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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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habe er in einen wurmstichigen Apfel gebissen. »Giuliano da Sangallo war mein Schüler. Er ist zwar einer meiner schärfsten Konkurrenten in unserem Wettkampf, in Rom ganze Stadtviertel niederzureißen und neu zu errichten, aber das hat er nicht verdient!« Mit der Hand fuhr er sich durch die silbergrauen Locken, die ihm bis auf die Schultern reichten.
    »Und was ist mit dem Grabmal, das Michelangelo für Julius bauen sollte? Was ist mit den vierzig Statuen und den Bronzereliefs?«
    »Ach ja, das Grabmal! Ein Berg aus Marmor mit den Dimensionen eines Pharaonengrabes. Da Seine Heiligkeit in seiner Unfehlbarkeit beschlossen hat, unsterblich zu sein, wurde die Ausführung aufgeschoben. Julius braucht das Geld für den Krieg.«
    »Michelangelo ist in den Marmorbrüchen von Carrara. Weiß er von Julius’ Entscheidung?«, fragte ich und trank einen Schluck des köstlichen Montepulciano aus dem Weinkeller des Papstes.
    »Ich vermute: nein! Sonst wäre er ja nicht mehr in Carrara, sondern würde Julius zur Entscheidungsschlacht herausfordern. Die Kriegserklärung ist die einzige Sprache, die Julius Caesar versteht.«
    Ich war froh, in Donato einen Verbündeten zu haben. Denn wie oft sollte ich Papst Julius in den nächsten Jahren herausfordern! Nicht nur in Fragen der Kunst …

    Francescos und Eleonoras Hochzeit hatte die Dimensionen eines Feldzuges.
    Alfonso d’Este und Francesco Gonzaga hatten so viele auffällig gekleidete Papagalli mitgebracht, die wie die bunt gefiederten Vögel jedes Wort ihres Herrn nachplapperten, dass sie nicht alle im Palazzo Ducale untergebracht werden konnten. Vielen der Bediensteten wurden Betten in den Osterias und sogar den Bordellen der Stadt zugewiesen. Baldassare Castiglione und Donato Bramante wohnten für mehrere Nächte in den Gästezimmern der Casa Santi.
    Der Hochzeitstag begann mit dem Einzug der Braut nach Urbino.
    Als Eleonora auf einem herrlichen Pferd das mit Blumen geschmückte Stadttor durchquerte, donnerten die Kanonen der Festung einen Salut, den man – wie Francesco grinsend bemerkte – bis Rom hören konnte. Der Lärm machte die Pferde scheu, und die feierliche Prozession kam in den engen Gassen hinter dem Stadttor ins Stocken.
    Es wurde ein chaotischer, aber großartiger Einzug der jungen Herzogin in ihre Stadt! Eleonora ritt bis zum Pian di Mercato, wandte sich dann nach rechts und ritt die Via Ducale hinauf, an der Kathedrale vorbei bis zum herzoglichen Palast. Die Einwohner von Urbino, die die feierliche Prozession vom Straßenrand und den Fenstern ihrer Häuser aus beobachteten, jubelten ihr zu, als sei sie die Madonna, die vom Himmel zu ihnen herabgestiegen war.
    Auf dem Platz vor dem Palazzo Ducale warteten Herzog Guido, der sich seit seiner Rückkehr aus Rom wegen eines schmerzhaften Gichtanfalles auf seinen Vertrauten Gian Andrea Bravo stützen musste, seine Gemahlin Elisabetta und seine Geliebte Caterina de’ Medici sowie der Marchese Francesco Gonzaga und Isabella d’Este. Daneben erwarteten Herzog Alfonso d’Este und seine schwangere Gemahlin Lucrezia Borgia den Hochzeitszug. An ihrer Seite stand Kardinal Ippolito d’Este, der jüngere Bruder des Herzogs von Ferrara, sowie Niccolò Machiavelli, der Staatssekretär der Republik Florenz, und Gian Giordano Orsini, der Schwiegersohn des Papstes.
    Francesco war vorgetreten, um Eleonora aus dem Sattel zu helfen. Wenn er nicht gerade einen der gefürchteten Wutausbrüche der della Rovere hatte, war er ein gut erzogener junger Mann. Er hob seine verschleierte Braut vom Pferd, als wäre sie leicht wie eine Puppe aus Stoff. Und dann hob er den Schleier, um Eleonora wie einen Ballen florentinischen Seidenstoffs zu betrachten, dessen Qualität er prüfen wollte, bevor er sich zum Kauf entschloss.
    Er starrte sie an, verwundert über ihre Schönheit.
    Und Eleonora sah mich an, überrascht von meiner Anwesenheit an der Seite ihres Bräutigams.
    Francesco drehte sich zu mir um. »Du hattest Recht, Raffaello. Sie ist schön!« Er knuffte mich in die Rippen. »Vielleicht schlafe ich doch heute Nacht mit ihr«, flüsterte er mir zu, während er mit Eleonora an der Hand an mir vorbei zum Portal des Palazzo Ducale schritt.
    Es war ein unvergesslicher Tag, besonders für mich.
    Aber nicht, weil Francescos Schwester Fioretta mir mit einem verführerischen Lächeln versprach, dass der Platz neben ihr im Bett in dieser Nacht für mich reserviert war. Oder weil Clarissa Buffa ihren eifersüchtigen Blick nicht von ihrem

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