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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Papst ihn hintergehen wollte, dann könnte er das ganz einfach mithilfe eines offiziellen Breve tun und dem Herzog befehlen, nach Rom zu kommen.
    Nach einem endlosen Gespräch mit Giovanni bei ein paar Gläsern Montepulciano in den päpstlichen Privaträumen in der Villa Magliana schrieb ich Francesco einen langen Brief.
    Diese Zeilen haben meinem Freund das Leben gerettet!
    Aber nicht, weil der Herzog sich weiterhin weigerte, nach Rom zu kommen, um sich vor dem Tribunal für den Mord an Alidosi zu verantworten. Sondern weil er nicht in Urbino war, als die Apokalypse hereinbrach …
    Beinahe wäre ich zu meiner eigenen Feier zu spät gekommen. Ich stürmte die Treppen hoch und eilte die Gänge des Vatikans entlang, um meine Gäste nicht warten zu lassen.
    Meine Mitarbeiter erwarteten mich, als ich die Stanza des Heliodor betrat. Sie hatten sich herausgeputzt und trugen ihre besten Brokatjacken und Seidenstrümpfe. Stolz nahmen sie die Lobeshymnen der Gäste entgegen, die entzückt die Fresken an den Wänden der Stanza betrachteten, die an diesem Tag zum ersten Mal offiziell enthüllt wurden.
    Gianni und Giulio führten die Gäste in die Stanza dell’Incendio, in der die vier großen Kartons für die neuen Fresken ausgestellt waren, die ab nächste Woche dort unter ihrer künstlerischen Leitung gemalt werden sollten. Gio’ hingegen erläuterte einigen Interessierten die Entwürfe der antiken Grottesken für die Loggetta.
    Ich nickte meinen Mitarbeitern zu und zwängte mich durch die dichtgedrängten Reihen der Würdenträger.
    Giuliano hatte mit seinem Bruder Antonio da Sangallo die beschwerliche Reise von Florenz nach Rom angetreten. Baccio d’Angelo hatte sich ihnen angeschlossen. Die drei standen mit Andrea Sansovino zusammen, als ich zu ihnen trat, um sie zu umarmen. »Es freut mich, dass ihr gekommen seid.«
    »Herzliche Grüße von Niccolò Machiavelli«, flüsterte Baccio, als er mich umarmte. »Er wäre gerne gekommen, aber er kann nicht.« Baccio warf einen bedeutsamen Blick in Richtung des Papstes am anderen Ende des Raumes.
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Niccolò hat mir geschrieben und sich entschuldigt.«
    »Er hat mir etwas für dich mitgegeben.« Baccio überreichte mir ein in Seide eingeschlagenes Geschenk und einen Brief von Niccolò.
    Ungeduldig öffnete ich die Schleife und schlug die feste Seide zurück, die Niccolòs Geschenk verhüllte. Es war ein in Leder gebundenes Buch: die gedruckte Ausgabe von Il Principe! Ich entfaltete Niccolòs Brief und las:
    »An den Fürsten aller Künstler! Und an den Fürsten unter den Herrschern dieser Welt! Ich schicke dir die erste gedruckte und handsignierte Ausgabe des Principe, weil du vor Jahren das unvollendete Manuskript aus den Flammen gerettet hast. Es ist besser, wenn du das Buch nicht liest, denn es beschreibt die Welt, wie sie ist und nicht, wie sie sein sollte. Ich bitte dich: lies es nicht, lerne nichts daraus, und handele nicht entsprechend.
    Du bist geworden, was du bist, was du immer warst: ein Principe!
    Und ich bin stolz, mich dein Freund nennen zu dürfen.
    Niccolò Machiavelli. San Casciano. Juni 1515.«
    Ich ließ den Brief sinken, als Leonardo und Fra Bartolomeo zu uns traten. Der Frater machte in seinem weißen Dominikanerhabit dem Papst mit seiner strahlend weißen Soutane Konkurrenz. Bartolomeo war vor wenigen Tagen mit der Freskierung der Villa Santi fertig geworden und wohnte noch immer als mein Gast dort.
    »Giuliano und Antonio da Sangallo, Andrea Sansovino, Baccio d’Angelo, Fra Bartolomeo, Leonardo da Vinci und Raffaello Santi«, zählte Leonardo auf. »So haben wir uns vor zehn Jahren in Baccios unaufgeräumter Bottega in Florenz getroffen. Da fehlt nur noch Sandro Botticelli«, grinste er schelmisch. »Sandro ist sicher hier, auch wenn wir ihn nicht sehen können. Diesen Spaß würde er sich nicht entgehen lassen.«
    Während die anderen in ihren Erinnerungen an eine wunderbare Zeit in Florenz schwelgten, zog ich Leonardo zur Seite. »Stimmen die Gerüchte, dass du nach Frankreich gehen willst?«
    »Ja, ich habe die Einladung von König François angenommen. Ich wollte es dir sagen, Raffaello …«
    »Aber warum?«, fragte ich nach.
    »Du regierst Rom, Raffaello. Michelangelo beherrscht Florenz und Tiziano Venedig. Ich gehöre nirgendwohin. Nicht einmal mehr nach Vinci. Ich werde nach Amboise gehen, wo François mir ein Palais geschenkt hat: das Schloss von Cloux. Dort kann ich meine Experimente mit konkaven und konvexen

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