine ›Selbstbespiegelungen‹ genannt hast.« Bevor ich antworten konnte, fuhr er fort: »Ich bin unglücklich in Rom, Raffaello. Mein monatliches Einkommen ist im Vergleich zu deinem Honorar lächerlich, ja beleidigend gering. Papst Leo sieht in mir seinen Hofnarren«, rief er so laut aus, dass sich einige der Umstehenden zu uns umdrehten.
    Erst vor wenigen Tagen hatte Leonardo Giovanni während eines Abendessens in der päpstlichen Wohnung mit seinem ›Drachen‹ erschreckt, den er im Domus Aurea gefangen hatte. Leonardo hatte der großen Smaragdeidechse Flügel aus Quecksilber angeklebt und Satan, so nannte er das Tier zum Spaß, während des Abendessens aus der Tasche entkommen lassen. Satan hatte den Papst so erschreckt, dass er in eine Ecke des Saales geflohen war. Nur mit viel Mühe und unter großem Gelächter hatten Leonardo und ich den zischenden und fauchenden Satan wieder einfangen können!
    »König François, der sich selbst gerne als König Artus bezeichnet, sieht in mir seinen Magier Merlin«, erklärte Leonardo. »Er will nicht meine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, meine Belagerungsmaschinen, meinen Ornitottero, meine Spiegel, meine Landkarten, meine Skizzen oder meine Gemälde! Nicht einmal die Madonna Lisa oder Johannes der Täufer interessieren ihn. Er will mich: Leonardo da Vinci.«
    Ich fragte mich, ob Leonardo König François mit seinen Späßen verschonen würde. Wahrscheinlich nicht! »Wann wirst du abreisen?«
    »In den nächsten Tagen.« Er ergriff meine Hand und küsste sie. »Danke für die Gefühle, die du mir geschenkt hast, Raffaello. Für die Liebe und die Anerkennung. Glaube mir: Der Abschied fällt mir so schwer wie dir. Aber Eisen rostet, wenn es nicht gebraucht wird. Stehendes Wasser verliert seine Reinheit. Und es gefriert in der Kälte – wie mein Geist, wenn ich noch einen Tag länger in Rom bleibe.«
    Ich lud Leonardo ein, mich am nächsten Tag in der Villa Chigi zu besuchen. Ich wollte ihm dort mein nächstes Werk zeigen, das kurz vor der Vollendung stand. Nur eine einzige Skizze fehlte noch.
    »Ich komme gerne«, versprach er neugierig. »Ich will sehen, wie du das Epos deines Lebens vollendest, Raffaello mio. Denn was gibt es Schöneres, als fertig zu werden mit dem, was man sich vorgenommen hat?«
    Taddeo winkte mir, und ich ging zu ihm hinüber. Er hielt seine hochschwangere Gemahlin Fioretta im Arm und unterhielt sich mit der Contessa Felice.
    Fioretta war in Florenz unglücklich gewesen, seit sie in der Nacht ihr Kind verloren hatte, als ich erfuhr, dass Herzog Guidobaldo da Montefeltro und mein kleiner Luca ermordet worden waren. Seit Taddeo und Fioretta in Rom lebten und sie eine stürmische Affäre hatte, die in ganz Rom Aufsehen erregte, waren die beiden glücklich. Fioretta würde Taddeo endlich den ersehnten Erben schenken. Taddeo freute sich darüber, als wäre er der Vater.
    »Wo ist denn dein unerträglicher Gemahl?«, fragte ich Felice, als ich sie küsste. »Er lässt doch sonst keine Gelegenheit aus, mich mit seiner Anwesenheit zu quälen.«
    »In Florenz«, lächelte Felice charmant. »Er bringt Lorenzino de’ Medicis Zorn zur Weißglut – als sein Condottiere.«
    »Dabei sollte er sich viel Zeit nehmen …«, flüsterte ich, als ich sie erneut auf die Lippen küsste. Wie sehr ich mich nach ihr sehnte! Nach ihren Umarmungen, ihren Küssen …
    »Meine Cousine Fioretta hat mir erzählt, dass du für Agostino Chigi ein Fresko für seine Eingangsloggia entwirfst? Was wirst du malen, Raffaello?«, fragte Felice.
    »Das Märchen von Amor und Psyche «, verriet ich ihr. »Die meisten Skizzen sind schon fertig.«
    »Die meisten?«, fragte sie.
    »Der Schluss des Märchens fehlt noch. Die letzte Szene.«
    »Und wie wird sie aussehen?«, fragte sie neugierig.
    »Ich weiß noch nicht. Ich denke über verschiedene Szenen nach«, lächelte ich. »Ich werde sie morgen skizzieren …«
    »Und welche ziehst du in die engere Wahl?«
    »Willst du das wirklich jetzt schon wissen?«, neckte ich sie.
    »Ja!«, rief sie aus.
    Ich nahm sie in den Arm, presste sie an mich und küsste sie leidenschaftlich. »Ich liebe dich«, flüsterte ich.
    Michelangelos Blick wich ich aus. Er stand allein unterhalb des Freskos der Vertreibung Heliodors aus dem Tempel und beobachtete mich und Felice.
    Sie erwiderte meine Küsse, drängte ihren Körper an meinen. »Und ich liebe dich, Raffaello«, hauchte sie in mein Ohr. Dann entwand sie sich

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