Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
dafür, dass silberne Gabeln aus Florenz importiert wurden, obwohl sie bei Hof immer noch als Instrumenti Diaboli – als Werkzeuge des Teufels – galten. Marcus Tullius Cicero unterschied zwei Arten des Aufwandes: die Verschwendung und die Freigebigkeit. Und so vergaß ich nicht die Armenspeisung in der Kirche San Domenico. Nichts sollte dem Zufall überlassen werden, vor allem nicht das Staunen der Gäste. Als dann noch die Zofe der Herzogin bei mir anfragte, welches Kleid Elisabetta tragen sollte, um Lucrezia Borgia und Isabella d’Este zu übertreffen, explodierte ich wie eine von Leonardos Belagerungsmaschinen. Gianni hielt vorsichtshalber Sicherheitsabstand. Francesco amüsierte sich über meinen Wutausbruch, als ginge ihn das Ganze nichts an.
    Auch ich tat so, als berührte mich alles nicht. Es war ja schließlich nicht meine Hochzeit. Und auch nicht meine Golddukaten, die ich mit vollen Händen zu den Fenstern des Palazzo Ducale hinauswarf.
    Nur abends, wenn ich in der Casa Santi auf meinem Bett lag und Giannis tiefe Atemzüge neben mir hörte, dachte ich an Eleonora. Und an unsere gemeinsame Zukunft. Eines Tages würde sie die Herzogin von Urbino sein. Und ich ihr Hofmaler. Das war unvermeidlich. Es sei denn, ich verließ Urbino und ging nach Florenz. Oder Rom. Aber selbst dort würde ich an sie denken – an meine Eleonora.
    Und an meine Felice. Meine Felice – so nannte Francesco die Contessa Orsini, als er mir mit einem süffisanten Lächeln erzählte, dass Felice ihre Teilnahme an seiner Hochzeit abgesagt hatte, als sie hörte, dass auch ich in Urbino sei. Nicht so Gian Giordano Orsini.
    »Felice war sehr enttäuscht über deine letzte Nachricht in den Confessiones des Augustinus. Das hat sie mir jedenfalls geschrieben. Aber die Tinte ihres Briefes war verlaufen, und ich glaube, sie hat geweint, als sie die Zeilen niederschrieb. Wahrscheinlich vor Zorn. Sie ist schließlich eine della Rovere«, sagte Francesco. »Sie will dich nie wiedersehen!«
    »Das glaube ich«, seufzte ich.
    »Das würde ich an deiner Stelle nicht tun, Raffaello. Glaube ihr kein Wort! Sie ist schließlich eine della Rovere!«

    Donato Bramante, der über ebenso viele Ecken mit mir verwandt war, wie der Palazzo Ducale Gemächer hatte, kam zwei Tage vor den Feierlichkeiten mit Kardinal Farnese aus Rom. Onkel Donato, wie ich ihn manchmal scherzhaft nannte, bezog das Gästezimmer der Casa Santi, und so verbrachten wir zwei vergnügliche Abende fernab des höfischen Protokolls beim griechischen Halma und dem persischen Shah-Spiel.
    Wir saßen im Innenhof hinter der Küche und beobachteten Gianni, der Agnellotti mit einer Hingabe kochte, als würde er mir die Farben mischen. Wehmütig erinnerte ich mich, dass mein Vater Giovanni mit einem ebenso ekstatischen Gesichtsausdruck wie Gianni auf eben jenem Herdfeuer im Kamin ein neues Rezept für eine Leimgrundierung ausprobiert hatte. Meine Mutter Magia hatte getobt, als der Leim überkochte.
    Nach dem Essen deklamierte Donato einige seiner Sonette, in denen der bissige Humor über die elegante Poesie triumphierte. Nach dem dritten Glas Montepulciano, den Donato aus dem Vatikan herausgeschmuggelt hatte, erzählte er mir von seinen Plänen für den Neubau von San Pietro. Er war vor wenigen Wochen zum Baumeister der größten Kathedrale der Welt ernannt worden.
    »Seine Heiligkeit ist ungeduldig! Julius fragt, wann ich fertig werde, bevor ich überhaupt begonnen habe. Dabei weiß er genau, dass die Grundsteinlegung erst im nächsten Frühjahr ist. Wie soll ich denn im Winter die Fundamente legen? Außerdem will er täglich neue Kostenschätzungen von mir. Er behauptet, dass allein für die Fundamente mehr Baumaterial verbraucht wird als für den Rest der Kirche. Ständig ärgert er mich mit der spitzen Bemerkung, dass er keine unterirdische Kathedrale bauen will.«
    Ich stellte mir die Auseinandersetzung des temperamentvollen Papstes mit dem selbstbeherrschten Bramante vor. Julius hatte Onkel Donato zu seinem künstlerischen Berater in Fragen der Malerei, der Architektur und der Bildhauerei gemacht. Was Donato Bramante nicht davon abhielt, sein manchmal vernichtendes Urteil auch über Sonette und edle Pferde abzugeben. Donatos Meinung war die Meinung des Papstes. Und nicht andersherum.
    Ich schenkte Bramante das Weinglas voll. »Was ist mit Giuliano da Sangallos Plänen für San Pietro?«
    »Julius hat sie im Beisein von Giuliano zerrissen«, erklärte Donato mit einem Gesichtsausdruck, als

Weitere Kostenlose Bücher