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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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skizzierte.
    Baldassare Castiglione, der uns im herzoglichen Schlafzimmer Gesellschaft leistete, hatte Deo gratias nichts von der Arroganz seines Cousins, des Marchese von Mantua. Er hatte in Mailand Latein und Griechisch studiert und seine höfische Ausbildung unter Ludovico il Moro im Castello Sforzesco erhalten. 1499 war er vom Hof des Sforza nach Mantua zurückgekehrt, um in die Dienste des Marchese Francesco Gonzaga zu treten. Castiglione war vor wenigen Wochen aus London zurückgekommen, wo er König Henry VII . im Namen des Herzogs Guido mein Bild des Heiligen Georg mit dem Drachen überreicht hatte.
    Und so war es selbstverständlich, dass Castiglione und der Herzog über die Kriegspläne des Papstes sprachen. Julius wollte so schnell wie möglich Bologna wieder in den Kirchenstaat zurückführen. Er plante, die Familie Bentivoglio, die in Bologna herrschte, anzugreifen und zu stürzen. Auch aus diesem Grund war Castiglione in London gewesen, um die freundschaftlichen Beziehungen zu König Henry noch zu intensivieren. Denn die Bentivoglio wurden von König Louis XII . von Frankreich unterstützt, der schon seit einiger Zeit Interesse an der Lombardei hatte. Die Vermählung von Francesco und Eleonora, die das Bündnis zwischen Urbino und Mantua festigen sollte, war eine Idee von Julius gewesen.
    Während Herzog Guido ruhte, besuchte ich Caterina de’ Medici in ihrem Laboratorium in den Kellergewölben des Palazzo Ducale. Caterina war eine illegitime Tochter von Giuliano de’ Medici, dem Bruder des Magnifico, und dessen Geliebten Simonetta Vespucci und eine Cousine des berühmten Entdeckers Amerigo Vespucci. Die berühmte Alchemistin war eine Schülerin von Giovanni Pico della Mirandola und Leonardo da Vinci, und man erzählte sich, sie habe 1503 in Rom den Lapis Philosophorum, den Stein der Weisen, gefunden. Als ich sie danach fragte, lachte sie: »Nein, Raffaello! Ich habe etwas viel Besseres gefunden.« Was das war, verriet sie mir nicht.
    Während der Zeit der Siesta spielte ich mit Alessandro Farnese, der Francesco und Eleonora getraut hatte, Federball. Der Kardinal war fünfzehn Jahre älter als ich, in bester körperlicher Verfassung und geriet kaum außer Atem, als ich ihn mit gezielten Schlägen durch die Hitze des Cortile jagte. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, während wir nach dem Spiel stundenlang im römischen Wasserbecken des herzoglichen Bades lagen.
    Mit derselben Entschlossenheit, mit der Cato den römischen Senat an die Zerstörung Karthagos erinnerte, beharrte Alessandro Farnese auf der Notwendigkeit einer Kirchenreform zur Abschaffung von Simonie und Sodomie. Welch großartige Worte eines Kardinals, der vier Kinder hatte!
    An jenem philosophisch-vergnügten Nachmittag waren Alessandro Farnese und ich uns einig, dass wir in einer Zeit der Neuordnung der Welt lebten, die unser beider Leben von einem Augenblick zum anderen verändern konnte. Wir dachten an Nikolaus Koperniks heliozentrische Welttheorie und an Leonardo da Vincis fliegenden Ornitottero. Wir dachten an die Entdeckung der Neuen Welt durch Amerigo Vespucci.
    Wie Recht wir doch hatten: Unser Leben würde nicht mehr dasselbe sein! Und wie sehr wir uns doch irrten: Die Welt, in der wir lebten, würde sich niemals ändern! Acht Jahre später wurde ich durch die Inquisition der Ketzerei angeklagt, und er sollte über mich richten.

    Und auch Kardinal Ippolito d’Este, der Bruder des Herzogs von Ferrara, drehte mit beiden Händen schwungvoll das Rad meines Schicksals. Er war der Funke, der das Pulverfass der Spannungen zwischen Ferrara, Mantua und Urbino zur Explosion brachte.
    Am Nachmittag war der Kardinal mit einem kleinen Gefolge in die Berge um Urbino zur Jagd geritten. Sein jüngerer Bruder Giulio d’Este war eine Stunde später aufgebrochen, um wilde Eber zu jagen – und Brüder.
    Giulio d’Este hatte sich noch nicht damit abgefunden, dass sein älterer Bruder, Herzog Alfonso, sich mit Kardinal Ippolito verbündet hatte, um nach dem Tod ihres Vaters die Macht in Ferrara zu übernehmen. Giulio hatte in den vergangenen Monaten mehrmals versucht, seinen Bruder zu stürzen, um selbst Herzog zu werden. Außerdem stritt er mit dem Kardinal um Angela Borgia, die Cousine der Herzogin Lucrezia, die Giulio geschwängert hatte, obwohl sie die Geliebte seines Bruders war. Woraufhin Herzog Alfonso seinen Bruder Giulio aus Ferrara verbannt hatte. Enttäuschung und Verstimmung hatte es schon immer zwischen den Brüdern

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