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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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getötet?“
    Es blieb lange still, bis Branwyn darauf erwiderte. „So sind die Gerüchte wahr. Unser Goldener, der Großmeister der Vampire hegt eine starke Zuneigung zu seinen Bündnispartnern. Stärker als zu seinem eigenen Volk. Du hast die Seiten gewechselt, Mica. Und du stellst die falschen Fragen.“
    Vergessen stand Grishan an der Tür und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Ein flackernder Strom ging von Branwyn aus. Der Vampir gab sich überlegen, doch innerlich verkrampfte er vor Anspannung. All sein Geschwätz half ihm darüber nicht hinweg.
    „Du bist meiner Frage ausgewichen, Bran.“
    Betont langsam erhob sich Branwyn von der Pritsche. Seine Statur war kleiner als die seines Großmeisters. Gleichwohl lag dieselbe gefährliche Anmut in seinen Bewegungen. Er schlenderte durch die Zelle, machte einen plötzlichen Schwenk und gelangte vor Grishan. In diesem Moment lernte er etwas Neues: Vampire waren schneller als seine Wahrnehmung. Nicht bereit, den Ausgang freizugeben, stemmte er die Füße in den Boden. Der Mörder seines Vaters lächelte ihn an. Ohne zu blinzeln, hielt er dem Eisblick des Vampirs stand. Ebenso abrupt, wie er vor ihn getreten war, wirbelte Branwyn wieder herum und schritt auf Mica zu.
    „Garou ist nicht durch meine Hand gestorben, wenn du das meinst. Er lief seinem Tod in die Arme, sozusagen. Zu meinem Glück und seinem Pech.“
    „Hat dieser Tod auch einen Namen?“
    „Asrai“, antwortete Branwyn.
    In Micas Wange zuckte ein kleiner Muskel. In geringem Abstand zu ihm blieb Branwyn stehen und schlug die Hände auf dem Rücken zusammen.
    „Jedem von uns kann Ähnliches widerfahren. Auch dir, Mica. Zu meinem Vorteil tummeln sich derzeit einige seltene Nachtgeschöpfe in London. Die Asrai wird unsicher, auf wen sie sich konzentrieren soll. So vergreift sie sich an jedem, dem sie einen Raub zutraut.“
    „Ein Raub an einer Asrai. Was erhoffst du dir von diesem wirren Gefasel, Bran?“
    „Sollte ich faseln, so wenigstens nicht über einen Frieden, der ebenso wirr daherkommt. Entgegen unseren Traditionen und den Wünschen unseres Volkes willst du ihn durchsetzen. Du stehst auf verlorenem Posten, Mica.“
    Das Zischen, das diese Antwort begleitete, schien sich wie Schmiere über die Wände zu legen. Ein Gewaltausbruch stand kurz bevor. Grishan spannte die Muskeln an, als Branwyn einen weiteren Schritt auf Mica zumachte.
    „Denkst du, ich habe die Highlands freiwillig verlassen und mein Revier aufgegeben? Die wenigen dort verstreut lebenden Werwölfe und ihre kleinen Rudel waren ein erträgliches Ärgernis. Im Vergleich zu einer Asrai waren sie sogar ein Labsal. Seit vier Jahren verfolgt sie mich. Dieser Stadt und ihren vielfältigen Möglichkeiten verdanke ich es, dass ich ihr bisher einen Schritt voraus war. Garou geriet ihr in die Quere, weil er unbedingt einen Kleinkrieg gegen mich anzetteln musste. An seinem Tod trifft mich keine Schuld.“
    „Bran, die Asrai sind eine Mär“, sagte Mica. Bar jeder Modulation knirschte seine Stimme durch die Steinmauern.
    „Dann hat mich wohl die Freude an Dreck und Irrsinn in dieses Loch geführt“, erwiderte Branwyn. „Du verkennst die Lage, Mica. Die vergangenen Jahre waren die schlimmsten meines Daseins. Ich erduldete sie nur aus einem Grund. Sie sind den Lohn wert, den ich erhalten werde. Willst du nicht wissen, was ich der Asrai genommen habe?“
    „Sollte mich das interessieren?“
    Branwyn ging darüber hinweg. „Seit Anbeginn unserer Existenz hütete sie einen Schatz. Dann kam ich und nahm ihn an mich. Der Spiegel der Sonne ist in meinem Besitz.“
    Das zunehmende Rauschen des Regens verstärkte das eingetretene Schweigen. Es zerrte an Grishans Nerven, kroch in seine Knochen und verhärtete seine Gelenke. Die Vampire schienen zu Eis gefroren. Hinter seiner Stirn wisperten Gedanken. Ein Wesen aus einer Mär sollte Gilian auf dem Gewissen haben? Das konnte nur eine Lüge sein. Branwyns Kichern nahm er als Bestätigung, denn der Laut fügte sich nahtlos zu denen der Insassen dieser Anstalt.
    „So wie es aussieht, hat unser ruhmreicher Goldener die ureigenste Legende seines Volkes vergessen. Besinne dich auf den wagemutigsten aller Engel. Lucifer, so nennen ihn die Sterblichen. Wir kennen seinen wahren Namen. Phosphorus. Der Überbringer des Lichts.“
    Branwyn breitete die Arme weit aus. Dabei glitt etwas aus seinem Spitzenärmel in die Handfläche. Grishan stutzte. Was war das? Es sah aus wie ein schmutziger Halm, den er sich

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