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Der Fürst des Nebels

Der Fürst des Nebels

Titel: Der Fürst des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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gespenstisches Licht gehüllt war. Das Wrack mußte ungefähr fünfzig Meter messen, vielleicht mehr, und es hatte einen tiefen offenen Riß vom Vorschiff bis zum Kielraum. Das Leck am Rumpf wirkte wie eine schwarze Wunde, die durch scharfe Krallen aus Stein unendlich tief gerissen worden war. Über dem Bug, unter einer kupferfarbenen Schicht aus Rost und Algen, war der Name des Schiffes zu lesen: Orpheus .
Die Orpheus schien seinerzeit ein alter Frachter gewesen zu sein und kein Passagierschiff. Der aufgesprungene Stahl des Wracks war mit kleinen Algen überzogen, aber, wie Roland gesagt hatte, kein einziger Fisch schwamm über dem Schiffsrumpf. Die beiden Freunde sahen ihn sich von der Oberfläche aus an, wobei sie alle sechs bis sieben Meter innehielten, um die Überreste des Schiffes genauer zu betrachten. Roland hatte gesagt, daß das Schiff sich nur in etwa zehn Metern Tiefe befand, aber von hier aus gesehen kam Max diese Entfernung unendlich vor. Er fragte sich, wie Roland es fertiggebracht hatte, all diese Gegenstände herauszuholen, die sie in seiner Hütte am Strand gesehen hatten. Als hätte er seine Gedanken gelesen, machte ihm sein Freund ein Zeichen, daß er an der Oberfläche warten solle, und tauchte unter, indem er kräftig mit den Schwimmflossen schlug.
Max beobachtete Roland, der hinunterschwamm, bis er den Rumpf der Orpheus mit seinen Fingerspitzen berührte. Als er dort angelangt war, hielt er sich vorsichtig an den Vorsprüngen des Schiffsrumpfes fest und kroch bis zu der Plattform, die früher die Kommandobrücke gewesen war. Von seiner Position aus konnte Max noch das Steuerrad und andere Instrumente im Inneren erkennen. Roland schwamm bis zur Tür der Brücke und drang in das Schiff ein. Max verspürte eine quälende Unruhe, als er seinen Freund im Inneren des versunkenen Schiffes verschwinden sah. Während Roland durch die Brücke schwamm, wandte er die Augen nicht von dieser Tür ab, und er fragte sich, was er tun könnte, falls seinem Freund etwas zustieße. Doch einen Augenblick später tauchte Roland wieder aus der Brücke auf und stieg schnell zu ihm hoch, wobei er eine Girlande aus Luftblasen hinter sich ließ. Max streckte den Kopf an die Oberfläche und atmete tief ein. Roland kam einen Meter neben ihm zum Vorschein. Er lachte über das ganze Gesicht.
»Überraschung!« rief er.
Max bemerkte, daß er etwas in der Hand hielt.
»Was ist das?« erkundigte sich Max und deutete auf den merkwürdigen metallischen Gegenstand, den Roland von der Brücke hochgeholt hatte.
»Ein Sextant.«
Max machte große Augen. Er hatte keine Ahnung, wovon sein Freund sprach.
»Ein Sextant ist ein Gerät, das man verwendet, um den Standort im Meer zu berechnen«, erklärte Roland mit stockender Stimme, nach der Anstrengung, den Atem fast eine Minute lang anzuhalten. »Ich werde noch einmal hinuntertauchen. Halte das mal.«
Max wollte protestieren, aber Roland tauchte schon wieder nach unten, ohne ihm auch nur die Zeit zu lassen, seinen Mund zu öffnen. Er atmete tief ein und steckte den Kopf wieder unter Wasser, um Rolands Weg hinunter zum Wrack zu verfolgen. Diesmal schwamm er den Rumpf entlang bis zum Heck des Schiffes. Max schlug die Flossen, während er Rolands Bahn verfolgte. Er sah, wie sein Freund sich einem Bullauge näherte und versuchte, ins Innere des Schiffes zu schauen. Max hielt den Atem an, bis seine Lungen brannten. Dann stieß er alle Luft aus, bereit, wieder aufzutauchen und einzuatmen.
Genau in diesem Moment jedoch erblickten seine Augen etwas, das ihn erstarren ließ. Durch das dunkle Wasser wogte eine alte, verfaulte und zerlumpte Fahne, die an einer Stange am Heck der Orpheus befestigt war. Max betrachtete sie genau und erkannte das verblichene Zeichen wieder, das man noch auf ihr sehen konnte: ein Stern mit sieben Enden in einem Kreis. Max spürte, wie ein Schauder über seinen Körper lief. Er hatte diesen Stern schon einmal gesehen, im Eisengitter des Tors zum Skulpturengarten.
Rolands Sextant entglitt seinen Fingern und versank in der Dunkelheit. Von einer unbeschreiblichen Angst gepackt, schwamm Max hastig zum Meeresufer zurück.
Eine halbe Stunde später saßen Roland und Max im Schatten des Vordachs der Hütte und sahen Alicia zu, die Muscheln zwischen den Steinen am Meeresufer sammelte.
»Bist du sicher, daß du dieses Zeichen schon einmal gesehen hast. Max?«
Max nickte.
»Manchmal sehen die Dinge unter Wasser so aus wie etwas, das sie nicht sind«, begann Roland zu

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