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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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die Antwort unvollendet und dachte an den Lärm, den wir in der kleinen Zelle von San Marco gehört hatten. Es waren Niccolòs Wachen gewesen, die nach mir gesucht hatten! Ich sah noch, wie Leonardo durch die Zelle gehuscht war, um die Kerzen zu löschen und die Leiche hastig mit einem Tuch abzudecken. Ich hörte noch, wie ein Skalpell mit einem lauten Geräusch auf den Steinboden gefallen war. Die wachsamen Schritte vor der Zellentür, das Rasseln von gezogenen Schwertern, die gebrüllten Befehle! Und ich fühlte noch den kalten Schweiß auf meiner Stirn, den angehaltenen Atem in meiner Lunge, die Angst vor der Entdeckung …
    Ich hatte gedacht, dass die Bewaffneten einen aus dem Bargello entflohenen Verbrecher jagten. Dabei hatten sie mich gesucht. Aber was war ich denn anderes als ein Gesetzesbrecher?
    Niccolò Machiavellis Blick bohrte sich wie ein Dolch in mich. Er stellte die nächste Frage nicht. Er ahnte wohl, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
    »Ich nehme jetzt ein heißes Bad, und dann gehe ich schlafen«, verkündete ich müde.
    »Das Bad ist eine sehr gute Idee«, pflichtete Taddeo mir bei. »Das Bett musst du noch ein paar Stunden aufschieben. Du hast Besuch.«
    Verwirrt wandte ich mich an der Tür zu ihm um.
    Welcher meiner Freunde war nach Florenz gekommen, um mich zu besuchen? Francesco? Brachte er mir eine Nachricht von seiner Cousine Felice?
    »Wer ist es?«, fragte ich neugierig.
    »Gian Giordano Orsini. Er will dich sehen.«

    Eine halbe Stunde später räkelte ich mich im heißen Badewasser und dachte nach. Was wollte Orsini in Florenz? Was wollte er von mir? Ahnte er etwas von meiner Liebesnacht mit Felice?
    Ich stieg aus dem Zuber und trocknete mich ab. Auf dem Bett fand ich neue Kleider. Dann machte ich mich auf den Weg in die Schlacht.
    Gian Giordano Orsini erwartete mich in dem Raum, den mir Taddeo als Werkstatt zur Verfügung gestellt hatte. Er thronte auf einem gepolsterten Stuhl mit hoher Lehne in der Mitte des Raumes und stand auf, als ich den Raum betrat. Aber er erhob sich nicht aus Höflichkeit, sondern um sicherzustellen, dass er auf mich herabsehen konnte. Er war mehr als eine Handbreit größer als ich.
    Die Orsini waren eine der ältesten und mächtigsten Familien Italiens. Ihre Festung lag bei Bracciano, ein paar Meilen nordwestlich von Rom – Herzog Guido war dort einige Monate eingekerkert gewesen. Die Orsini kontrollierten zwei der wichtigsten Straßen durch Italien: die Via Cassia, die von Rom über Siena nach Florenz führte, und die Via Aurelia, die von Rom an der Westküste nach Norden führte.
    Der älteste legitime Sohn von Virginio Orsini, dem Familienoberhaupt des Clans, war einer der gefürchteten Condottieri des Borgia-Papstes gewesen. Gian Giordano, den die übrigen Angehörigen des Orsini-Clans verächtlich einen ›gefährlichen Irren‹ nannten, hatte es 1502 abgelehnt, sich an der Verschwörung zur Ermordung von Cesare Borgia zu beteiligen. Ein Jahr später hatte er jedoch sein Schwert an das Königreich Neapel verkauft, was einer Kriegserklärung der Orsini gegen die Borgia gleichkam. Mit einem Wort: Gian Giordano Orsini war unberechenbar.
    Er stand vor mir wie eine Statue seiner selbst. Hoch aufgerichtet, stolz, eine Hand am Degen. Seine Kleidung war wohl mehr als tausend Fiorini wert: der bodenlange Mantel in einem provozierenden Farbton, der mich an das Purpur von Kardinalssoutanen erinnerte, die Hose aus feinster Seide, die weißen Lederstiefel mit Perlen bestickt, von denen ich mir keine einzige leisten konnte.
    »Du bist Raffaello«, sagte er. Das war keine Frage. Eher eine Herausforderung. Oder eine Kriegserklärung.
    Da ich auf nicht gestellte Fragen nicht zu antworten gedachte, verneigte ich mich vor ihm, wie es die höfische Etikette einem Conte gegenüber verlangte. Seinem glühenden Blick hielt ich stand, was ihn zu irritieren schien.
    »Meine Gemahlin, die Contessa Felice della Rovere Orsini, hat mir von dir erzählt. Und wie ihr euch kennen gelernt habt.«
    Mein Schweigen schien ihn zu ärgern. Etwas lauter fuhr er fort: »Ich bin aus Rom gekommen, um dir für Madonna Felices Rettung zu danken. Die Wegelagerer sind bereits gefunden und hingerichtet worden. Sie hängen im Hof des Bargello.«
    »Wie geht es der Contessa?«, fragte ich.
    »Gesellschaftlich wie gesundheitlich hervorragend! Im Palazzo Orsini in Rom erwartet sie ungeduldig meine Rückkehr. Ich musste sie im Hochzeitsbett verlassen, weil ich dringende Angelegenheiten in

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